Historical Exklusiv Band 36
Schreiben. Eines jedoch las er mit großer Aufmerksamkeit. Er stieß einen Schrei, nein, eher ein Lachen aus, und gab ihr die Botschaft zu lesen, während er die restlichen Briefe durchsah.
Der Bericht kam von Martin aus Merlinscrag. Als Genevra die prosaischen Einzelheiten las, die der Burgvogt berichtete, fragte sie sich, was wohl Roberts Reaktion hervorgerufen hatte. Dann sah sie es.
Old Mariel hatte Lady Genevra eine Botschaft gesandt.
Sie sagt, sie sehe nur noch helles Licht in ihrem Kupferkessel, Mylady, hatte Martin geschrieben. Sie möchte Euch wissen lassen, dass sie höchst erfreut wäre, könnte sie Euch bei der Geburt Eurer Tochter beiseite stehen, solltet Ihr Euch zur Zeit der Geburt hier aufhalten.
Robert hatte die Durchsicht seiner Briefe beendet. Er trat näher und legte sich neben sie ins Bett.
„Was meint Old Mariel damit?“, fragte er und nahm das Pergament aus Genevras Hand. Er hielt es ins Licht der Kerze und las die Zeilen noch einmal.
Genevra legte sich in seine Armbeuge.
„Als sie meine Zukunft voraussah, blickte sie in die Flüssigkeit in ihrem Kupferkessel. Dort sah sie die Dunkelheit und den Tod, die mir Glück bringen sollten. Alidas Dunkelheit, Drogos Tod. Sie sah die Wahrheit, Robert. Alidas Zustand der Blindheit und Drogos Tod haben bewirkt, dass die Schatten der Vergangenheit verschwunden sind. Nun sieht sie nur noch eine helle Zukunft für mich.“
„Und dieses Angebot, Euch bei der Geburt einer Tochter beizustehen?“
„Sie sah voraus, dass unser nächstes Kind ein Mädchen sein wird, Robert. Ich glaube ihr. Sie hatte recht das letzte Mal, sie wird auch dieses Mal die Wahrheit sehen.“
Robert strich mit der Hand sanft über Genevras Schoß.
„Willkommen in der Familie, Alida“, murmelte er. Dann sprach er: „Möchtet Ihr nach Merlinscrag zurückkehren, mein Herz?“
„Nein, Robert.“ Nun fühlte sie sich sicher genug, ihm zu sagen, was sie empfand. „Ich liebe Euch, mein Gemahl. Alles, was ich wünsche, ist, Euch zu gefallen. Unsere Kinder werden geboren, wo es Euch beliebt.“
Robert beugte sich über sie, um tief in ihre Augen zu schauen. „Ihr liebt mich, Genevra?“, fragte er erstaunt. „Wie kann das sein, da ich Euch doch so schlecht behandelte?“
„Ich liebe Euch von dem Augenblick an, als Ihr mich zum ersten Mal angelächelt habt.“
„So lange schon?“
„Ja, mein Gemahl. Ihr wart traurig, enttäuscht, standet einer Heirat mit mir gleichgültig gegenüber. Ich hoffte so sehr, ich könnte Euch Glück bringen, Robert. Meine Liebe damals gehörte dem Helden, dem Goldenen Adler.“
„Und heute?“, fragte er sanft, als sie zögerte.
„Heute ist diese Liebe zu echter Zuneigung gewachsen, über die Zeit tiefer und stärker geworden. Ich liebe Euch mit meinem ganzen Herzen und meiner Seele, mein Gemahl.“
„Das habt Ihr mir nie gesagt“, tadelte er sie schelmisch.
„Nein. Ich hatte Angst. Es ist mir einmal über die Lippen gerutscht, doch Ihr habt es nicht bemerkt. Ich wusste, dass Ihr mich nicht liebt. Hätte ich die Worte wiederholt, wäre es Euch vielleicht lästig gewesen.“
Er hob seine blonden Augenbrauen. Seine Augen glühten im Schein der Kerze. „Lästig?“, fragte er und lachte. „Nun aber habt Ihr keine Furcht mehr, es mir zu sagen? Wie kommt das, Frau?“
Einen Augenblick der Verzweiflung lang glaubte Genevra, sie hätte seine Gefühle falsch gedeutet. Dann sah sie den Ausdruck in seinen Augen. Tiefe Röte überzog ihre Wangen. „Ich dachte … nein, ich hoffte, dass Ihr mich nun vielleicht auch lieben könnt“, gestand sie atemlos.
„Ich kann mir nicht vorstellen, was Euch diesen Eindruck gab“, erwiderte Robert ernst. „Ihr seid anmaßend, Weib.“
„Ich wusste, wie sehr Ihr Eure erste Frau, Jane, geliebt hattet …“, flüsterte sie.
„Das habe ich“, sagte er bitter, „bis sie mich betrog. Deshalb wollte ich mir nicht gestatten, mich in Euch zu verlieben. Ich hatte bei Gott geschworen, es nicht zu tun.“
„Oh“, sagte Genevra betrübt und erschauerte. „Ja, ich war anmaßend.“
„Deshalb würde ich niemals zugeben, nicht einmal mir selbst gegenüber, dass ich Euch mehr liebe als alles andere, meine Gemahlin.“
Er hatte sie also bloß geneckt. Genevra erwachte aus ihren dunklen Gedanken und rief aus: „Schurke!“
Seine Hände strichen sanft über ihren Körper. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein Lächeln, bevor er sich zu ihr hinabbeugte und sie küsste. Ein tiefer, inniger Kuss, der all ihre
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