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HISTORICAL EXCLUSIV Band 23

HISTORICAL EXCLUSIV Band 23

Titel: HISTORICAL EXCLUSIV Band 23 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARIE-LOUISE HALL LAURIE GRANT
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zu verfolgen.
    Also war der flüchtende Mann ein Dieb, einer der vielen pauvres compagnons , wie sie genannt wurden. Zweifellos hatte er Nahrungsmittel gestohlen. Elise sprach rasch ein Gebet für den jungen Mann, dass er seinen Verfolgern entkommen möge. Er war flink genug auf den Beinen, aber der Schnee würde seine Spur verraten.
    Die Kanonen waren für den Augenblick verstummt, und so horchte Elise auf die Geräusche im Wald. Wie eine Meute von Hunden sind sie hinter ihm her, dachte Elise erbittert.
    Dann wurde der Lärm noch lauter, anstatt dass er in der Ferne verklang, und kam vom Fuße des Hügels unten am eisigen Fluss. Sie hatten ihn gefangen! Elise wurde schwer ums Herz vor Angst. Sie ergriff ihr wollenes Tuch und rannte in die Richtung des Geschreis. Bald war sie ein Teil einer Menge von Menschen, die den Hügel hinunterrannte.
    „Kommt, da wird gleich einer gehängt!“, rief ein Waffenknecht schadenfroh einigen Gefährten zu. „Sie haben einen Franzosen gefasst, der in unserem Vorratslager geplündert hat!“
    „Was … was heißt das? Was wird geschehen?“ Elise fasste den Mann am Arm ungeachtet der Gefahr, in die ihr starker französischer Akzent sie brachte.
    „Es wird einer aufgeknüpft! So …“ Er hob eine geballte Faust über seinen Hinterkopf, streckte die Zunge heraus und verdrehte die Augen, als würde er ersticken. „Sie haben einen Dieb gefasst!“ Ein Glück für Elise, dass er wegen der bevorstehenden Hinrichtung zu aufgeregt war, um die um Auskunft bittende Französin zu schmähen.
    Mit vor Wut und Angst hämmerndem Herzen rannte Elise ihm nach durch den Schnee. Der Dieb stand unten am teilweise zugefrorenen Fluss. Sein keuchender Atem bildete Dampfwölkchen in der kalten Luft, seine Stirn war schweißgebadet, sein Blick voller Trotz. Er konnte nirgendwohin mehr laufen. In seinem Rücken, am gegenüberliegenden Ufer, standen zwei Bogenschützen mit eingelegten Pfeilen, bereit, ihn zu erschießen, und vor ihm richteten sich drei blanke Schwerter auf ihn, bereit, ihn zu durchbohren, sollte er wählen, auf diese Weise zu sterben.
    Denn sterben würde er, so schien es.
    Ein englischer Soldat hatte schon einen Henkersknoten in einen Strick geknüpft und stand bereit, die Schlinge um den Hals des Räubers zu legen. Ganz in der Nähe war eine Eiche mit einem kräftigen Ast, der hoch genug war, um den Dieb zu hängen.
    Waffenknechte näherten sich von allen Seiten, um den Mann festzuhalten, der sich wand und um sich schlug, um der Schlinge zu entgehen, als könnte er dadurch sein Schicksal aufhalten. Elise konnte sein Gesicht nicht sehen, da er immer noch die Kapuze trug, aber sie spürte sein Entsetzen so intensiv, als wäre sie selbst es, die hingerichtet werden sollte. Gleich würde es den Soldaten gelingen, ihm die Schlinge um den Hals zu legen, und dann würden sie das andere Ende des Stricks über den Ast werfen und ihn unter Beifall hochziehen.
    Einer der Soldaten, dem es nicht gelang, dem Mann die Schlinge über den Kopf zu werfen, riss ihm zumindest die Kapuze herunter, und einen Augenblick lang dachte Elise, sie würde ohnmächtig werden. Der einzige andere Mensch, den sie je mit solchem silberblonden Haar gesehen hatte – so blass, dass es fast weiß wirkte –, war ihr Bruder.
    „Jean!“, schrie sie und rannte zu ihm hin. Bei allen Heiligen, sollte sie mit ansehen, wie sie ihren Bruder hängten? Der Mann in der Mitte der drei Männer mit entblößten Schwertern war der Duke of Clarence, und Elise rief seinen Namen, als sie sich näherte. Sie hatte Thomas of Clarence nie leiden können, weil er sie stets so abschätzend beäugte und sich nie die Mühe machte, das begehrliche Funkeln in seinen Augen zu verbergen, aber daran durfte sie jetzt nicht denken.
    „Bitte, Euer Gnaden! Ich bitte um Gnade für ihn! Lasst ihn nicht töten!“
    Clarence blickte überrascht zu ihr hin. In seinen Augen leuchtete die blutdurstige Vorfreude, die manche Menschen empfinden, wenn die Aussicht besteht, den qualvollen Tod eines anderen beobachten zu können. In diesem Augenblick hasste Elise ihn, verbarg jedoch dieses Gefühl und konzentrierte sich darauf, das Leben des jungen Mannes zu retten, wenn irgend möglich.
    Der Mann war nicht Jean, trotz des gleichen weißblonden Haars, wie sie zu ihrer Erleichterung gesehen hatte, als sie an ihm vorbeilief. Er war noch ein Jüngling und ein halb verhungerter dazu. Es spielte jedoch keine Rolle mehr, dass es sich nicht um ihren Bruder handelte, als sie

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