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Historical Exclusiv Band 44

Historical Exclusiv Band 44

Titel: Historical Exclusiv Band 44 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blythe Gifford , Ana Seymour
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der winzigen Zelle um, in der sie voller Verzweiflung so lange ausgeharrt hatte. „Ich komme mit“, sagte sie.
    Erst im vorigen Frühjahr hatte der König ein offizielles Schreiben an den Bürgermeister und die Ratsherren gerichtet, in dem er vor den Gefahren gewarnt hatte, die sich daraus ergaben, wenn man in den engen Straßen der Stadt ein Holzhaus neben das andere baute. Brände waren an der Tagesordnung. Ein übersehenes eisernes Backbrett oder ein unvorsichtiger Seifensieder konnten innerhalb kürzester Zeit in den übervölkerten Stadtteilen „Cheapside“ oder „Cripplesgate“ großes Unheil und Leid verbreiten.
    So waren dunkle Rauchschwaden im stets gegenwärtigen Dunst der Stadt nicht ungewöhnlich. Aber als Anthony Sarah aus dem Gebäude hinausführte, in dem sie so viele Monate untergebracht worden war, war ihnen beiden klar, dass dieses Feuer schlimmer war als alle anderen Brände, die London je erlebt hatte.
    „Wir werden am besten zum Fluss hinuntergehen“, schlug Anthony vor. Seine Stimme klang gefasst, aber die Tatsache, dass er Sarah mit sich zog, ohne viel Rücksicht auf ihre geschwächten Beine zu nehmen, zeigte, dass er es eilig hatte.
    Er steuerte auf das alte „Traitor’s Gate“ zu. Es war erst vor Kurzem wieder geöffnet worden, um Baumaterial für die Renovierung des Towers hereinzubringen.
    „Könnt Ihr Euch vorstellen, wodurch diese Feuersbrunst ausgelöst wurde?“, fragte Sarah, während sie sich anstrengte, mit ihm Schritt zu halten.
    „Nein. Ich weiß es nicht. Ich habe auf dem Weg hierher ein paar kleinere Brände gesehen, aber nichts Ungewöhnliches. Jetzt aber scheint in ganz London die Hölle los zu sein.“
    Sie erreichten das Tor in der Nähe des Eingangs am Fluss. Das Gitter war weit geöffnet, ohne dass man eine Wache sehen konnte. „Vorwärts!“, rief Anthony. Er hatte gehofft, Sarah bis nach Kensington bringen zu können, wo er schon Zimmer in einem gemütlichen Gasthof gemietet hatte.
    Anthony hatte sich ausgemalt, dass sie sich beide auf einer wunderbaren Hochzeitsreise in einem der riesigen Federbetten des Gasthofs versöhnen würden. Er verfolgte diesen Plan immer noch, aber um ihn zu verwirklichen, galt es, zwei Hindernisse zu überwinden. Erst hieß es für sie, halb London, das sich durch die Katastrophe sicher völlig im Aufruhr befand, zu durchqueren. Und dann musste er Sarah davon überzeugen, ihm zu verzeihen und seine Frau zu werden.
    Im Augenblick wusste Anthony nicht, welches Hindernis ihm schwieriger erschien.
    Sie liefen zum Flussufer hinunter, auf dem sich Schiffe jeglicher Art befanden. Es hatte den Anschein, als ob die Bevölkerung Londons in Massen floh. Anthony forderte mehrere Leute auf vorbeifahrenden Booten auf, sie mitzunehmen, aber keiner beachtete ihn auch nur im Geringsten.
    Er wandte sich an einen wohlhabend aussehenden Herrn, der zum Ufer hinunterging und in jeder Hand eine schwere Tasche trug. Anthony packte ihn am Arm. „Verzeihung, Sir. Könnt Ihr mir sagen, wie es in der Stadt nach Norden hin aussieht?“
    Der Mann schüttelte den Kopf. „Es ist schlimm, unvorstellbar. Ich bin von der Pfarrei St. Bride gekommen, und sie ist praktisch zerstört.“
    „Wo genau ist der Brandherd?“, fragte Anthony. Er musste lauter sprechen, um die anwachsenden Schreie der in Panik geratenen Menschen zu übertönen.
    „Es hat sich oben in der ‚Pudding Lane‘ in der Mitte der Stadt entzündet, aber mittlerweile brennt es überall.“
    „Kann man den Osten durchqueren?“
    Der Mann legte seine Last auf den Boden und rieb sich die Hände. „Das weiß ich nicht, Sir. Aber wenn die Dame nicht gut zu Fuß ist, würde ich es lieber auf dem Wasser versuchen.“ Er nickte Sarah zu.
    Der Fremde nahm die Taschen wieder auf und hastete weiter. „Ich habe mich auf alle Fälle für den Fluss entschieden“, sagte er. „Selbst wenn ich bis zum Ärmelkanal schwimmen müsste.“
    Anthony blickte sich um. Nahezu hundert Menschen um sie herum schrien, um auf ein kleines Boot zu gelangen, das gerade vorbeiglitt. Der Herr hatte recht. Wenn ihre Wahl auf den Fluss fiel, müssten sie schwimmen.
    „Wir werden es erst zu Land versuchen“, rief er Sarah zu. Sie wirkte zu erschöpft, um eine Meinung zu äußern. Anthony hoffte, sie würde in der Lage sein weiterzugehen. Denn weit würden sie nicht kommen, wenn er sie tragen müsste.
    Mit einem Strom von Fliehenden erreichten sie „Moorfields“. Tagelöhner, Milchmädchen, Kesselflicker, Textilkaufleute,

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