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HISTORICAL EXCLUSIV Band 22

HISTORICAL EXCLUSIV Band 22

Titel: HISTORICAL EXCLUSIV Band 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARGO MAGUIRE JACQUELINE NAVIN
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gewisse Befriedigung dabei empfand, die junge Kathryn den teuflischen Klauen des Barons entrissen zu haben. Dieser Mensch und andere von seinem Schlag sollten sich lieber an Größe und Kraft ebenbürtige Gegner suchen.
    Lady Kathryn war jedoch offensichtlich auch kein Engel. Viel zu selbstsicher und rebellisch für ein Mädchen. Wie sie es geschafft hatte, ins Dorf zu fliehen, war ihm ein Rätsel. Sie war schwierig, hatte darauf bestanden, von ihrer alten Kinderfrau begleitet zu werden, und gab seinen Männern Befehle, ganz so, als ob sie die Verantwortliche wäre. Außerdem starrte sie geradezu vor Dreck … und dennoch roch sie nicht wie eines dieser verwahrlosten Bälger. Stattdessen duftete sie nach Blumen. Rosen, dachte er, obwohl er nicht viel Ahnung von Pflanzen hatte. Mit einiger Beunruhigung stellte er fest, dass ihr Duft angenehm, ja sogar sehr anziehend war.
    Als sie sich kurz darauf etwas bewegte und sich ihre Hüften näher an ihn schoben, musste er unwillkürlich an das Erlebnis der letzten Nacht am See denken. Während Wolf Kathryns Gewicht verlagerte, erinnerte er sich an die wunderschöne blonde Frau, mit der er nur einige wenige Augenblicke verbracht hatte.
    Aber er konnte sich jetzt nicht solchen Gedanken hingeben. Er musste sich darauf besinnen, dass er eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatte. Seine ganze Aufmerksamkeit sollte der Rückerlangung der Grafschaft Windermere gelten. Das hatte er sich fest vorgenommen. Er stand nun schon einige Jahre in Heinrichs Diensten und hatte die Achtung und das Vertrauen des Königs für sich gewonnen. Jetzt musste er nur noch handfeste Beweise für Philip Colstons Verrat finden. Heinrich wäre dann dazu verpflichtet, Wolfs Anspruch auf Windermere anzuerkennen und seine Familienehre wiederherzustellen.
    Trotz dieser Vorsätze konnte Wolfram nicht leugnen, dass er sich stark zu der Frau am See hingezogen gefühlt hatte. Sie war ein Traum, den er sich nie eingestanden, eine Sehnsucht, die er immer unterdrückt hatte. Aber er kannte den Schmerz der Liebe und des Verlustes nur zu gut und hatte sich geschworen, nie wieder in diese Falle zu tappen. Seinen Vater und seinen Bruder hatte er auf schicksalhafte Weise verloren. Doch während ihm dieses Unglück und sein Kampf um Gerechtigkeit eine kühle Selbstbeherrschung verliehen, war es die völlige Teilnahmslosigkeit seiner Mutter, die ihn all die Jahre lang im Innersten quälte.
    Wolf hatte zwar den hinterhältigen Überfall überlebt, aber seitdem mit Margrethe Colston kein einziges Wort mehr gewechselt. Seine Mutter bemerkte nicht einmal, dass es ihn überhaupt gab. Das Schlimmste für Wolf war dabei nicht, dass sie in ihrer eigenen Welt zu leben schien, unfähig, mit anderen zu reden – sondern die Tatsache, dass sein Überleben ihr nicht die geringste Hoffnung gegeben hatte. Das Leben ihres jüngeren Sohnes hatte ihr offenbar nichts bedeutet.
    „Gerhart.“
    Im Halbschlaf hörte Kathryn eine raue Stimme, als einer der Männer an Wolfs Seite ritt. Sie sah keine Veranlassung, die beiden darauf hinzuweisen, dass sie schon wach war, sondern musste sich vielmehr überlegen, wie sie fliehen und zurückkehren konnte, um in der Nähe von Somerton auf Rupert zu warten. Kathryn versuchte die Reiserichtung zu verfolgen, damit sie sich zurechtfinden konnte, wenn die Zeit gekommen war. Es fiel ihr jedoch schwer, da sie entsetzlich müde war, ihr Kopf schmerzte und es in ihren Augenhöhlen noch immer schrecklich pochte.
    „Es wird bald dunkel werden“, sagte der Reiter zu dem Mann, den sie als „Wolf“ kannte. Kathryn fragte sich, warum er ihn „Gerhart“ genannt hatte. „Die Alte fällt uns schon fast vom Pferd.“ Er sprach mit einem eigentümlichen Akzent, der Kathryn aber nicht unangenehm war. Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, dass er ein großer blonder Mann war, der sich gut im Sattel machte.
    Kathryn unterdrückte das dringende Bedürfnis, sich umzudrehen und nach Bridget zu sehen. Wolf antwortete dem Ritter nicht sofort, und Kathryn fragte sich, ob er vielleicht überlegte, ihre alte Kinderfrau einfach am Wegesrand zurückzulassen.
    „Wir werden bald rasten“, sagte Wolf schließlich. „Zwei Männer sollen vorausreiten und nach einem geeigneten Lagerplatz Ausschau halten.“
    Kathryn fühlte, wie er einen langen Seufzer ausstieß. Er musste in furchtbarer Eile sein, nach London zu kommen, wenn diese kleine Verzögerung ihn so sehr ärgerte. Mussten nicht auch Ritter irgendwann einmal ausruhen?

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