Historical Exklusiv Band 06
Bediensteten, die ihm beim Aufstehen helfen wollten, wie lästige Fliegen weg. Mit beiden Armen zog er sich an der Tischkante hoch und schlurfte auf Nick zu, um ihm die Hände auf die Schultern zu legen. Er überragte Nicholas um mehr als eine Handbreit, obwohl dieser größer war als die anderen Edlen bei Hofe.
"Du hast mir immer Anlass gegeben, stolz auf dich zu sein, mein Junge", hob der König an. "Ich brauche in Deal eine starke Hand, einen Mann voll Treue und Ergebenheit, wie du einer bist. Aber es gibt noch mehr für dich zu tun. Cromwell hat mir berichtet, dass eine Bande von Schmugglern dort mit den Franzosen schachert. Sieh dich um, wenn du am Ort bist. Schon in Friedenszeiten missfällt mir der Schmuggel, aber bei den jetzigen Feindseligkeiten können solche Verbindungen nach Frankreich sehr leicht für Verrat ausgenutzt werden. Die Franzosen werden es sich etwas kosten lassen, Näheres über die neuen Burganlagen zu erfahren. Entdecke die Schuldigen und mache sie unschädlich." Der König hob die schweren Schultern. "Es ist keine großartige Aufgabe, verglichen mit anderen. Du musst einfach nach den stämmigsten und skrupellosesten Burschen Ausschau halten. Als Schmuggler muss man kräftig rudern und viel schleppen können."
"Gewiss, Majestät." Nicks Stimme war klar, obwohl er die Ehre, die ihm der König hatte zuteil werden lassen, noch nicht fassen konnte.
Lord Lieutenant der Veste Deal! Der König hatte seinen besten Steinmetzmeister ausgesandt, um sie zu erbauen. Nun schickte er Nicholas Spencer, um das Kommando zu übernehmen! Und man gab ihm uneingeschränkte Macht zum Schutz seines geliebten Vaterlandes und seines Königs. Und nebenbei – in seinen freien Stunden – sollte er auch noch eine Schmugglerbande zerschlagen, ein Auftrag, der gewiss recht schnell zu erfüllen war. Der König würde bald merken, dass er den rechten Mann ausgeschickt hatte und keine Rede mehr sein konnte von geheimen Verbindungen der Untertanen in Deal zu den Franzosen.
Die königlichen Sekretäre kamen herbeigeeilt und überreichten Nick eine schriftliche Bevollmächtigung mit dem Siegel des Monarchen. Nicholas sicherte Heinrich zu, bereits am nächsten Tag mit einem königlichen Kriegsschiff in See zu stechen. Dann besprachen sie noch ein paar allgemeine Angelegenheiten und brachten schließlich gemeinsam einen Toast aus mit dem Lieblingswein Seiner Majestät, dem Malvasier.
"Auf deinen schnellen Erfolg und Englands ewigen Ruhm!"
"Auf Euern endgültigen Sieg, mein König! Nieder mit Euren Feinden und mit allen Schurken, die es wagen, heimlich Handel mit ihnen zu treiben!"
Heinrich wischte sich den Mund mit dem Rücken seiner großen Hand. Seine blauen Augen schauten Nick eindringlich an, der den Blick des Königs fest erwiderte. "Aber um ehrlich zu sein, Nick, ich würde am liebsten den Handel mit den verwünschten Franzosen wieder aufleben lassen. Dieser Wein hier und auch die anderen gallischen Importe fangen an, verdammt knapp zu werden. Ich kann es indes nicht zulassen, dass solches Schmugglergesindel den königlichen Zollanordnungen trotzt und das Zeug insgeheim heranschleppt, noch dazu, wenn das wenigste davon bis zu mir gelangt, außer dem, was meinen Zolleinnehmern in die Hände fällt."
Der König brach in lautes Gelächter aus und schlug derb auf Nicks Lederwams.
Zumindest, so dachte Nick, ist die gute Laune Henry Tudors nicht ebenso dahingeschwunden wie seine Gesundheit und die Frauen, die er geheiratet hat. Er verbeugte sich vor dem König. "Ich werde Euch nicht enttäuschen."
"Das hast du nie getan. Oh, mir fällt ein, du wirst nun wohl deine Hochzeit mit Lady Penelope etwas länger aufschieben müssen. Ein verrufenes kleines Nest mit fünfhundert Bauleuten und dreckigen Schmugglern, die nachts die Gegend unsicher machen, ist nichts für eine Frau."
Nick verneigte sich erneut und verließ rückwärts das Gemach. So schnell wie er gekommen war, entfernte er sich auch wieder von dem Schwarm der flüsternden Höflinge. Er gehörte nicht zu denjenigen, die es verstanden, durch geheime Machenschaften voranzukommen, noch konnte er den Geruch heimlicher Verschwörungen ertragen. Er war ein aufrechter Mann und verabscheute Intrigen.
Aber was ihn jetzt bedrückte, war die Tatsache, dass er keinen einzigen Gedanken an seine Braut verschwendet hatte, bis der König selbst sie zur Sprache brachte. Ebenso wie seine erste Ehe hatte der König diese Verbindung anbefohlen, und diesem Wunsch musste gehorcht
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