HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
zum Stehen zu kommen, auf der Ziegelpflasterung aus. Instinktiv ließ sie die Röcke los und streckte Hilfe suchend die Arme nach Heywood aus.
„Himmel und Hölle!“, fluchte dieser, als er gerade noch ihre Hände ergreifen und sie daran festhalten konnte. „Reicht es nicht aus, wenn Ihr Euch bei einem Sturz vom Pferd den Hals brecht? Reitet Euch der Teufel, dass Ihr wie eine Besessene die Stufen hinabspringt?“
„Ich füge mich nur dem allgemeinen Brauch“, erwiderte Seraphina atemlos. „Da sich Euch so viele Damen hier in dieser Gegend zu Füßen werfen, nahm ich an, es sei die übliche Art, Euch zu begrüßen.“
„Das ist durchaus nicht spaßhaft. Ihr hättet Euch das Genick brechen können!“ Sein Griff wurde fester, beinahe grob. „Selbst ein Kind würde mehr Verstand an den Tag legen.“
Seraphina entriss ihm ihre Hände und blickte ihn zornig an.„Vielleicht würde ich in der Tat mehr Verstand entwickeln, wenn Ihr aufhören würdet, mich wie ein Kind zu behandeln!“ Der Groll, der sich in den letzten Tagen gegen Heywood in ihr angestaut hatte, nahm plötzlich überhand. „Den einen Augenblick beachtet Ihr mich überhaupt nicht und den nächsten schreibt Ihr mir genau vor, mit wem ich sprechen darf, wohin ich gehen soll und sogar zu welcher Zeit ich mich am Abend zurückziehen muss!“
„Ich versuche doch nur, Euch zu beschützen …“ Der Earl seufzte müde. „Bei Hofe gibt es viele unerwartete Gefahren …“
„Ich bin schon allein fähig, meine Ehre vor hartnäckigen Lebemännern zu schützen, wenn es das ist, was Ihr meint“, schnitt Seraphina ihm ärgerlich das Wort ab. „Ich bin achtzehn Jahre alt und weiß, wie ich mich als Dame aufzuführen habe.“
„Wirklich?“, fragte Heywood gedehnt und ließ seinen Blick über ihre zarte Gestalt wandern. „Habt Ihr Euch eigentlich kürzlich einmal im Spiegel besehen?“
Instinktiv griff Seraphina an ihr goldglänzendes Haar. Wie befürchtet, hatten sich dicke Strähnen aus dem schwarzsilbernen Haarnetz gelöst. Sie murmelte leise Verwünschungen und tastete nach den Nadeln, die die Haare am Hinterkopf unter dem Netz zusammenhalten sollten.
Einen Augenblick beobachtete der Earl ihre Bemühungen mit einem unergründlichen Blick. Dann sagte er, halb erbost und halb amüsiert: „Kommt, lasst es mich einmal versuchen.“
Seraphina ließ willenlos die Hände sinken, als Heywood ihr vorsichtig das Haar aus der Stirn strich, und stand regungslos im Banne seiner spürbaren Nähe. Seit Tagen waren sie zum ersten Male wieder allein miteinander, und nichts konnte ihn davon abhalten, sie in die Arme zu nehmen und zu küssen, wie er es in Mayfield getan hatte.
Seraphina schluckte krampfhaft, um der plötzlichen Trockenheit in ihrer Kehle Herr zu werden, und erschrak vor den unzüchtigen Gedanken, die sie ergriffen. Sie schloss die Augen, um dem Anblick seines sinnlichen Mundes zu entgehen, der so nahe dem ihren war. Aber damit machte sie es nur schlimmer, da jetzt andere unendlich viel verwirrendere Bilder durch ihren Sinn zogen, während die zarten Berührungen durch seine Hände die Spannung in ihrem Körper bis ins Unerträgliche zu steigern schien. Unwillkürlich zuckte sie zurück, als Heywoods von zahllosen Übungen in der Stechbahn rau und hart gewordene Handfläche ihren Hals streifte.
„Habe ich Euch wehgetan?“, fragte er und hielt in seiner Tätigkeit inne. „Ich wollte Euch das Haar nicht zausen.“
„Ja“, log Seraphina mit gesenktem Blick, denn wenn sie ihn angesehen hätte, würde er bemerkt haben, was in ihr vorging. Doch um keinen Preis wollte sie sich wiederum zum Narren machen und ihm etwas aufdrängen, was er nicht wünschte. „Ich würde mich lieber von dem Küchenjungen frisieren lassen als von Euch!“
„Lügnerin!“
Seraphina riss die grünen Augen auf. „Was soll das heißen?“
„Ihr wisst es schon.“ Der Earl lächelte unbefangen. „Nun dreht Euch um und haltet still.“
Wütend tat Seraphina, wie ihr geheißen ward. Er wusste alles, verdammter Kerl, er wusste alles, und er lachte über sie und behandelte sie schon wieder wie ein Kind. Als Heywood ihren Nacken berührte, um das Haar wieder unter das Netz zu schieben, riss sie mit einem Ruck den Kopf zur Seite.
„Teufel noch einmal!“, schimpfte der Earl. „Ich sagte, haltet still. Es wäre wahrscheinlich einfacher, eine Wolke an der Erde festzustecken, als dieses Zeug hier. Meine Finger sind schon ganz zerstochen von den Nadeln.“
„Wie
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