HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
war, sich nicht durch seine honigsüße Stimme und seine übermächtige Präsenz einlullen zu lassen. „Ich bin mir sicher, dass die Kette in dem Buch steckt. Wenn das so ist, wird Hawkins seine Beute nicht lange dort lassen, denn er hatte sicher nicht vor, sie überhaupt aus den Händen zu geben“, sagte sie. „Er wird nicht bis morgen warten, um sie zu holen.“
Der Marquess stöhnte, doch Georgiana ignorierte ihn. Sie warf ihre Locken zurück und starrte ihren Assistenten herausfordernd an. „Wir müssen zurückkommen, bevor es zu spät ist.“
„Und wie sollen wir da hineingelangen?“, fragte Ashdowne.
Sie gönnte ihm ein verschwörerisches Lächeln; schließlich kannte sie seine Begabung in dieser Hinsicht. „Ich bin mir sicher, dass Sie das schaffen werden.“
Ashdowne betrachtete das nun ruhig gewordene Gebäude und sah sie dann aus seinen blauen Augen an, die in der Dämmerung funkelten. „Nun gut“, meinte er. „Wir werden heute Nacht wiederkommen, wenn es völlig dunkel ist.“
Seine Lordschaft wollte sie nicht allein nach Hause gehen lassen, und da Georgiana darauf bestand, dass jemand das Gebäude beobachten musste, hatte er einen vorübergehenden Jungen mit einer Nachricht zu sich nach Hause geschickt. Schon bald erschien sein Diener. Finn versprach, ein Auge auf den Eingang zu haben, während Ashdowne sie nach Hause begleitete. Natürlich war das völlig sinnlos, wie sie immer wieder beteuerte, doch der Marquess konnte manchmal fürchterlich starrköpfig sein.
Sobald sie wieder im Haus ihrer Eltern angekommen war, legte sich Georgiana mit Kopfschmerzen, wie sie behauptete, zu Bett. Kurz darauf jedoch schlüpfte sie durch die Küchentür in den Garten hinaus, wo sie den Marquess am Tor traf. Er hatte ihr empfohlen, einen schwarzen Mantel zu tragen, und sie musste zugeben, dass die geheimnisvolle Unternehmung all ihre Sinne erregte.
Der Weg zurück durch die dunklen Straßen von Bath steigerte noch ihre Aufregung. Als sie schließlich am Ziel ankamen, war sie überzeugt, dass sie diese Nacht, ihren ersten wirklichen Fall und ihren Assistenten niemals vergessen würde, so berühmt sie auch werden mochte.
Georgiana konnte den Iren nirgends entdecken, doch Ashdowne versicherte ihr, dass er da war und alles beobachtete. Sollte der Vikar oder jemand anderer auftauchen, würde er sie warnen. Die Straßen lagen still da, und es war fast völlig dunkel, als sie vor der Eingangstür zum Bad ihren Posten einnahmen. Sie war froh, einen Begleiter wie den Marquess zu haben. Sie hätte es zwar auch ohne ihn geschafft, doch etwas an ihm vermittelte ihr ein Selbstvertrauen, wie sie es bisher nicht gekannt hatte.
Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug nicht einmal einen weißen Schal. Geschmeidig wie eine Katze bewegte er sich durch die Nacht und besaß eine Anmut, die sie bewunderte. Sie war überzeugt, dass er jeden, der sich ihr auf unziemliche Weise näherte, in die Flucht schlagen könnte.
Noch auffallender jedoch war das Flair von Macht, von Gefahr, das Ashdowne umgab. Georgiana hatte keine Angst vor ihm. Sein Anblick – sein im Schatten liegendes Gesicht, seine behandschuhten Finger, die sich leise am Schloss zu schaffen machten – steigerte vielmehr ihre Aufregung, sodass sie sich fragte, ob ihr Interesse an ihm möglicherweise größer war als an der Ermittlung.
Dieser Gedanke ernüchterte sie so, dass sie entschlossen woandershin schaute. Sie war ihm wieder einmal zu nahe gekommen. Es war besser, Abstand von ihm zu halten.
Auf einmal vernahm sie ein leises Klicken. Ihr Begleiter grinste sie an und schob dann die Tür auf. Sie musste zugeben, dass er ziemlich begabt war, denn wenn sie hier allein gewesen wäre, dann hätte sie sicher ein Werkzeug oder ähnlich Belastendes benützen müssen, um sich Eintritt zu verschaffen.
„Können Sie mir beibringen, wie Sie das machen?“, flüsterte sie.
„Nein“, erwiderte Ashdowne und zog sie ins Innere des Gebäudes. Sobald er die Tür geschlossen hatte, umgab sie die warme, feuchte Luft des Bades. Sie suchte sich in der völligen Schwärze zurechtzufinden, konnte sich jedoch nicht orientieren. Ashdowne jedoch schien tatsächlich die Fähigkeiten eines Nachttiers zu besitzen, denn trotz der Dunkelheit schaffte er es innerhalb von Sekunden, eine kleine Laterne anzuzünden.
Sie gab nicht viel mehr Licht als eine Kerze, aber zumindest war sie vor einem Windzug oder einem Tropfen Wasser, der von oben kommen konnte, geschützt. Außerdem war es
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