HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
während sich das unausgesprochene Verstehen zwischen ihnen wie ein Nebel auflöste. „Ich hasse ihn!“
„Ich bitte um Vergebung, Mylady“, erwiderte der Earl spöttisch. „Ich dachte, es sei Sitte, dass eine Witwe den Namen ihres verstorbenen Mannes trägt, bis sie wieder eine Ehe eingeht.“
„Ich gebe nichts auf Brauch und Sitte, denn ich verabscheue diesen Namen und alles, was damit zusammenhängt.“
„Nichts ist leichter, als diesen Zustand zu verändern. Wenn Ihr wieder verheiratet seid, ist dieses Problem aus der Welt geschafft.“
„Ihr kennt meine Meinung über die Ehe, Mylord!“, erwiderte Seraphina zornerfüllt, da sie ihrem Gast schon wieder auf den Leim gegangen war. Doch dann erinnerte sie sich der Rolle, die sie spielte, zwang sich zu einem Lächeln und warf Heywood einen, wie sie glaubte, einladenden Blick unter ihren schwarzen Wimpern hervor zu. „Aber vielleicht wisst Ihr eine Möglichkeit, meinen Sinn zu ändern, Mylord?“
„Ganz gewiss. Es wäre schon schwieriger, nicht darauf zu kommen.“ Der Earl zupfte lässig an der scharlachroten Seide, die durch die Schlitze an den Ärmeln leuchtete. „Ist dieses neue Gefieder für mich entstanden, Mylady? Ich fühle mich außerordentlich geehrt.“
Seraphina hielt den Atem an, als Heywood seine Hand von dem Ärmel zu dem unbedeckten Brustansatz gleiten ließ. Hitze durchströmte sie und ließ ihre weiße Haut rosig erglühen. Diese Berührung war bewusst unverschämt gewesen. Instinktiv hob sie ärgerlich die Hand, hielt aber mitten in der Bewegung inne, als ihr Gegenüber höhnisch die Brauen hochzog. Sie schluckte krampfhaft. „Ich bin glücklich, dass ich Euch Vergnügen bereiten konnte.“ Unterdrückter Zorn dämpfte ihre Stimme zu einem kehligen Flüstern.
„Ich kann mir Möglichkeiten vorstellen, mit denen Ihr imstande seid, mir noch größeres Vergnügen zu schenken“, murmelte der Earl halblaut und ließ seinen Blick von den Brüsten zu ihrem Mund emporwandern. „Sicherlich seid Ihr vertraut mit ihnen.“
„Vertraut genug“, erwiderte Seraphina lächelnd, während sie die Hand zusammenkrampfte, mit der sie ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen hätte. „Aber nach Euerm Ruf zu schließen, seid Ihr zweifellos in der Lage, selbst mir noch viel beizubringen, Mylord.“
„Mein Ruf verblasst neben dem Euren, Mylady“, gab Heywood den Hieb kühl zurück. „Ich werde mich glücklich schätzen, mich dem Meister – oder soll ich sagen, der Meisterin? – der Kunst zu beugen.“
„Nun dann wird Euer Kopf wenigstens genauso tief sinken wie Euer Gemüt, Mylord!“, zischte Seraphina wütend.
Einen Augenblick herrschte Stille, während aus Heywoods Augen Funken sprühten.
„Das war schon besser, Mylady. Ich ziehe wohlgewürzte Speisen den faden Süßigkeiten vor.“
„Dann solltet Ihr aufpassen, dass Ihr Euch nicht den Mund verbrennt, Mylord“, erwiderte Seraphina scharf.
„Ich bin geneigt zu behaupten, dass Ihr der Gefahr, Euch zu verbrennen, näher gewesen seid“, erklärte Heywood lässig und ließ seinen Blick wieder in unverfrorener Weise auf ihrem Busenansatz ruhen. „Ihr habt jene Art von Haut, die schnell feurig wird.“
Auf diese Herausforderung gab Seraphina keine Antwort, denn seine Worte hatten in ihr einen Albtraum zurückgerufen – ein schreiendes Mädchen, von Flammen umgeben.
„Mylady?“ Der Earl blickte sie aufmerksam an. „Ist Euch nicht wohl? Ihr seid blass geworden.“
„Ihr habt mich an etwas erinnert, das ich lieber vergessen hätte“, erwiderte sie kurz.
„Und was war das?“
„Ein Mädchen auf dem Scheiterhaufen. Mein Gemahl zwang mich zuzuschauen als Strafe dafür, dass ich um das Leben dieser Ketzerin gefleht hatte.“ Ihr Stimme wurde heiser vor Zorn, der nie vergehen würde. „Sie war nicht älter als ich. Ich habe ihr oft Nahrung und Kleidung zukommen lassen, denn ihre Eltern waren an der Pest gestorben. Sie hatte auch keine Aussicht, einen Ehemann zu finden, denn sie war ein bisschen einfältig. Sie wusste nicht, wie alt sie war, und konnte auch ihren Namen nicht lesen. Man hat sie auf den Scheiterhaufen geschickt, weil sie weder sagen konnte, was ein Sakrament ist, noch wie viele es davon gibt! Als sie die Fackel in den Holzstoß warfen, rief sie nach mir um Hilfe, und ich konnte doch nichts für sie tun als zu beten, dass der Rauch sie betäuben möge, ehe die Flammen sie erreichten.“
„Ihr seid wohl nicht der Überzeugung, dass man Ketzer verbrennen
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