Historical Exklusiv Band 06
in den grün schimmernden Wogen verschwinden sah.
Mit aller Kraft zog er das lange Tau nach oben. Liam beugte sich weit über die Reling hinaus und erwischte den Jungen am Fuß.
"Ich habe ihn!" brüllte er.
Ohne abzuwarten, bis Charlie an Deck gezogen wurde, ließ James den Quermast los und sprang ins Wasser. Er sank wie ein Stein hinab, die Beine ausgestreckt, die Arme eng an den Körper gepresst.
Kurz darauf kam er prustend wieder an die Oberfläche. Über das Rauschen der Wellen hinweg hörte er Rufe und dann ein Platschen, das er sogleich als die Berührung eines der Rettungsboote mit der Wasseroberfläche identifizierte. Zum Glück hatte Liam keine Zeit verloren und das Boot gleich zu Wasser gelassen. Bei diesen Windverhältnissen würde die Phoenix einige Meilen zurücklegen, ehe sie beidrehen konnte – falls das überhaupt möglich war bei den starken Strömungen, für die die malaiische See berüchtigt war.
Aber er konnte sich jetzt nicht damit aufhalten, über die Strömungen nachzudenken. Er dachte nur daran, dass er Sarah finden musste. Mit kräftigen Schwimmzügen glitt er durchs Wasser. Salz brannte in seinen Augen, und der Sog zerrte an seinen Stiefeln. James betete nicht oft, aber als er Sarah jetzt mit dem Gesicht nach unten im Wasser treiben sah, murmelte er ein paar Dankesworte.
"Sarah!"
Eine Welle riss sie mit sich fort, und James stieß einen Fluch aus, während er noch schneller schwamm. Er erreichte sie mit weniger als einem Dutzend Zügen, packte mit festem Griff ihr Haar und zog ihr Gesicht nach oben.
Mühsam kämpfte er gegen die Wellen an, um sie beide über Wasser zu halten. Als er das Boot erreichte, brannten seine Lungen wie Feuer. Stöhnend stützte er sich auf das Boot, um den Rand nach unten zu ziehen, und rollte Sarah hinein. Dann schwang er sich selbst hinterher.
Das Boot schwankte, als er niederkniete und Sarah herumdrehte. Er wusste nicht, wie schwer sie bei dem Aufprall an den Schiffsrumpf verletzt worden war, daher wagte er nicht, das Salzwasser aus ihren Lungen zu pumpen. Zu seiner grenzenlosen Erleichterung hustete sie, stöhnte dann und hustete wieder. Zögernd öffnete sie die Augen. Sie starrte ihn einen Moment lang an, ohne ihn zu erkennen, dann schien sie zu erstarren.
"Charlie!" stöhnte sie und packte ängstlich seinen Arm.
"Er ist in Sicherheit. Burke hat ihn an Bord geholt."
Schluchzend ließ sie sich in seinen Armen zurücksinken. Diese Bewegung entlockte ihr ein weiteres Stöhnen, gefolgt von einer Grimasse. Ehe James feststellen konnte, wie schwer ihre Verletzungen waren, ließ sie sich zur Seite fallen und erbrach das Seewasser.
Nie zuvor in seinem Leben war James so froh gewesen, jemanden husten und würgen zu sehen. Die Tatsache, dass Sarah sich ohne seine Hilfe bewegen konnte, vertrieb auch den letzten Rest seiner Furcht, sie könnte sich die Rippen oder gar das Rückgrat gebrochen haben. Er streckte die Arme nach ihr aus und wollte sie stützen, doch sie winkte ab.
"Nein! Lass mich … oh …"
James ließ sich zurücksinken. Er atmete noch immer schwer von der Anstrengung. Salzwasser tropfte aus seinem Haar und brannte ihm in den Augen. Während Sarah sich wieder erbrach, suchte er das Meer ab nach der Phoenix. Als er das Schiff in der Ferne entdeckte, wäre es ihm selbst beinahe übel geworden.
Die Masten und die dreieckigen Segel waren kaum zu übersehen, ebenso wenig wie die dunkelgrauen Wolken, die auf das Schiff zutrieben und einen dichten Vorhang aus Regen mit sich brachten. Bei der Geschwindigkeit, mit der der Sturm näher kam, konnte die Phoenix unmöglich noch rechtzeitig beidrehen. Das Unwetter würde auch das kleine Boot erfassen. James sah die weißen Schaumkronen auf den Wellen tanzen und wusste, dass Sarah und er sich auf eine wilde Fahrt gefasst machen mussten.
Ein leises Stöhnen lenkte seine Aufmerksamkeit von dem heranziehenden Sturmtief ab. Mühsam hob Sarah den Kopf.
"Warte, Liebes, lass mich dir helfen."
Er schob Ruder und Mast, die unter den Bänken lagen, beiseite, richtete sie auf und lehnte sie an die Seitenwand des Bootes. Sie streckte die Arme aus, um es sich etwas bequemer zu machen, und stöhnte. Ihr Gesicht wurde bleich.
Sofort kehrten James' Ängste zurück. Er hockte sich neben sie und hob ihre Hüften an, um die nassen Röcke und Unterröcke zurechtzuziehen. Sanft streckte er ihre Beine aus und strich leicht darüber.
"Hast du dir irgendwelche Knochen gebrochen?"
"Ich … ich glaube nicht", brachte sie
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