HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Neffen nicht einen Bastard genannt habt. Es ist ein so hässliches Wort für ein unschuldiges Kind.“
Elise zuckte mit den Schultern in französischem Gleichmut. „Was ist mit Euch, Mon … Adam? Erzählt mir von Eurem Leben. Wie war es, bevor Ihr mit König Henry nach Frankreich kamt?“
„Ich versichere Euch, da gibt es nicht viel zu erzählen. Mit einundzwanzig wurde ich zusammen mit einigen anderen anlässlich der Krönung des Königs zum Ritter geschlagen und trat in die Dienste von Thomas, Duke of Clarence. Er selbst nahm nicht an der Schlacht von Agincourt teil, hat aber die meisten seiner Vasallen hingeschickt.“
Deutlicher mochte er sich offenbar nicht äußern und geradeheraus zugeben, dass er dort gewesen war. Also konnte er doch derjenige gewesen sein, der für Aimeris Tod verantwortlich war, sagte Elise sich und missachtete hartnäckig die innere Stimme, die sie daran erinnerte, dass es Waffenknechte gewesen waren und keine Ritter, die ohne Rücksicht auf ritterliche Regeln Edelmänner aus ihren Sätteln gezerrt und erschlagen hatten.
Als spürte er, in welche Richtung ihre Gedanken schweiften, räusperte Adam sich. „Und was ist mit Euch? Ich weiß, dass Ihr eine Witwe seid mit einem Schwager, für den Ihr keine Zuneigung habt, aber sonst weiß ich nur wenig. Gibt es niemand sonst, den es kümmert, dass Ihr verwitwet wart und jetzt einen englischen Gatten habt?“
Nur der letzte spöttische Satz verhinderte, dass seine Worte so teilnahmsvoll klangen, dass sie beinahe in Tränen ausgebrochen wäre. Gewappnet durch seinen Spott, erwiderte sie: „Nur einen Bruder, der im Heer des Herzogs von Burgund dient. Wir stehen uns nicht nahe, sodass … seine Meinung nicht zählt. Mein Vater, ein Bürger von Paris, und seine Hausfrau starben vor zehn Jahren.“
„Also seid Ihr ganz allein.“
Abgesehen von mir , würde er gleich sagen – sie hoffte jedenfalls, dass er das sagen würde. Und wenn meine Familie Euch kennenlernt, werden Euch alle auch lieben . Auch das hätte sie gern gehört, aber er sagte nichts dergleichen, sondern fuhr lediglich fort, sie anzusehen.
Sie ertrank in den Tiefen seiner dunkelbraunen Augen, die im flackernden Kerzenlicht schwarz wirkten, und es war ihr nicht möglich, ihren Blick abzuwenden. Sir Adams Nasenflügel weiteten sich, und eine Ader pulsierte auf seiner Stirn, während sie einander in die Augen sahen.
Ich liebe ihn, erkannte Elise in dem Augenblick, bevor Adam fortblickte. Sie war mit diesem großen, dunkelhaarigen Engländer, diesem stattlichen Ritter, verheiratet, und heute Nacht würde sie mit ihm das Hochzeitsbett teilen. Plötzlich hatte sie gar nichts mehr dagegen, im Gegenteil, sie konnte es kaum erwarten. Ihr Herz schlug schneller, und ihre Lippen öffneten sich in einem Lächeln. Denn trotz der geheimen Gründe, die sie dazu bewogen hatten, einen Feind zu ehelichen, und ihrem Verlangen nach Rache, hatte sie sich in Adam Saker verliebt.
Beiden wurde im selben Augenblick bewusst, dass der andere fertig gegessen hatte – tatsächlich schon seit einiger Zeit sein Mahl beendet hatte.
„Ich glaube, wir sollten uns jetzt zurückziehen, Madame“, sagte Adam zu ihr. „Da wir morgen schon aufbrechen müssen, brauchen wir unsere Nachtruhe.“ Er erhob sich, blies die Wandleuchten aus und ließ nur die Stundenkerze brennen, sodass der Raum in Schatten getaucht wurde.
Elise stand ebenfalls auf, etwas unsicher, was nun zu tun war.
„Kommt, ich werde Eure Kammerjungfer spielen, da ihr keine Leibmagd habt“, erklärte er und bedeutete ihr, sich umzudrehen, sodass er ihr Gewand öffnen konnte. „Ich hoffe, es macht Euch nichts aus, dass keine Bett-Zeremonie stattfindet.“
„Nein“, entgegnete Elise mit einem Lachen, und Hitze strömte durch ihre Adern, als hätte sie starken Wein getrunken. „Einmal dieser ganze Unsinn war genug.“ Sie erinnerte sich noch gut an die betrunkenen Gäste bei der Hochzeit auf Château de Vire und ihre derben Bemerkungen, als sie ihren beschwipsten Bräutigam zum blütenbestreuten Bett brachten. Und sie erinnerte sich noch gut an ihre Verlegenheit, als die Bettdecke weggezogen wurde und Aimeris nackter Schenkel an ihrem Bein sichtbar wurde. Am nächsten Morgen war dann stolz das befleckte Betttuch, der Beweis ihrer verlorenen Jungfräulichkeit, herumgezeigt worden. Es hatte doch einige Vorteile, eine Witwe zu sein.
Schweigen folgte Elises Bemerkung, und sie fragte sich, ob es richtig gewesen war, ihn daran zu erinnern,
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