HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
dem kurzen Durchgang hinter ihr, wo die Treppe zum Lagerraum führte. Ein schwacher Lichtschein warf geisterhafte Schatten auf die Wände der scheußlichen Kammer, wurde heller und deutlicher, als er sich rasch näherte.
„Hierher!“ Das war Wolfs Stimme. Kathryn frohlockte. Sie blickte zu Emma hinüber, die gerade wieder aus ihrer Ohnmacht erwachte.
„Kathryn, geht es dir gut?“ Wolf ließ die Fackel zu Boden fallen und kniete neben seiner Frau nieder. Sie war blutverschmiert. Das blanke Entsetzen packte ihn.
„Wolf …“ Ihre Stimme klang zittrig, obgleich sie sich bemühte, beherrscht zu klingen.
„Folge ihm, Alfred“, befahl Wolf brüsk. Dann wandte er sich Kathryn zu und sprach mit sanfter, beherrschter Stimme auf sie ein. „Wo bist du verletzt, mein Kätzchen? Sag mir, wo er dich getroffen hat.“
„Ich habe ihn getroffen“, antwortete Kathryn schaudernd.
„Bitte, mach jetzt keine Scherze.“ Er zog sie an seine Brust und hielt sie ganz fest. „Sag mir …“
„Ich weiß nicht, wie schwer er verwundet ist, aber ich bin sicher, dass ich ihn getroffen habe. Es war Philip.“
Wolf richtete sich kurz auf, um ihr Gesicht zu betrachten. Sie war blass, und ein gehetzter Blick lag in ihren Augen. „Willst du damit sagen, dass dies nicht dein Blut ist?“
„Genau, Wolf. Philip ist verletzt“, sagte sie grimmig. Dann brach ihre Stimme. „Und Hugh. Er ist hier.“
Darauf fiel sie das zweite Mal in ihrem Leben in den Armen ihres Mannes in Ohnmacht.
21. KAPITEL
Während Wolf Kathryn aus dem finsteren Verlies trug, schwärmten Diener aus, um Emma Juvet die Treppe hinauf zu helfen und sich um Hugh Dryden zu kümmern. Hinter Wolfs ruhigem Äußeren brodelten Wut und Verzweiflung. Er erreichte den Lagerraum – es bestand kein Zweifel mehr, dass er absichtlich abgeschlossen worden war – und eilte weiter durch die Große Halle, bis Nicholas Becker ihn einholte. Zusammen durchquerten sie den Saal und liefen den Flur entlang, der zu den herzoglichen Gemächern führte.
Nicholas war erschrocken über Kathryns blutverschmiertes Äußeres. „Wie geht es ihr?“
„Ich weiß es noch nicht“, erwiderte Wolf düster. „Bevor sie ohnmächtig wurde, hat sie mir gesagt, sie sei unverletzt.“
„Aber das ganze Blut …“
„Sie meinte, es sei von Philip“, antwortete Wolf. „Sie hat ihn mit einem Messer verletzt.“
„Gut gemacht, Kathryn.“ Nicholas nickte ihr mit einem grimmigen Lächeln anerkennend zu, obgleich sie noch immer schlaff und bewusstlos in Wolfs Armen lag. „Wie schwer?“
„Keine Ahnung. Sie ist in Ohnmacht gefallen, bevor sie viel erzählen konnte.“
„Ich habe Hugh gesehen“, sagte Nicholas. Ihm wurde übel bei dem Gedanken, welches Leid dem Mann zugefügt worden war. „Die Dinge, die dein blutrünstiger Cousin getan hat, sind entsetzlich …“
„Ruf den Heilkundigen und den Priester, sie sollen ihm helfen.“
„Das habe ich schon getan. Und ich habe Wachen an den Ausgängen der unterirdischen Gänge aufgestellt.“
„Hast du Alfred gesehen?“
„Nein, aber Chester ist mit mir durch einen der äußeren Eingänge hinuntergestiegen. Wir durchquerten einen der Tunnel und kamen kurz hinter dir heraus“, erklärte Nicholas. „Chester und Claude sind noch unten, um Alfred beim Durchsuchen der Tunnelgänge zu helfen. Es wird einige Zeit dauern …“
„Schick mehr Männer hinunter.“ Wolf drückte die Tür zu seinem Gemach mit der Schulter auf und trat ein. „Durchsucht jeden möglichen Winkel, und findet heraus, ob es noch weitere Fluchtwege gibt, von denen Stephen vielleicht nichts weiß. Ich will Philip noch heute Nacht . Egal, wie Ihr das anstellt.“
„Aber Wolf, Stephen hat uns bereits alle Ausgänge gezeigt, und wir haben sie schon bewachen lassen, bevor du überhaupt die Treppen zum Burgverlies betreten hast. Wir hätten das Ungeheuer fangen müssen …“
„In den letzten zwanzig Jahren hat mein listiger Cousin vielleicht das Tunnelnetz erweitern lassen und auch neue, weniger gut zugängliche Ausgänge geschaffen.“ Er legte Kathryn sanft aufs Bett und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Entweder ist es ihm irgendwie gelungen, durch einen Stephen unbekannten Durchgang zu entkommen, oder mein Cousin hält sich immer noch irgendwo unter der Burg versteckt“, sagte Wolf mit Bitterkeit in der Stimme. „Und wartet wie eine Spinne in ihrem Netz.“
Nicholas fluchte leise. „Ich werde nachschauen, ob es für ihn eine Möglichkeit gibt,
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