HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
ihr. „Meine Dienerin ist gerade fort, um mir mein Abendessen zu bringen. Wenn Ihr Euch also setzen möchtet …“
Indem Christine eine Hand an ihre Brust presste, sagte sie: „Wir können uns nicht setzen. Euer Gemahl schickt mich, Euch zu holen.“
„Wolf?“, fragte Kathryn verwirrt. Warum würde Wolf Christine Wellesley damit beauftragen, sie zu holen? Das machte keinen Sinn, aber Kathryn trat trotzdem aus dem Raum in den düsteren Flur. „Hat er Philip gefunden? Ist er verletzt?“
„Nein, nein“, sagte Christine, die ihr gefolgt war. „Er braucht Eure Hilfe.“
„Meine Hilfe?“
„Ich kann es nicht erklären“, sagte Christine und ging voraus.
Kathryn wunderte sich, dass Wolf sie in diesem entfernten Flügel der Burg haben wollte. Niemand ging jemals so weit, wie sie es jetzt taten.
„Könnt Ihr mir nicht sagen, wobei er meine Hilfe braucht?“
„Nein“, erwiderte Christine. „Er sagte nur, dass Ihr Euch beeilen sollt.“
„Er muss verletzt sein“, meinte Kathryn. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mich …“
„Hier hinein. Schnell.“
Christine öffnete die Tür zu einer Kammer, die nur von einer einzelnen flackernden Kerzenflamme erhellt wurde, und ging zur Seite, um Kathryn eintreten zu lassen. Wolf war nirgends zu sehen. „Aber …?“ Bevor Kathryn ihre Frage zu Ende stellen konnte, stieß Christine sie in den Raum hinein, lief hinaus und schloss die Tür hinter sich ab. „Was, zur Hölle …?“
Eine Bewegung im Schatten einer entfernten Ecke erregte Kathryns Aufmerksamkeit. Es war zwar nicht Wolf, doch dort versteckte sich ohne Zweifel ein Mann, und er kam jetzt näher.
„Nun, Kathryn“, sagte Baron Somers undeutlich, als er aus dem Schatten trat. Er lächelte böse und torkelte leicht. Zwei blaue Augen und eine angeschwollene Nase gaben ihm ein erschreckendes Aussehen. „Das ist doch keine Art, deinen liebenden Vater zu begrüßen.“
Kathryn erschrak und bewegte sich rückwärts auf den Ausgang zu. „Ich … ich verstehe nicht.“
„Du dachtest wohl, dein hingebungsvoller Ehemann wäre hier?“ Er holte mit seiner Hand aus und schlug ihr heftig ins Gesicht. Mit der anderen Hand fuhr er ihr hinter den Rücken und fasste ein Büschel Haare nahe am Kopf. Er packte sie, sodass ihr Gesicht dem seinen ganz nah kam. Sein Atem stank nach Alkohol. „Du Närrin! So leichtgläubig!“
„Bitte!“
„Sehr gut! Schön betteln! Bettel um Gnade!“, sagte er, während er an ihrem Schopf zog, bis Kathryn Tränen in die Augen traten. „Dein Gemahl wird diesmal nicht kommen, um dich zu retten.“
„Was meint Ihr damit?“
Somers lachte betrunken. „Philip Colston wird ihn vernichten.“
„Wie das?“, wollte Kathryn wissen und vergaß ihre Furcht für einen Augenblick. „Wie wird Philip Wolf vernichten?“
„Der Duke ist alleine losgezogen, um ihn zu stellen – Philip hat einen sauberen kleinen Unterschlupf unter der Brücke am Westende der Stadt.“ Somers lachte wieder. „Er wird deinen teuren Duke erschlagen … das hat er mir selbst gesagt.“
Kathryn wandte sich rasch um und versuchte, durch die Tür zu entwischen, die sich jedoch nicht bewegen ließ. Natürlich war sie abgeschlossen. Somers hatte nicht im Sinn, sie diesmal davonkommen zu lassen.
„Und Lady Christine?“ Kathryn versuchte, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. „Was gewinnt sie bei alldem?“
Somers trunkenes Gelächter war jetzt noch boshafter als vorher. „Die anmaßende Lady Christine glaubt, dass du ihr dann nicht mehr im Wege stehen wirst. Sie plant deinen Mann zu ehelichen, wenn er erst einmal verwitwet ist.
„Meinen Mann ehelichen!“, rief Kathryn aus. „Sie …“
„Sie weiß nicht, dass Wolf gerade jetzt, in diesem Augenblick, auf dem Weg in Philips Falle ist!“
„Ich muss zu ihm!“, stieß Kathryn hervor. „Ihr müsst …“
„Ich muss gar nichts!“ Er schlug sie wieder, diesmal so hart, dass sie zu Boden stürzte. „Du wirst schon noch lernen, deinem Vater den nötigen Respekt zu zollen!“, knurrte er, verlor das Gleichgewicht und schwankte wieder. „Du und dein verdammter Ehemann – ihr treibt Somerton in den Ruin! Deine Schuld. Alles deine Schuld.“
Kathryn richtete sich kniend mit einem verwirrten Gesichtsausdruck auf.
„Ich musste sie bestrafen und einigen die Häuser abbrennen!“, tobte Somers. „Die Leibeigenen – sie versuchen mich zu betrügen! Es gibt keinen Respekt mehr. Sie glauben, ich wüsste es nicht, aber ich sehe, wie
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