HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
wieder den Raum erhellte. Von der unbekannten Frau war nicht mehr zu erkennen als zuvor in der Dunkelheit.
Sie war in einen schwarzen Umhang und einen dichten schwarzen Schleier gehüllt, der von ihrem Gesicht nicht mehr wahrnehmen ließ als einen blassen Schimmer hinter dem dunklen Flor.
„Ihr habt Euch verspätet“, sagte Tregarrick kurz.
„Ich musste mich versichern, dass mir niemand folgt“, erwiderte die Frau scharf und ohne den leisesten Anklang einer Entschuldigung. „Ihr solltet mir für meine Vorsicht dankbar sein, Mylords.“
Die Stimme war kühl und jung, mit einem leichten westlichen Tonfall. Sie muss aus Somersetshire kommen oder aus Wiltshire, dachte Heywood und ging in Gedanken die adligen Familien aus dieser Gegend durch.
„Ich wäre noch dankbarer, wenn wir jetzt zu unseren Geschäften kommen könnten, damit wir so schnell wie möglich diese Fieberhöhle wieder verlassen können“, gab Tregarrick barsch zurück. „Habt Ihr Anweisungen aus Frankreich erhalten? Wann sollen wir zur Tat schreiten?“
„Geduld, Mylord“, wies ihn die Fremde zurecht. „Wir handeln nicht, bevor die Königin tot ist. In Frankreich hofft man noch darauf, dass sie ihren Sinn ändern und die schottische Königin zu ihrer rechtmäßigen Nachfolgerin machen wird. Wenn sich diese Hoffnung jedoch nicht erfüllt, werde ich dafür sorgen, dass Anne Boleyns Bastard Gift verabreicht wird, noch ehe man ihr die Krone aufs Haupt setzen kann. Eure Aufgabe, Mylords, ist, dafür Sorge zu tragen, dass es keinen Widerstand gibt, wenn Maria Stuart in England an Land geht. Sie besteht darauf, dass ein protestantischer Aufstand unter allen Umständen ausgeschlossen wird. Tregarrick muss außerdem sicherstellen, dass Lady Katherine Grey strengstens bewacht wird, damit sie nicht in Versuchung gerät, dem Beispiel ihrer Schwester Jane zu folgen und eine Neuntagekönigin zu werden. Alle weiteren Einzelheiten findet Ihr hier.“ Mit diesen Worten zog sie einen kleinen Lederbeutel unter ihrem Umhang hervor. Sie streifte ihre Handschuhe ab und öffnete ihn.
Der Earl starrte auf ihre schmalen Hände, die im Schein der Kerze wie fahles Gold schimmerten. An den Fingern befand sich nur ein einziger Ring, doch dieser war von besonderer Eigentümlichkeit, bestand er doch aus einem gewundenen Drachen, geformt aus funkelnden Steinen, entweder Rubinen oder Smaragden – in dem unsicheren Licht war das nicht genau auszumachen. Ein gewundener Drache … Heywood runzelte die Stirn, während er versuchte, sich daran zu erinnern, wo er einen solchen Ring schon einmal gesehen hatte.
„Hier sind für jeden von Euch Instruktionen“, sagte die Frau, entnahm dem Beutel vier Pergamentstreifen und händigte sie den Männern aus. „Lest es jetzt und gebt es mir zurück.“
Die Männer beugten sich näher zur Kerze und lasen schweigend.
„Gibt es noch irgendetwas, das Ihr zu wissen wünscht?“, fragte die Unbekannte, als sie die Pergamentstreifen wieder in Empfang nahm. Tregarrick und Southwark schüttelten die Köpfe.
„Ihr solltet aber wissen, dass Malgreave Zweifel gekommen sind“, knurrte Wharton. „Mich dünkt, er würde unseren Kreis gern wieder verlassen.“
„Das kann ich nicht glauben.“ Diese Worte wurden von einem leisen Lachen begleitet. „Er weiß doch, dass ihn von seinem Schwur nur der Tod lösen kann, nicht wahr, Sir John?“
Die Stimme war sanft, beinahe honigsüß. Dennoch war die Drohung unmissverständlich.
Heywood tastete nach seinem Dolch im Gürtel. Cecil mochte noch so sehr auf Verschwiegenheit bestehen, doch er selbst konnte nicht dabeistehen und zusehen, wenn ein Mord geschah.
„Natürlich weiß er das“, nahm Tregarrick das Wort für Malgreave, der nicht in der Lage zu sein schien, eine Antwort zu geben. „Und hinzu kommt, dass seine Gemahlin meine Tochter ist. Deshalb würde er mich niemals in Gefahr bringen. Ihr braucht also keine Angst zu haben, dass er plaudern wird – bei allen Zweifeln, die ihm gekommen sind, nicht wahr, John?“
Mit bleichem Gesicht schüttelte Malgreave wortlos den Kopf.
„Gut, dann lasst uns diese Angelegenheit als erledigt betrachten.“ Der Ton, in dem diese Worte gesprochen wurden, erlaubte keine weiteren Erörterungen.
Die vier Männer schauten ausdruckslos zu, wie die Fremde die Pergamentstreifen in die Flamme der Kerze hielt, bis sie auflodernd verbrannten.
„Können wir jetzt gehen?“, fragte Tregarrick mürrisch, als die Aschereste auf dem Fußboden zerstreut worden
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