HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
sie bisher sorgfältig vermieden. Als sie nun auf die Zeitung starrte, stach ihr wieder sein Name ins Auge.
„Auf dem gestrigen Ball von Lady Somerset gewann eine gewisse Lady C., bekannt für ihr Geschick am Kartentisch, der Marchioness of Ashdowne eine schockierend hohe Summe ab. Man geht davon aus, dass ihr Schwager den Scheck decken wird. Die junge Frau hat die Stadt bereits verlassen.“
„Onkel, hör dir das an!“, rief sie und las Silas, der in der Tür innehielt, den Bericht vor.
„Es sieht ganz so aus, als ob dein Assistent Lady Culpeppers zweifelhaften Ruf zur Genüge kennen würde.“
„Wie seltsam! Er hat nie etwas darüber gesagt“, wunderte sich Georgiana. Würde es Ashdowne übel nehmen, wenn er eine Schuld zahlen musste, die nicht die seine war? Vor allem, wenn er wusste, dass die Dame, der man Geld schuldete, falsch spielte? Andererseits waren solche Verluste nicht ungewöhnlich, und vielleicht würde für den Marquess auch ein größerer Betrag nicht ins Gewicht fallen.
Sie kämpfte gegen ein seltsames Gefühl an. Es gab mehr zwischen ihr und Ashdowne zu besprechen, als sie das bisher angenommen hatte. Es war ihr nun klar, dass sie nicht länger zwischen den alten Zeitungen sitzen konnte, sondern zurück nach Bath musste, um die Ermittlungen zum Abschluss zu bringen. Es war auch an der Zeit, sich nicht mehr vor sich selbst zu verstecken.
„Warte auf mich, Onkel! Ich komme“, rief sie Silas, der sich zum Gehen gewandt hatte, hinterher, während sie ihre Notizen zusammensuchte. Sie brauchte so viele Beweise wie möglich, um Mr. Jeffries davon zu überzeugen, dass Savonierre nicht nur der Dieb, sondern auch die Katze war. Mit einer wilden Entschlossenheit klammerte sie sich an ihre Theorie.
Es muss Savonierre sein, dachte Georgiana, nicht Ashdowne.
Sie versuchte ihre Familie mit anderen Augen zu sehen, da sie sich an die Ermahnung ihres Onkels erinnerte. Bald zerrte jedoch das Gekicher ihrer Schwestern an ihren Nerven, und sie konnte die gutmütigen Scherze ihres Vaters kaum ertragen. Er erzählte ihr, dass der Marquess über ihre plötzliche Abreise aus Bath überrascht gewesen sei. Er war mehr als ein Mal gekommen, um sich nach ihr zu erkundigen. Als Georgiana das hörte, war sie zwischen Freude und Unglauben hin und her gerissen. War Ashdowne nicht mit seiner schönen Schwägerin beschäftigt? Konnte er da überhaupt gemerkt haben, dass sie nicht da war?
Es schien doch der Fall zu sein, denn kaum war sie zurück, da sprach er auch schon vor und wollte sie zu einem Spaziergang einladen. Der Marquess sah zwar nach außen hin ganz wie immer aus, doch Georgiana spürte, wie es unter der höflichen Oberfläche zu brodeln schien. Er wirkte so angespannt wie noch nie. Hatte er etwas Wichtiges entdeckt, während sie fort war, oder wollte er sich endgültig von ihr verabschieden, bevor er mit seiner Schwägerin nach Hause zurückkehrte?
Sie schaute ihn besorgt an, während sie im Kreis ihrer Familie belanglose Konversation machten. Als sie es schließlich schafften, mithilfe ihres Vaters den Schwestern zu entkommen, war sie sich nicht mehr so sicher, ob sie mit Ashdowne allein sein wollte. Er machte ihr Angst.
Eine ganze Weile gingen sie schweigend nebeneinander her, sodass Georgiana sich bereits fragte, warum er sie überhaupt sehen wollte. Sie überlegte krampfhaft, was sie sagen könnte. Da ergriff er endlich das Wort. „Sie hätten mir zumindest mitteilen sollen, dass Sie Bath verlassen“, sagte er. Sein schroffer Ton ließ die Worte wie eine Anklage klingen. Sie blinzelte überrascht.
„Ich wollte etwas im Haus meines Großonkels recherchieren“, erklärte sie.
„Ist das derjenige, dem man nicht trauen kann, dass er Sie in London im Auge behält?“, fragte Ashdowne scharf.
„Ja, aber wir haben das Haus gar nicht verlassen. Ich habe die ganze Zeit damit verbracht, alte Zeitungen durchzusehen.“
„Alte Zeitungen?“ Seine Stimme klang skeptisch, und Georgiana hielt an, um ihm ins Gesicht zu schauen.
„Ja, alte Zeitungen. Was in aller Welt ist denn mit Ihnen los?“
Ashdowne wirkte keineswegs betreten, als sie ihn auf sein Verhalten ansprach. Sein Gesicht verfinsterte sich vielmehr, und sein ausdrucksvoller Mund wurde zu einem schmalen Strich. „Ich war so töricht, anzunehmen, dass Sie mich über Ihre nächsten Schritte informieren würden. Soweit ich mich erinnern kann, sollten wir uns vor drei Tagen im ‚Pump Room‘ treffen, aber Sie sind dort nie aufgetaucht. Haben
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