HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
selben Moment los, als Deegan sich auf Severn stürzte. Etwas traf Lilly und ließ sie gegen die rußbeschmutzte Hausmauer prallen. Der Schmerz löste ein heftiges Schwindelgefühl in ihr aus, und sie spürte, dass sie gleich in Ohnmacht fallen würde. Während es um sie her dunkel wurde, hörte sie noch, wie Finley und seine Männer in den Hof stürzten.
20. KAPITEL
Deegan warf sich mit seinem vollen Gewicht auf Severn, sodass er zu Boden stürzte. Doch noch ehe er einen einzigen Schlag ausführen konnte, hatten ihn bereits die beiden Handlanger hochgerissen und versetzten ihm einen Kinnhaken. Seine Beine gaben nach, und er sackte hilflos auf die Knie.
Der Schmerz war kaum zu ertragen. Wenn es jedoch Lilly geholfen hatte, zu entkommen, hatte es sich gelohnt. Um sicherzustellen, dass sie wirklich fort war, quälte er sich mühsam einen Blick auf die Stelle ab, wo sie kurz zuvor noch gestanden hatte. Deegans Sehvermögen war vorübergehend so getrübt, dass er für einen Moment nichts sehen konnte. Doch dann erkannte er Lilly, die regungslos an der Hausmauer lag. Ihr Kleid wies einen großen Blutfleck auf. Ihr Bruder lag nur wenige Schritte von ihr entfernt und rührte sich ebenfalls nicht mehr.
Lilly! Oh nein, Lilly!
Er hörte, wie sich hinter ihm Severn aufrappelte. Deutlich war das todverheißende Klicken der Schussentsicherung zu vernehmen, als Karl sich darauf vorbereitete, auch ihn zu erschießen.
Glühender Zorn erfüllte Deegan und ließ ihn plötzlich eine Kraft verspüren, über die er eigentlich gar nicht mehr verfügte. Nun war er zu allem entschlossen. Was bedeutete es schon, wenn er dabei umkam? Lilly war tot, und ihr Tod hatte seinen Willen zum Leben gebrochen.
Mit einem Satz erhob er sich, schlug die Köpfe der beiden Handlanger zusammen und hörte nicht einmal das erschreckende Geräusch, das dabei entstand. Er hatte sich bereits zu Karl Severn umgedreht, den er töten wollte – das war das Einzige, was ihm noch zu tun blieb.
Severn drückte ab, aber Deegan wusste gar nicht, ob er getroffen war oder nicht. Nichts würde ihn nun noch von seiner Absicht abhalten können.
Außer einer Stimme.
„Deegan!“
Es war das Echo von Lillys Stimme in seinem Inneren. Oder hatte sie sich auf ihrer Reise in die andere Welt noch einmal umgedreht, um ihn zu führen? Zweifelsohne wusste Lilly bereits, wohin es ging. Auch er war bereit zu gehen, bereit zu sterben und ihr dorthin zu folgen, wohin sie ihn führte. Mochte es nun Himmel oder Hölle sein.
Er stürzte sich auf Severn und umklammerte mit den Händen dessen Hals. Wild entschlossen, ihm das Leben herauszupressen, drückte er zu. Severn trat wild um sich und schlug ihn mehrmals in den Magen, doch nichts davon konnte Deegan abhalten. Er spürte keinen Schmerz mehr, ihm war alles gleichgültig geworden. Der Verbrecher krallte sich an seine Hände, doch es nützte nichts. Allmählich ließ die Spannung in seinem Körper nach, und er rang nur noch um Luft. Deegans Griff blieb eisern.
„Deegan.“ Lillys Stimme klang nun lauter. Er wollte noch nicht gehen. Er musste noch diese letzte Tat vollbringen. Eine Tat, die sicherstellen würde, dass der heilige Petrus ihn für immer aus dem Himmel verweisen würde.
„Deegan, hör auf!“, rief Lilly.
Hände zogen an seinen Armen. Severns Männer, dachte er.
„Galloway!“, brüllte Finley ihm ins Ohr. „Lass auch dem Gesetz etwas zu tun übrig.“
„Deegan! Es geht mir gut! Es geht mir gut!“, schrie Lilly. „Bring ihn nicht um. Er verdient es, aber tu es nicht selbst.“
Der rote Nebel, der seinen Verstand umwölkt hatte, riss plötzlich auf. Dann sah er wieder klar.
Er ließ Severns Hals los.
Kaum hörte er, wie der Mann nach Luft rang. Deegans Welt war wieder in Ordnung. Lilly lag in seinen Armen, schluchzte seinen Namen und suchte mit den Händen nach möglichen Verletzungen an seinem Körper. Er drückte sie an sich und atmete ihren Duft ein.
„Lilly“, flüsterte er. „Oh, meine Liebste. Ich dachte, ich hätte dich verloren.“
„Ich weiß“, beruhigte sie ihn und zog ihn an sich. „Ich weiß.“
Mit Finleys Hilfe schaffte Deegan es, aufzustehen. Lilly schmiegte sich an ihn, legte ihm den Arm um die Taille und führte ihn davon. Finleys Männer waren schon damit beschäftigt, Severn und seine Handlanger abzuführen. Auf der Stufe zu der Tür, wo Lilly und ihr Bruder gestanden hatten, saß nun Pierce Abbot, dessen Gesicht totenbleich war. Er presste sich ein blutdurchtränktes
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