Historical Exclusiv Band 44
werdet mit mir das Gefängnis verlassen. Noch heute.“
„Oh, gewiss. Ich spaziere einfach an den Wachen vorbei hinaus ins Freie? Als verurteilte Verbrecherin? Habt Ihr Euch das so vorgestellt, Mylord?“
Anthony atmete tief ein. Der alles entscheidende Augenblick war gekommen, und er hatte keine Ahnung, wie sie reagieren würde. „Nicht als Gefangene. Als meine Frau.“
Sie wurde bleich. „Eure Frau!“
Er griff nach ihrer Hand, aber sie riss sich von ihm los. Anthony schalt sich einen Narren. Vermutlich hätte er langsamer vorgehen sollen. „Ich habe gewusst, Ihr würdet dagegen sein, aber es ist die einzige Möglichkeit, Sarah. Heiratet mich, und Ihr könnt noch heute als freie Frau aus dem Tower gehen!“
Sie wich an die Wand zurück. Ihr Blick drückte Verachtung aus. „Lieber würde ich in der Hölle schmoren.“
Anthony wusste nicht, ob er sie durchschütteln oder küssen sollte. Oder beides. Es war ihm klar gewesen, dass es nicht leicht sein würde, sie von einer Heirat zu überzeugen. Nun sah er ein, dass es nahezu unmöglich sein würde. Darüber hinaus arbeiteten die Ankläger fleißig an ihrem Fall.
Er blieb ihm keine Zeit, in aller Ruhe um sie zu werben, bis sie allmählich Gefallen an dem Gedanken fand. Außerdem hatte er beschlossen, dass sie keine einzige Nacht mehr an diesem Ort verbringen sollte. Ich muss die Angelegenheit selbst in die Hand, sagte sich Anthony.
Er streckte die Arme entwaffnend nach oben, wobei er ihr die Handflächen zuwandte. „Denkt bitte darüber nach, Sarah!“, verlangte er leise und eindringlich. Er zwang sich, äußerlich ruhig zu wirken. „Wichtig ist für Euch, hier herauszukommen, bevor die Vertreter der Krone Beweise vor Gericht vorlegen können.“
„Ich habe Euch gebeten, mich in Ruhe zu lassen, Anthony.“ Mit überraschender Kraft schob sie ihn aus dem Weg und ging zur Tür. „Wärter!“, rief sie laut. Es kam keine Antwort von draußen.
Anthony stellte sich hinter sie und legte ihr die Hände auf die Schultern. „Sarah …“, begann er.
Unvermittelt wandte sie sich um und stieß ihn unsanft zur Seite.
„Nach Euren Drohungen wird er wahrscheinlich erst dann zurückkehren, wenn Ihr selbst nach ihm verlangt. Seid also bitte so freundlich!“ Sie machte eine vielsagende Geste zum vergitterten Fenster hin.
Mit einem Seufzer beugte sich Anthony zur Türöffnung vor und rief laut nach den Wachen. Immer noch kam keine Antwort. Er ging näher hin und packte die Gitterstäbe. Zu seiner Überraschung sprang die Tür auf. „Sie haben sie offen gelassen!“, meinte er erstaunt.
Argwöhnisch blickte Sarah ihn an. „Habt Ihr das ausgeheckt? Was ist das für ein Trick, Anthony? Ich verlasse diese Zelle auf keinen Fall.“
Anthony runzelte die Stirn. „Ich habe damit nichts zu tun. Das schwöre ich Euch. Vielleicht haben die Wachen einfach vergessen, wieder abzusperren. Ich werde mich erkundigen, was los ist.“
„Endlich ist er weg, mein Gott!“ Sarah schickte ein Stoßgebet zum Himmel, schleppte sich durch den Raum und sank erschöpft auf das Lager.
Anthony hielt noch einen Augenblick inne. „Ich werde zurückkommen, Sarah. Denkt über alles nach, was ich gesagt habe!“
Anthony öffnete die schwere Tür und verschwand. Im Laufe seiner Unterredung mit Sarah hatte sich seine Verzweiflung gelegt. Heiterkeit war an ihre Stelle getreten. Er hatte die Frau seines Herzens wiedergesehen und geküsst. Und obwohl sie offensichtlich unter ihrer Haft gelitten hatte, hatte sie kein bisschen von ihrer Energie verloren.
Anthony wollte Sarah sofort aus dem Tower bringen, ganz gleich, ob sie zustimmte oder nicht. Es musste doch hier irgendeinen Vikar geben, der die Vermählungszeremonie abhalten konnte. Nötigenfalls würde er sie gefesselt und geknebelt vor den Traualtar schleppen.
Die beiden Wachen, die ihn vorher durch das Labyrinth von Gängen geführt hatten, waren nirgends zu sehen, auch nicht der Wärter, der ihnen nachspioniert hatte. Anthony ging durch die stockdunkle Halle weiter zur Pechfackel am oberen Ende der Treppe.
Er konnte hören, wie sich in manchen Zellen etwas bewegte, aber es war keine einzige Wache da. Verwirrt lief er die Treppe zum Erdgeschoss hinunter. Niemand kam, um ihn aufzuhalten und zur Rede zu stellen.
Draußen auf dem Rasen vor dem Tower blickte er sich um und versuchte herauszufinden, in welchem Gebäude sich die Amtsstube des Gefängnisaufsehers befand. Er hatte den Mann schon einmal auf dem Hof getroffen und den Eindruck
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