HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
hier oft etwas sagen, was sie gar nicht meinen. Ich hatte nicht die Absicht, Euch zu kränken.“
„Das habt Ihr auch nicht getan“, widersprach Seraphina hastig wider besseres Wissen. Als der Earl zweifelnd die Brauen hob, senkte sie den Blick auf den Teller. „Es ist nur … nur, dass Edmund an Grace nie einen Fehler finden konnte, während er bei mir so viele feststellte …“ Sie lachte nervös. „Und wahrscheinlich hatte er sogar recht.“
„Ich verstehe.“ Heywood verzog den Mund. „Und dennoch behauptet Ihr, dass sie Euch nicht zuwider ist.“
„Es war ja nicht ihre Schuld. Dass die beiden sich mochten, war doch ganz natürlich. Wenn er sie nicht in sein Haus genommen hätte, als ihre Eltern gestorben waren, hätte sie ins Armenhaus gemusst, denn sie hatte nichts als Schulden geerbt.“
„Und war sie denn auch gebührend dankbar?“, fragte der Earl spöttisch.
„Nein! Es war ganz anders …“, entgegnete Seraphina entsetzt. „Sie waren mehr wie Zwillinge denn wie Vetter und Base. Sie glichen sich im Aussehen, im Geschmack, in ihrem Glauben. Wenn sie ihre Kleider getauscht hätten, würde es Euch – mit Ausnahme ihrer Größe – schwergefallen sein, einen Unterschied festzustellen.“
„Zwillinge! Beim Himmel! Was bin ich für ein Hohlkopf gewesen!“ Verwirrt blickte Seraphina den Earl an, als dieser so unvermittelt und heftig aufsprang, dass er um ein Haar seinen Stuhl umgerissen hätte. „Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich Euch jetzt wieder in Euer Zimmer geleite? Mir ist gerade eben eine Verabredung eingefallen …“
„Natürlich nicht …“, erwiderte sie verwundert, als Heywood sie bei der Hand nahm und in den Korridor hinauszog. „Ich danke Euch für die Bewirtung.“
„Ich bin es, der für Eure Gesellschaft zu danken hat.“ Der Earl lächelte sie offen und beinahe sorglos an und sah dadurch kaum älter aus als sie selbst.
„Oh, n… nein …“, stammelte Seraphina und fragte sich dabei, ob sie wohl jemals unempfindlich werden würde gegen sein Lächeln, seine Berührung, seine Stimme. „Das ist doch nicht nötig.“
„Ist es nicht?“ Er lachte überschwänglich, fasste sie um ihre schmale Taille, hob sie empor und schwang sie herum, bis sie hilflos zu lachen begann, ohne im Geringsten zu wissen, worüber. Sie war sich nur bewusst, dass sich plötzlich irgendetwas zwischen ihnen verändert hatte, und zwar zum Guten. Und wenn er glücklich war, dann war sie es auch.
Seraphina lachte immer noch, als Heywood sie langsam an seinem Körper hinabgleiten ließ und plötzlich, als ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren, damit innehielt. Ihr Lachen erstarb, als sie sich Auge in Auge gegenüber waren, und wie selbstverständlich hob sie ihre Hände, umfasste sein Gesicht und berührte mit dem Mund seine festen brennenden Lippen.
Heywood erstarrte, holte tief Luft, stellte Seraphina fast grob auf den Boden und hielt sie auf Armeslänge von sich entfernt.
„Ich bitte um Verzeihung“, sagte sie steif. Ein Mann darf eine Frau küssen, aber eine anständige Frau nimmt sich wohl niemals so etwas heraus. „Ich wollte das nicht. Nun haltet Ihr mich wahrscheinlich für aufdringlich.“
Der Earl schwieg sekundenlang, die Augen von den Lidern bedeckt. „Ich dachte nur, dass Ihr Besseres verdientet, als …“
„… als dich. Da kann ich nur voll und ganz zustimmen, Richard.“ Eine männliche Stimme erklang plötzlich hinter den beiden. „Du solltest mich jetzt ganz schnell vorstellen, damit ich mich nicht entschließe, es deiner Verlobten zu hinterbringen.“
Der Earl ließ seine Hände auf Seraphinas Taille ruhen und wandte sich ohne Eile einem urplötzlich in dem dunklen Gang aufgetauchten hochgewachsenen, dunkelhaarigen Manne zu, der ihn mit einem etwas hämischen Grinsen anblickte. „Ich sollte lieber sagen, Robin“, bemerkte er lässig, „dass dies hier meine Verlobte, Lady Sherard, ist.“
„Pardon, Mylady.“ Der Fremde hatte sich rasch von seiner Überraschung erholt und machte eine schwungvolle Verbeugung. „Lord Dudley, zu Euern Diensten.“
„Ich bin erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Mylord“, erwiderte Seraphina und wunderte sich, dass ihre Stimme so kühl klingen konnte, während ihre Wangen wie Feuer brannten. Bei ihrem staubbedeckten Gewand und dem unordentlichen Haar war es kein Wunder, dass der Lord sie offensichtlich für ein Kammermädchen gehalten hatte – und vielleicht hatte er sogar gesehen, wie sie Heywood küsste … Sie stöhnte
Weitere Kostenlose Bücher