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Historical Exklusiv Band 06

Historical Exklusiv Band 06

Titel: Historical Exklusiv Band 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caryn Cameron Merline Lovelace
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sagtest du bereits", erwiderte Sarah beinahe verzweifelt. "Aber du kannst nicht ewig zur See fahren. Eines Tages wirst du nach Hause zurückkehren müssen, und dann …"
    Sarah hatte ihre leidenschaftliche Bitte an ihn, doch an die Zukunft zu denken, noch nicht ausgesprochen, als an Deck ein Entsetzensschrei ertönte.
    "Was, zum Donnerwetter …!"
    Straithe ließ sie so plötzlich los, dass sie um ein Haar hintenüber gefallen wäre, drehte sich um und lief zur Treppe. Sarah glitt vom Tisch herunter und lief ihm nach. Behindert von ihren Röcken, erreichte sie das Deck erst einige Augenblicke nach dem Kapitän. Sofort fing der Wind sich in ihrem offenen Haar und wehte es ihr ins Gesicht. Der Sturm, vor dem Straithe sie hatte warnen wollen, musste sie bereits erreicht haben.
    "Halt dich fest, Charlie. Bitte, bitte, halt dich fest!"
    Sarah strich sich das Haar aus dem Gesicht und wandte sich in die Richtung, aus der die Angstschreie ihrer Schwester kamen. Als sie Abigail sah, stockte ihr der Atem, und niemals würde sie den Anblick vergessen, der sich ihr in diesem Augenblick bot, solange sie lebte.
    Abigails Miene drückte reines Entsetzen aus, als sie der kleinen Gestalt etwas zurief, die über den Wellen zu schweben schien. Charlie hing mit dem Kopf nach unten am Quermast. Ein Fuß hatte sich im Tau verfangen, mit dem anderen zappelte er hilflos in der Luft.
    Sarah hatte den schrecklichen Anblick gerade erfasst, als noch etwas anderes geschah. Mit geschmeidigen Bewegungen hangelte sich James auf den baumstammgroßen Quermast.
    "Halt sie hart am Wind!" rief er dem Steuermann zu. "Lass das Segel nicht zurückschwingen, sonst wird der Junge abstürzen!"
    Seine Worte lösten Sarah aus ihrer Erstarrung.
    "Sarah! O Sarah!"
    Schluchzend vor Angst versuchte Abigail, sich an die Schwester zu klammern. Sarah schob sie beiseite. Sie konnte sich jetzt nicht mit Abigails sensibler Seele aufhalten. Hinter sich hörte sie Rufen und die Schritte bloßer Füße. Sarah kümmerte sich nicht darum. Ihre ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf ihren kleinen, hilflosen Bruder.
    Das Schiff stieg mit einer Welle auf, und der Junge flog hoch in die Luft. Mit aller Macht versuchte er, das Tau an seinem Fuß mit einer Hand zu erwischen.
    "Charlie! Zapple nicht so!"
    Beim Klang ihrer Stimme versuchte der Junge, sich zu drehen.
    "Sarah! Hilf mir!"
    Der erbarmungswürdige Schrei zerrte an ihrem Herzen. Ehe sie antworten konnte, hörte sie James' ruhige, feste Stimme.
    "Bleib ruhig, Junge. Ich komme zu dir."
    Sarah wandte den Blick von ihrem Bruder. Sie grub die Nägel in die Handflächen und beobachtete, wie der Kapitän auf dem Mast entlangbalancierte. Er bewegte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit über das rutschige Holz.
    Einen Augenblick lang glaubte Sarah, das Schicksal wäre ihnen günstig gesonnen. Straithe war nur noch ein paar Schritte entfernt von dem Tau, das Charlie hielt. Eine Minute, vielleicht zwei. Länger würde er nicht brauchen, um den Jungen zu retten.
    Dann drehte sich der Wind. Ohne Vorwarnung erschlafften die Segel. Der Mast begann sich zu drehen.
    "Nein!" stöhnte Sarah. "O nein!"
    Mit einem wilden Fluch warf Straithe sich nach vorn. Er hielt sich mit einem Arm und einem Bein an dem massiven Holz fest und griff nach dem Tau, das Charlie hielt.
    Die Männer drängten sich neben Sarah, streckten die Arme aus. Trotz Straithes raschem Handeln hing der Junge noch zu tief; baumelte am Ende des Quermastes über dem Wasser. Wenn nichts geschah, würde Charlie an den Rumpf des Schiffes schlagen, und sein Körper würde zerschmettert werden.
    Ohne zu überlegen, kletterte Sarah auf die Reling. Erschrockene Stimmen erhoben sich, als sie dem ankommenden Tau entgegensprang. Sie erwischte es kurz oberhalb von Charlies Fuß. Ihre Handflächen brannten wie Feuer, als sie daran herunterglitt und den Körper ihres Bruders mit ihrem eigenen schützte.
    Einen Sekundenbruchteil, ehe sie das Schiff berührten, drehte Sarah sich herum. Sie versuchte, mit Hüften und Schultern den Schlag abzufangen. Dennoch ließ die Wucht des Aufpralls sie und den Jungen vom Rumpf abfedern, so dass sie wieder zurückschwangen über die Wogen. Benommen spürte Sarah, wie ihr Griff sich lockerte. Mit einem hilflosen Aufschrei stürzte sie ins Meer.
    James hatte schon früher erfahren, was Angst war. Kein Mann fuhr in die Schlacht, ohne dass die Furcht in ihm lauerte. Aber nie zuvor hatte er solches Entsetzen gekannt wie das, welches ihn erfasste, als er Sarah

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