HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Weinkrug vom Feuer zu nehmen.
Heywood hielt ihr die blinkenden Kelche hin, und sie goss das dampfende Getränk in die silbernen Gefäße. Angestrengt bemühte sie sich dabei, seinem Blick auszuweichen.
Dann bückte sie sich, um den Krug wieder niederzusetzen. Dabei fiel ihr glänzendes Haar über die schmalen Schultern, und der Earl betrachtete hingerissen das Farbenspiel, das der Widerschein der Flammen darin hervorrief.
Mit unbewusster Grazie richtete sich Seraphina wieder auf und nahm den Becher aus seiner Hand entgegen, so sorgsam bedacht, seine Finger dabei nicht zu berühren, dass Heywood ein Lächeln unterdrücken musste.
„Ist der Wein Euch genehm?“, fragte Seraphina wenige Sekunden später steif, während ihr Gast den mit Zimt und Nelken gewürzten Wein in kleinen Schlucken zu sich nahm.
„Er ist ausgezeichnet“, erwiderte er freundlich. „Er schmeckt nach Honig und Gewürzen – gleich einer schönen Frau, so wie Ihr, Mylady.“
Sein Blick wanderte über ihre schlanke Gestalt, die sich deutlich unter dem engen Gewand abzeichnete.
Seraphina hatte das Gefühl, der Earl ziehe sie nackt aus und berühre ihren Körper mit seinen Lippen. Sie wurde blutrot. Wie konnte er es wagen, so mit ihr zu sprechen, sie so anzusehen, als wäre sie … aber hatte sie das nicht beabsichtigt? Nun gut! Da er sie so niedrig einschätzte, wollte sie seine Erwartungen nicht enttäuschen. Sie hob trotzig den Kelch und leerte ihn in großen Zügen in einer Art, die einen sofortigen Verweis von Seiten ihrer Mutter hervorgerufen hätte. Und mit derselben betonten Unziemlichkeit füllte sie ihn wieder bis zum Rande, ohne ihren Gast nach einem gleichen Wunsche zu befragen.
„Es ist nicht klug, so schnell zu trinken, Mylady“, sagte der Earl mit strenger Stimme, als Seraphina den Becher wieder an die Lippen setzen wollte.
„Ich habe nie behauptet, klug zu sein“, versetzte sie scharf und starrte in das Kaminfeuer.
Sie ist noch so jung, dachte Heywood grimmig, jung genug, um sich darüber zu grämen, was andere über sie sagen oder denken – und jung und töricht genug, um sich in verräterische Aktionen verstricken zu lassen. Abscheu über die Rolle, die er hier spielte, ließen den Wein in seinem Mund zu Essig werden, als er die zarte Gestalt betrachtete, umrahmt von den sprühenden Flammen und eingehüllt in den Mantel ihres Haares. Die Brennende! Der Name schien einen grausigen Sinn zu bekommen. Eine Verräterin landete schnell auf dem Scheiterhaufen …
Er presste die Lippen aufeinander, als er ihren verstohlenen Seitenblick bemerkte und die Art, wie sie den Becher gleich einem Schild an ihre Brust drückte. Sie sah so wehrlos aus, so verängstigt. Hatte sie den wirklichen Grund seiner Anwesenheit erraten? Einen Augenblick lang kämpfte der Earl mit dem verrückten Gedanken, Seraphina jetzt und hier mit dem Verdacht zu konfrontieren. Wenn sie alles gestand, was sie wusste, bevor ein Unglück geschehen war, konnte es eine Möglichkeit geben, ihren schlanken weißen Hals zu retten. Elizabeth schuldete ihm eine Gunst – oder auch zwei. Doch eine Sekunde später wurde ihm bewusst, dass er es nicht wagen durfte, Elizabeth Tudors Feinde zu warnen aus keinem anderen Grunde als einer Mischung aus Sentimentalität und sinnlicher Begierde. Seraphina Carey ist eine Verräterin, ermahnte er sich, und sie muss ihre Strafe erleiden wie alle anderen Verräter der Krone.
5. KAPITEL
„Nun, Henry und Richard kommen offensichtlich gut miteinander aus“, bemerkte Lord Musgrave, als er in Erwartung des Nachtmahls neben seiner Schwester in dem behaglich warmen Gemach mit der niedrigen Decke saß, den die Familie an kühlen Abenden der großen Halle vorzog.
„Es sieht so aus“, bestätigte Lady Katherine nach einem schnellen Blick nach der anderen Seite des Raumes, wo ihr Gemahl und der Earl sich interessiert über neue illustrierte Landkarten beugten. Dann schaute sie unruhig zur Tür und runzelte die Stirn. „Das Abendessen wird verderben, wenn Seraphina nicht bald erscheint“, murmelte sie mehr zu sich selbst.
„Soll ich einen der Diener nach ihr sehen lassen?“, erbot sich Lord Musgrave.
„Wenn du so freundlich sein würdest … ich muss in die Küche gehen. Ohne den Koch wage ich nicht, die Pasteten den Mädchen zu überlassen, und …“ Lady Katherine unterbrach sich mit einem Aufstöhnen und wurde so weiß wie ihre gestärkte Halskrause. „Um Himmels willen!“
„Kate, was ist los mit dir?“, fragte Lord
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