HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
ihrer Gefühle empfand. „Oh, da besteht keine Gefahr, glaube mir, mein Freund. Mein Herz liegt bei meinem Gemahl im Grab. Ich werde nicht vergessen, dass dieser teuflisch gut aussehende Ritter genau der Krieger gewesen sein könnte, der meinen chevalier getötet hat.“
„Wie Ihr meint, Madame.“ Es war deutlich, dass sie ihn nicht überzeugt hatte, aber als bloßer Diener wollte er vorerst nicht mehr dazu sagen.
„Und jetzt entferne dich, ich wollte gerade beten.“ Sie kehrte Gilles den Rücken zu und kniete nieder.
Die Rangordnung schrieb vor, dass Sir Adam und seine Begleiterin an einem der langen Bocktische unter anderen Rittern zu sitzen hatten und nicht an der erhöhten Tafel des Königs mit dem Duke of Clarence, den Earls of Salisbury, Huntington und Warwick, sowie anderen Adligen von hohem Rang. Dennoch bemerkte Elise sehr wohl das erfreute Lächeln, mit dem Henry Sir Adam bedachte, als er durch den Saal zu seinem Platz auf dem Podest schritt.
„Der König scheint … viel von Euch zu halten“, tastete Elise sich vorsichtig vor.
Sir Adam machte eine abweisende Handbewegung, und seine Augen verrieten nichts. „Er hat mich ermuntert zu heiraten. Und es ist besser zu heiraten, als unangenehm aufzufallen.“
„Aber er selbst ist nicht verheiratet“, wandte Elise ein, als die Diener riesige Platten mit gebratenen Hühnchen, viande royal und Rindfleisch brachten.
„Er wartet auf Cathérine de Valois.“ Adam legte mehrere besonders gute Fleischstücke auf ihren Teller und schenkte Muskateller in den Weinbecher, den sie miteinander teilten.
„Er muss erst Frankreich erobern, bevor er sie haben kann“, beharrte sie, bevor ihr bewusst wurde, wie streitsüchtig sie klang.
Adam war nicht gekränkt, sondern nickte zustimmend, während er mit seinem Messer zwei Scheiben von dem Brotlaib herunterschnitt. „Das wird er tun – letzten Endes. Er weiß es, und die Valois wissen es auch. Weshalb würden sie sonst ihre Prinzessin unvermählt lassen? Sie wird zum Gegenstand des Handels der Franzosen, wenn alles andere verloren ist.“
„Wie traurig für die Prinzessin zu wissen, dass das ihr Schicksal ist.“
Sir Adam blickte sie merkwürdig an. „Es ist kein ungewöhnliches Schicksal für eine Prinzessin, so ist es doch? Und gewisslich ist es eher ein Segen als traurig, zwischen zwei Nationen den Frieden besiegeln zu können. Ich möchte wetten, dass Prinzessin Cathérine sich über die Aussicht, einen so gut aussehenden König zu ehelichen, nicht grämt.“ Er blickte zum Podest hin, wo Henry in prachtvoller königlicher Gewandung saß.
„Aber sie muss noch warten – vielleicht jahrelang“, gab Elise zu bedenken.
„Manches wird noch schöner durch das Warten“, entgegnete er und blickte ihr tief in die Augen.
Etwas in ihr regte sich bei diesen Worten und wärmte sie mehr als der süße Wein, von dem sie genippt hatte. Um ihre Verwirrung zu verbergen, wandte sie sich ein wenig ab und musterte die Paare ringsum.
Gegenüber von Elise und Adam saß Thérèse Montelieu, eine Witwe, die etwas älter war als Elise und mit ihr die Schlafzelle teilte. Thérèse wirkte sehr zufrieden mit dem untersetzten Ritter, der sich sehr um sie bemühte. Weiter unten am Tisch saß eine schwarzhaarige Frau, die Elise nur als Angélique kannte. Sie trug ein Kleid, das ihr ausgezeichnet stand und von einer der Damen ausgeliehen war. Angélique hatte sich einen sehr freundlichen Edelmann eingefangen, der ein milchiges Auge hatte und wie gebannt auf den üppigen Busen der von ihm auserwählten Frau starrte.
Elise lächelte und hoffte, der Engländer würde nicht schon vor der Hochzeit erfahren, dass Angélique eine von Caens erfolgreicheren Huren gewesen war. Die Französinnen im Kloster hatten ein Abkommen geschlossen, Angéliques frühere Tätigkeit nicht zu enthüllen, und es sah so aus, als würden alle ihr Versprechen halten, obgleich sie von Zeit zu Zeit amüsierte Blicke mit dem Mädchen wechselten. Es geschieht ihm recht, wenn sie ihn mit einer üblen Krankheit ansteckt, dachte Elise schadenfroh.
Sogar die beiden Frauen, die entschlossen gewesen waren, den Schleier zu nehmen, schienen es sich anders überlegt zu haben, denn sie saßen jetzt mit Engländern zusammen.
Sinnliche Begierde lag fast greifbar in der Luft. Wohin Elise auch sah, überall wurden heimliche Blicke und Küsschen ausgetauscht, und manchen Mienen entnahm sie, dass mehr als nur einige dieser Paare noch in dieser Nacht die Ehe im Voraus
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