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Historical Exclusiv Band 44

Historical Exclusiv Band 44

Titel: Historical Exclusiv Band 44 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blythe Gifford , Ana Seymour
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tückischen Krallen aus und zerkratzte ihm die Brust.
    Um nichts in der Welt hätte er erklären können, wieso die liebreizende Puritanerin innerhalb kürzester Zeit so wichtig für ihn geworden war. Vielleicht steckte Zauberkraft dahinter.
    Das Speisezimmer war dunkel und leer. Anthony seufzte. Einen Augenblick lang kam ihm das Mädchen Millie in den Sinn, das so einladend gelächelt hatte, doch er verdrängte den Gedanken. Er wollte auf die Geliebte seiner Träume warten.
    Der Tag verlief nicht so, wie Anthony es geplant hatte. Er hatte sich ausgemalt, dass er Sarah zu ein paar kleineren Botengängen in den Ort begleiten würde und sie sich dann bei einem schnellen Ritt durch die Heidelandschaft von Yorkshire vergnügen würden. Der Baron hatte schon vorsorglich eine Decke eingepackt, und seine Satteltaschen waren mit einer Flasche Wein und einigen Honigkuchen gefüllt. Und er hatte sich darauf gefreut, sein eigenes Pferd, das er Deception nannte, im Wettstreit gegen Sarahs herrlichen Hengst laufen zu lassen.
    Doch mittlerweile war der halbe Nachmittag schon vorbei, und sie hielten sich immer noch in Wiggleston auf. Sie hatten den Tag damit verbracht, Familien im ärmsten Viertel des Ortes zu besuchen. Sarahs eigenes Pferd war voll beladen gewesen mit den Dingen, die sie überbracht hatte – ein Ballen Stoff für eine müde blickende junge Frau, die jeden Moment ein Baby erwartete, eine Kanne Milch für eine achtköpfige Familie, die ihre einzige Kuh an die Steuereintreiber abgeben musste, einen streng riechenden Laib Käse für einen älteren Mann, dem es trotz mehrmaliger Versuche nicht gelang, aufzustehen, um sie zu begrüßen.
    „Das liegt nur am Winterwetter“, meinte er und lehnte Anthonys Hilfe ab.
    Nun befanden sie sich gerade in einer Hütte, die zwei kleine Räume hatte. Wohin Anthony in dem Dämmerlicht auch blickte, überall stand ein Kind, jedes in einer anderen Größe. Er erkannte den Jungen wieder, der nach der Verhaftung des Pastors in der Menge gestanden hatte.
    „Wo ist deine Mutter, Benjamin?“, fragte Sarah das Kind.
    „Mama ist auf das Landgut nach Wyeth gegangen und arbeitet dort in der Küche. Sie sagt, sie bezahlen ihr dafür einen Schilling die Woche.“
    „Und wer sorgt für euch Kinder?“
    „Ich und meine Schwester Nancy. Wir sind verantwortlich, hat sie gesagt.“
    Sarah runzelte die Stirn. „Wer von euch ist Nancy?“
    Ein Mädchen, das nicht viel größer war als Benjamin und ebenfalls einen braunen Haarschopf hatte, trat vor. Ihr Gesicht war vor Aufregung ganz rot.
    Sarah wandte sich freundlich an sie. „Wie alt bist du denn, Nancy?“
    Die Antwort kam so leise, dass Anthony sie kaum verstehen konnte. „Zehn, Mistress Fairfax.“
    „Und Benjamin?“
    Der Junge sprach für sich selbst. „Ich bin schon neun.“
    Sarah seufzte. „Ihr beide müsst gut auf eure Geschwister aufpassen, wisst ihr das?“
    „Ja, Mistress Fairfax“, antwortete Benjamin ganz ernst. Seine Schwester schwieg.
    Sarah zog ein Stück Metall aus der über die Schulter gehängten Ledertasche. „Ich habe dir das Eisen für eine Hacke mitgebracht, Benjamin. Wenn du es auf einem Holzstiel befestigst, kannst du das Gerät im Garten benutzen und damit leichter den Boden bearbeiten. Deine Mutter wird sehr stolz auf dich sein, wenn du im Sommer etwas Gemüse ernten kannst.“
    „Ich werde sehr viel Gemüse in meinen Beeten heranziehen, Mistress Sarah. Ich bin ab jetzt der Mann im Haus.“
    „Das weiß ich, Ben. Deine Mutter kann froh sein, dass sie dich hat.“
    Der Junge reckte stolz die Brust heraus. Er wirkte so noch viel jünger als neun Jahre.
    Sarah wandte sich zum Gehen. „Sag deiner Mutter, dass ich versuchen werde, diese Woche noch einmal bei euch vorbeizusehen.“
    Sie warf Anthony einen prüfenden Blick zu, der Schwierigkeiten hatte, bei seiner Größe nicht mit dem Kopf an dem Rutenflechtwerk des Daches anzustoßen. Er war im Verlaufe dieses Tages immer schweigsamer geworden, aber er hatte weder protestiert noch vorgeschlagen, dass es nun an der Zeit wäre, etwas unterhaltsamere Tätigkeiten zu unternehmen. Nun gut. Es würde ihm sicher nicht schaden, wenn er miterlebte, mit welchen Härten viele Untertanen seines geliebten Königs tagtäglich zu kämpfen hatten. Sie wünschte sich, dass jeder Würdenträger, der bereitwillig Geld für Kriegsschiffe und Waffen verschwendete, erst einmal die Nöte der Armen von Wiggleston erleben müsste.
    „Ist ihr Vater gestorben?“, fragte der Baron

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