HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
unhörbar.
„Ganz meinerseits, Mylady.“ Dudley musterte sie mit einem offenen, bewundernden Blick. „Ich hatte mich schon gefragt, was Richards so plötzliche Veränderung in Bezug auf seine Einstellung zur Ehe bewirkt haben mochte. Noch vor zwei oder drei Wochen hatte er sämtliche heiligen Eide geschworen, dass er niemals wieder heiraten würde …“
„Robin“, unterbrach ihn der Earl und warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu. „Wenn du uns jetzt entschuldigen würdest. Wir sind in Eile.“
„Das habe ich bemerkt.“ Robin Dudley lächelte vielsagend, und Seraphinas Verwirrung schien sich dabei zu vertausendfachen. Es war unübersehbar, dass der Lord annahm, sie seien so in Eile, um endlich in ein Schlafzimmer zu kommen. „Lady Sherard“, er nickte ihr grüßend zu. „Ich hoffe, wir werden uns bald wiedersehen.“
„Gewiss.“ Seraphina gelang es, liebenswürdig zu lächeln. Doch als Robert Dudley hinter einer Biegung des getäfelten Ganges verschwunden war, hob sie den Blick zu Heywood. „Er hat gedacht …“
„Das hat überhaupt nichts zu sagen“, beruhigte sie dieser. „Robin ist mein Freund. Er wird nicht plaudern, denn er weiß, dass er ansonsten meine Fäuste zu spüren bekommt.“
„Aber Ihr habt doch eben gesagt, dass Ihr Freunde seid.“
Der Earl lachte. „Das ist richtig. Aber wir haben uns auch schon des Öfteren entzweit … wegen einer Frau.“
„Er ist doch aber verheiratet … oder nicht?“
„Was glaubt Ihr, welchen Unterschied das macht?“ Heywood lächelte spöttisch. „Männer nehmen sich eine Ehegemahlin um ihres Vorteils willen. Ihr Vergnügen suchen sie anderswo.“
„Ich danke Euch, dass Ihr mich daran erinnert habt“, entgegnete Seraphina kurz. „Ich lief bereits Gefahr, diese Tatsache zu vergessen.“
Heywoods Züge entspannten sich, als er auf Seraphina herabblickte. „Wenn es Euch ein Trost ist, auch mir ging es im Augenblick nicht anders. Doch nun kommt, es ist sozusagen höchste Zeit für mich.“
Im Augenblick! Seraphina wusste nicht, ob sie lachen sollte oder weinen, als der Earl wieder ihre Hand ergriff und sie den langen Korridor entlang hinter sich herzog.
8. KAPITEL
Sieben Tage später lehnte der Earl of Heywood müßig an den sonnenwarmen Ziegelsteinen einer Mauer, die die Schmalseite eines kleinen Hofes abschloss. Wenn man sich an einer windgeschützten Stelle befand, war es beinahe so lau wie im Frühling. Kaum zu glauben, dass heute das Christfest gefeiert wurde.
Heywood verzog die Lippen zu einem ironischen Lächeln. Selbst das Wetter schien sich zu bemühen, Elizabeth Tudor wohlgefällig zu sein. Gemächlich verlagerte er das Gewicht von einem Bein auf das andere und blickte zur Sonne empor. Es war beinahe Mittagszeit. Wo zum Teufel blieb Cecil? Wenn er noch länger hier herumstand, versäumte er die Gelegenheit, seine Beziehungen zu Grace Morrison weiter voranzubringen. Der Earl streckte sich und ging langsam auf eine halb offene Tür an der gegenüberliegenden Seite des Hofes zu.
Seraphina stieß eine schwere Eichentür auf und verbiss sich eine Verwünschung, als sie dahinter wieder nur eine steinerne Wendeltreppe vorfand, die zu einem kleinen, von Mauern und Hauswänden umgebenen Hof führte. Die Gebäude, die den Palast von Whitehall bildeten, erstreckten sich über ein Gelände von mehr als dreiundzwanzig Morgen, und sie konnte schwören, dass sie in der letzten halben Stunde die meisten von ihnen durchquert hatte. Offensichtlich hatte sie sich hoffnungslos verlaufen. Unter diesen Umständen würde es Nachmittag werden, bevor sie den Weg zum Stallhof gefunden hatte. Unsicher blieb sie stehen und wusste nicht, ob sie weitergehen oder lieber umkehren sollte, als ihr Blick auf eine Gestalt am anderen Ende des Hofes fiel. Der Earl! Selbst an seiner Rückansicht konnte sie ihn sofort erkennen.
Seraphina raffte die weiten schwarzen Röcke ihres Gewandes und sprang die Stufen hinunter, immer zwei auf einmal.
Unbewusst zögerte Heywood noch einmal, als er den Torbogen erreicht hatte, warf einen Blick zurück und erstarrte entsetzt, als er Seraphina die steile Treppe in so waghalsiger Geschwindigkeit hinunterhasten sah, dass sich ihre schlanken Beine in hellen Seidenstrümpfen gegen die dunklen Röcke abhoben. Er zerbiss einen Fluch auf den Lippen und rannte los.
Im selben Augenblick wie seine Verlobte erreichte auch er den Fuß der Treppe. Seraphina nahm in Windeseile die letzte Stufe und rutschte bei dem vergeblichen Versuch,
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