HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
damit in Berührung gekommen war. Sie war liebenswert und treu. Man konnte zwar fast sagen, sie sei blind vor Treue, aber das verstand Deegan nur als ein weiteres Zeichen für ihre große Lauterkeit. Außerdem war sie eine leidenschaftliche Frau. Er hatte es bereits früh geahnt, doch gerade am eigenen Leib erfahren dürfen.
Lilly hatte ihm nicht geglaubt, dass es ihn die größte Mühe kostete, ihr entzückend unmoralisches Angebot nicht anzunehmen. Doch obgleich er sich darum bemühte, so ehrenhaft wie möglich zu sein, vermochte er es nicht, sie jetzt von sich zu weisen. Stattdessen quälte die Nähe ihres reizvollen Körpers ihn auf süßeste Weise. Seine Gedanken waren überall, nur nicht bei Belle Tauber. Vielleicht hatte er den Mord an ihr nur als Ausrede vor sich selbst benutzt, um so lange wie möglich bei Lilly verweilen zu können.
Deegan zog sie noch enger zu sich. Eine Welle größter Zärtlichkeit durchflutete ihn, als sie sich entspannte und den Kopf an seine Schulter legte. Er küsste sie sanft auf die Stirn und ließ seine Lippen dort verweilen, während er den zarten Duft ihres Haars und ihrer Haut einatmete.
„Lilly.“
„Ja?“
„Ich muss etwas über Belle wissen“, sagte er.
„Ich habe sie kaum gekannt, wie du weißt“, entgegnete sie. „Sie hat stets eine gewisse Distanz zu mir gewahrt. Aber wenn du willst, kann ich dir eine Fotografie von ihr holen.“
Als sie sich aufrichtete, um aufzustehen, legte Deegan wieder sanft ihren Kopf an seine Schulter. „Ich weiß bereits, wie sie aussah. Ich habe das Porträt, das du von ihr gemacht hast.“
Er spürte ihre plötzliche Unruhe. „Ich habe es auf der Straße gefunden, Lilly.“
Sie setzte sich auf und blickte ihn ungläubig an.
„Du hast mir gesagt, wo ich danach suchen sollte. Sie ließ es fallen, als Severn sie überraschte.“
„Severn?“
„So heißt ihr Mörder, meine Liebe. Karl Severn.“
Als ob die Erwähnung dieses Namens plötzlich eine unsichtbare Barriere zwischen ihnen aufgebaut hätte, löste Lilly sich aus Deegans Armen. Sie stand auf und ging durch die Küche. Dann drehte sie sich zu ihm um. „Weißt du das ganz sicher?“
„Er war ihr Zuhälter, Lilly. Und er hat sie kaltblütig ermordet. Warum wohl? Was glaubst du?“
Diese Frage schien sie noch mehr zu erstaunen. „Ich weiß es nicht“, erwiderte sie und verschränkte nervös die Hände. „Wieso nimmst du an, dass ich es wissen könnte?“
Er hatte also richtig vermutet. Sie hielt etwas vor ihm geheim.
„Du hast dem Sergeant doch davon erzählt, oder?“, bohrte er nach. „Hat es etwas bewirkt? Wurdest du danach ernster genommen?“
Lilly ging unruhig in der Küche auf und ab. Die Nähe, die sie vorhin noch miteinander geteilt hatten, war nun verschwunden. Lilly hatte das Bedürfnis, sich von ihm zu distanzieren.
„Nein“, flüsterte sie. „Er hat mir nicht geglaubt. Es war ihm völlig gleichgültig.“
Deegan streckte die Beine aus und schob die Hände in die Hosentaschen. Am liebsten hätte er sich jetzt eine Zigarette angesteckt und ein Glas Whiskey getrunken.
Warum konnte er nicht die Worte zurücknehmen, die ihre Vertrautheit so empfindlich gestört hatten? Er wollte sich wieder so glücklich und zufrieden fühlen wie noch vor wenigen Minuten in Lillys Armen.
Doch er war auch gekommen, um Antworten auf seine Fragen zu erhalten. Nun war es an der Zeit, sie dazu zu drängen.
„Mir bist du nicht gleichgültig, Lilly“, sagte er sanft. „Ich werde dir glauben.“
Er war sich nicht sicher, ob sie ihm erzählen würde, was er wissen musste. Sie sah so hin und her gerissen aus. Wenn er es ihr doch nur einfacher machen könnte!
Lilly atmete tief durch. Sie stützte sich auf der Stuhllehne ihm gegenüber auf und sah ihn an. „Belle wollte jemanden erpressen“, erklärte sie.
Anstatt sich erleichtert zu fühlen, spannte sich Deegan innerlich noch mehr an. Ein eisiger Schauer lief ihm über den Rücken. „Wen?“
„Ich weiß es nicht. Sie hat mir seinen Namen nicht genannt, sondern mir nur erzählt, dass er ihr bestimmt das Geld geben würde. Es sollte genug für sie sein, die Stadt verlassen und irgendwo anders ein neues Leben beginnen zu können.“
Als Deegan nicht sofort antwortete, ließ Lilly sich so plötzlich auf einen Stuhl sinken, dass er einen Moment lang befürchtete, sie wäre in Ohnmacht gefallen. „Du glaubst mir nicht“, sagte sie.
„Oh doch. Ich glaube dir durchaus, dass Belle nicht verraten hat, um wen es
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