HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
umbringt?“
„Ich habe gesehen, wie er Belle Tauber ermordet hat“, entgegnete sie.
„Das war eine gewöhnliche Prostituierte, Lillith. Eine Frau ohne jede Bedeutung.“
„Sie war ein Mensch, Edmund. Sie besaß eine Seele“, widersprach Lilly.
„Und der Teufel wartete bereits darauf, sie in Empfang zu nehmen. Aber du willst nur ablenken, meine liebe Schwester. Hoffst du etwa, dass dein Held dir wieder zu Hilfe eilt? Bestimmt hat Karl sich bereits um ihn gekümmert.“ Er stieß sie um eine Ecke und dann in Richtung Haustür. Es war der Vordereingang, der vermutlich auf eine größere Straße führte.
Angst um Deegan ließ Lillys Herz schneller schlagen. Ihr Bruder durfte nicht sehen, wie sehr nun Furcht sie beschlich. „Ich weiß nicht, von wem du sprichst“, behauptete sie. „Ich wurde von ein paar Agenten der ‚Pinkerton Agency‘ angesprochen und …“
Edmund lachte. Es war ein unangenehmes Lachen und klang ganz anders als das freudlose Bellen, das sie von ihm kannte. „Galloway, Lilly. Oder ist es O’Rourke? Ich fand es recht amüsant, ihn gemeinsam mit Severn zu sehen. Natürlich sorgte ich dafür, dass er mich nicht erblickte. Ich schrieb einfach eine kurze Notiz, um Karl mitzuteilen, dass er in seiner Mitte einen Verräter hat.“ Er öffnete die Haustür. „Nach dir, meine Liebe“, bat er sie mit sarkastischer Höflichkeit.
Lilly stolperte in einen kleinen Hof. Außer einer Gasse, die davon abging, gab es keinerlei Zugang. Nur schwaches Licht fiel zwischen den Häusern herein. Karl Severn stand ihnen gegenüber. Auf jeder Seite hatte er einen bewaffneten Mann postiert, und Deegan lag vor ihm auf dem Boden. Lilly beobachtete, wie er sich mühsam aufrichtete, bis er sich schließlich auf allen vieren befand. Er hatte seinen Hut verloren, und Blut lief ihm aus seinem rechten Mundwinkel. Als einer von Severns Handlangern vortrat, um ihm einen weiteren Schlag zu versetzen, hielt Severn ihn davon ab.
„Lass es“, sagte er. „Wenn wir ihn zu sehr zurichten, wird unser Plan nicht mehr aufgehen.“
Edmund trat hinter Lilly in den Hof. „Und um welchen Plan handelt es sich hier, Karl?“
Severn lächelte. „Mich von dir zu befreien, Renfrew.“
Lilly spürte, wie ihr Bruder erstarrte. Sie drehte sich zu ihm um und sah das kalte Lächeln auf seinem Gesicht. „Wie einfallsreich“, erwiderte er.
„Du wolltest deine Schwester gar nicht beseitigen, nicht wahr?“, fragte Karl.
„Doch, das wollte ich schon“, erwiderte Edmund langsam, als ob er darüber nachdenken müsste.
Lilly schaute ihn fassungslos an. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Deegan allmählich seine Stellung veränderte. Vorsichtig zog er einen Fuß an, um sich auf einen Sprung vorzubereiten. Er blickte sie kurz an, wie um ihr eine Nachricht zu übermitteln. Wahrscheinlich wollte er ihr die Möglichkeit zur Flucht geben, indem er die Aufmerksamkeit der Männer auf sich lenkte. Deegan wollte sich opfern, um ihr das Leben zu schenken. Ihr Bruder stand zwischen ihr und der Tür zu dem Gebäude, aus dem sie gerade gekommen waren. Das war der einzige Fluchtweg. Er würde sie zu Magnus Finley und seinen Kollegen führen, die vermutlich noch immer warteten. Oder stellten sie bereits Nachforschungen an, warum sie nicht auf das Signal geantwortet hatte? Hatten sie bereits Pierce Abbot gefunden?
Wir brauchen Zeit, dachte sie. Zeit. Und dann würde bestimmt Rettung kommen.
„Du wolltest mich also tatsächlich umbringen“, sagte Lilly und versuchte, ihren Tonfall dabei so ungläubig wie möglich klingen zu lassen.
Edmund winkte ab. „Nein, ich wollte dich einfach in ein Irrenhaus auf dem Land einliefern lassen“, erwiderte er. „Du wärst bereits dort, wenn sich dein Galan gestern nicht eingemischt hätte.“ Er drehte sich zu Severn um. „Wie hast du deinen Plan geändert, Karl? Ich hoffe, es lohnt sich, davon in der Zeitung zu schreiben.“
„Dafür gäbe es doch nichts Besseres als den Tod von Minos?“, schlug Severn vor. „Getötet, während er versuchte, seine arglose Schwester vor einem Ganoven wie O’Rourke zu retten. Wäre das keine Schlagzeile?“ Er zog eine Pistole, die er sich in den Gürtel gesteckt hatte. Lilly erkannte sie als Deegans Waffe. „Habe ich schon gesagt, dass ihr alle drei daran glauben müsst?“ Er richtete den Lauf auf Lilly und entsicherte. „Tritt beiseite, Edmund.“
Lilly gefror das Blut in den Adern. Die Pinkertons würden nicht mehr rechtzeitig eintreffen.
Der Schuss ging im
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