Historical Exclusiv Band 44
Taubenpastete abservierten, fragte er: „Habe ich irgendetwas getan, was Euch beleidigt hat, Mistress Fairfax?“
Thomas Fairfax blickte überrascht auf den Baron und auf seine Nichte. Er hatte während des Mahls die Vorzüge der arabischen Pferderasse gegenüber der eher schwerfälligen britischen Zucht erörtert und Sarahs Benehmen bislang keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Sarah richtete sich kerzengerade auf. Der hochgeschlossene, enge Halskragen unterstrich ihre abweisende Haltung. Sie überlegte, ob sie eine verbindliche Antwort geben sollte. Doch nachdem sie diesen Tag zuerst mit dem entmutigten Pastor Hollander und dann damit verbracht hatte, Sheriff Jeffries, Captain Oliver Kempthorne und den Rechtsbeistand, Mr Montague, zum Handeln zu bewegen, war sie nicht mehr in der Stimmung, zu irgendjemand entgegenkommend zu sein, geschweige denn zu einem Getreuen des Königs.
„Ihr persönlich, Mylord, habt mir nichts Unrechtes zugefügt. Es ist die Regierung, die Ihr vertretet, über die ich mich ärgere. Man sagt immer, dass die edlen Hofleute des Königs die Kunst des romantischen Rittertums pflegen würden. Ist es denn mit den Tugenden eines Ritters vereinbar, das arme Landvolk um seinen hart erarbeiteten Lebensunterhalt zu bringen, nur damit sich Euer Stand in feinste Seide und Spitzen kleiden kann? Ist es gerecht, einen von Grund auf guten Mann in den Kerker zu werfen, nur weil er seinen Leuten helfen wollte, den strengen Winter zu überleben?“
Einen Augenblick herrschte unbehagliches Schweigen am Tisch. Dann erwiderte Sarahs Onkel: „Ihr zollt unserem Gast nicht den nötigen Respekt, Sarah. Lord Rutledge hat nichts mit den Steuern des Königs zu tun. Und Ihr könnt ihn sicherlich auch nicht für die Verhaftung des Pastors verantwortlich machen.“
Anthony sagte nichts. Ohne dass er es sich selbst hätte erklären können, fiel ihm plötzlich auf, was für unterschiedliche Frauen Sarah und seine Mutter waren. Bezaubernd, vor Lebendigkeit sprühend, doch völlig herzlos, das war seine Mutter. Unvorstellbar, dass sie jemals einen Gedanken an die Armen und Leidenden im englischen Volk während des Bürgerkriegs verschwendet hätte. Solange sie auf den Bällen und Abendgesellschaften, gekleidet in die elegantesten Pariser Roben, die Nächte durchtanzen konnte, war ihre Welt in Ordnung. Er vermutete, dass ihr Sinn für Anstandsformen sie wohl dazu gebracht hatte, bei der Nachricht über den Tod seines Vaters auf dem Schlachtfeld von Marston Moor einige Tränen zu vergießen. Er hatte jedoch keine echte Trauer gespürt.
„Tadelt Eure Nichte nicht, Sir Thomas. Ich finde es sehr anregend, wenn eine Frau eine eigene Meinung hat und sie auch mitteilt. Sie wäre in der erlauchten Gesellschaft eine höchst seltene Erscheinung.“
„Ich bin froh, Euch versichern zu dürfen, dass Ihr mich nie am Hofe von König Charles antreffen werdet.“ Sarah erhob sich und nickte kurz. „Wenn mich die Gentlemen bitte entschuldigen würden. Ich möchte mich zurückziehen. Bitte keine Umstände. Ich werde den Diener anweisen, noch Bier aufzutragen.“
Sie hatte schon die Tür hinter sich geschlossen, bevor Anthony die Möglichkeit hatte, sie zurückzuhalten. Mit ihrem Weggang schien ihm plötzlich alles uninteressant und öde.
„Ihr müsst Nachsicht mit meiner Nichte üben, Lord Rutledge. Sie hatte kein leichtes Leben, nachdem ihr Vater hingerichtet wurde. Ihr müsst wissen, dass sie als Kind die Enthauptung am Tower selbst mitverfolgt hat.“
„Das muss ein schreckliches Erlebnis für sie gewesen sein.“ Anthony empfand plötzlich eine ungeahnte Zuneigung bei der Vorstellung, wie die kleine Sarah dieses Ereignis hatte verkraften müssen. Ja, nun verstand er ihre Abneigung gegen den König und seinen Hofstaat leichter. Sie hatten ihr das Liebste auf Erden genommen und ihr einen furchtbaren, blutigen Weg in die Erwachsenenwelt gezeigt.
Er konnte davon nichts ungeschehen machen, aber er wollte ihr beweisen, dass nicht alle Anhänger des Königs von Grund auf schlechte Menschen waren. Und er hatte die Absicht, ihr die erfreulicheren, aufregenderen Seiten des Lebens zu vermitteln. Selbst heute Abend, als sie völlig verärgert und abweisend war, hatte er die Anziehungskraft, die zwischen ihnen wirkte, gespürt. Und er war sich sicher, dass sie es genauso fühlte. Er wollte ihr dabei helfen, ihren Zorn zu vergessen. Wenigstens für ein paar Stunden voller Leidenschaft.
„Bitte haltet mich nicht für unhöflich, Sir Thomas,
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