HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
eilten umher und legten weiße Tischtücher und Silbergeschirr auf, das von St. Stephen herübergeschafft worden war. Offenbar unbekümmert, dass ihre Anwesenheit die Arbeit der Lakaien behinderte, schlenderten Lords, Ritter und französische Damen durch die Gänge zwischen den Tischen. Das Stimmengewirr war längst zu hören, bevor Adam den großen Saal erreichte. Er blieb am Eingang stehen und sah sich um. Wohin er auch blickte, überall unterhielten sich Männer mit Frauen, lächelten, zwinkerten, scherzten und schäkerten, und manche hielten sich bereits an den Händen und sprachen nur mit den Augen. Anscheinend war der Krieg zwischen Frankreich und England kein Hindernis, zarte Bande zu knüpfen.
Nachdem er bereits auf dem Korridor jedes Paar, das ihm begegnete, genau betrachtet hatte, wanderte sein Blick jetzt ruhelos durch den Saal auf der Suche nach der kupferhaarigen Französin, aber er konnte sie nicht finden. Vielleicht hatte sie sich zu dem niederen Volk im Klosterhof gesellt, wo ebenfalls Tische aufgestellt worden waren?
Er entließ Harry mit einer strengen Ermahnung, sich aus Schwierigkeiten herauszuhalten und keiner französischen demoiselle Versprechungen zu machen, die er nicht halten konnte, dann kehrte er um und ging hinaus in den Hofgarten. Auch hier hatte er jedoch kein Glück.
Adam sagte sich, dass Elise de Vire ihm die Entscheidung abgenommen hatte. Ob sie nun die Stadt verlassen oder festgestellt hatte, dass es für sie noch andere Möglichkeiten innerhalb der Mauern von Caen gab, war für ihn nicht von Bedeutung. Er würde in den Saal zurückkehren, sich die verfügbaren Damen passender Herkunft anschauen – und die ganze Angelegenheit vergessen, wenn ihm keine gefiel. Was konnte der König schon tun? Ihn wegen Verrats verurteilen, weil er sich geweigert hatte, eine Vernunftehe einzugehen?
Es wäre ihm nicht möglich gewesen zu erklären, wie es kam, dass er plötzlich die Äbtissin höchstpersönlich fragte, ob sie wisse, wo er Madame de Vire finden könne.
Elise kniete vor dem Altar der Marienkapelle. Dem trotzigen Ausdruck nach zu urteilen, den Adam auf ihrem Gesicht sah, bevor er ihr seine Anwesenheit kundtat, betete sie jedoch nicht, obgleich ihr Blick auf die Heilige Jungfrau gerichtet war. Er hüstelte.
„Oh! Ihr seid es! Ihr dürftet nicht hier sein … Das ist der Bereich der Nonnen und für Gäste nicht zugänglich …“ Adam hob beschwichtigend die Hand, als Elise aufsprang.
„Macht Euch deswegen keine Sorgen, Madame. Ich bin mit Wissen und Erlaubnis der Mutter Äbtissin hier. Sie sagte mir, ich könnte Euch vielleicht hier finden.“
„Oh … ich verstehe.“ Sie senkte ihren Blick, um seinem forschenden Blick zu entgehen, und starrte auf ihre ineinander verkrampften Hände.
„Ihr nehmt nicht an dem Bankett teil?“, fragte er schließlich.
„Doch … ich wollte nachher dorthin zurückgehen. Es war nur so laut … Und überall taten sich Männer und Frauen zusammen, um zu heiraten, so als würden sie sich Partner zum Tanz wählen … oder als würde morgen die Posaune zum Jüngsten Gericht ertönen.“ Sie machte eine Handbewegung, wie um anzudeuten, wie diese ganze Atmosphäre auf sie gewirkt hatte. „Ich musste einfach für einen Augenblick all dem entkommen.“ Wie sollte sie ihm erklären, dass sie nur lange genug hatte flüchten wollen, um ihm Zeit zu geben zu erscheinen – falls er überhaupt zu dem Bankett kommen würde. Erst als sie den ersten Engländer auf sich zukommen sah, war Elise bewusst geworden, wie sehr sie sich erhofft hatte, von Sir Adam Saker erwählt zu werden. Und dabei wusste sie nicht einmal, ob er bereits verheiratet oder anverlobt war!
„Es geht dort oben wirklich zu wie in einem Tollhaus“, gab Adam zu und fühlte sich außerordentlich erleichtert, sie in der Kapelle gefunden zu haben. „Ihr … Ihr seht ganz bezaubernd aus, Madame.“
Es war die reine Wahrheit. Sie trug ein pfauenblaues Gewand, das hoch gegürtet war. Die langen, nach unten zu immer weiter geschnittenen Ärmel waren an den Handgelenken zurückgeschlagen und gaben den Blick frei auf enge Ärmel aus cremefarbener Seide, die bis zu den Ellenbogen mit kleinen Silberknöpfen besetzt waren. Ein herzförmiger Kopfputz mit einem zarten Netzschleier verbarg bis auf einige vorwitzige Löckchen ihr kupfernes Haar. Adam fragte sich, weshalb die gegenwärtige Mode von den Frauen verlangte, ihr Haar zu verbergen, da es doch eines ihrer reizvollsten Attribute
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