Historical Exklusiv Band 36
sagt alles, was Ihr wissen sollt. Ihr werdet den Namen Eures Vaters erfahren, von seiner Familie aufgenommen werden. Und das Vertrauen Eures Gatten wiedergewinnen. Was wollt Ihr sonst noch wissen?“
„Wann?“, flüsterte Genevra.
„Das kann ich nicht sagen. Aber ich kann Euch sagen, dass Euer Kind ein Knabe sein wird.“
Genevra sah Mariel erstaunt an. „Das wisst Ihr?“
„Ja. Ich habe diese Gabe.“ Ihr Blick wurde wieder leer. Sie sah in die kochende Flüssigkeit. „Ihr könnt Mistress Meg sagen, dass sie einen Sohn und eine Tochter in ihrem Schoß trägt.“
Genevra stieß einen Schrei aus. „Zwillinge?“
„Ja. Und sie werden gesund sein. Sie wird danach keine Kinder mehr bekommen. Euch jedoch sehe ich mit einer Schar von Kleinen, Mylady. Drei Söhne und zwei Töchter. Ihr werdet das wahre Glück finden, Mylady.“
Genevra atmete tief durch und erhob sich. „Ich danke Euch, Mariel. Ich bin Euch zutiefst zu Dank verpflichtet.“
Die Augen der alten Frau waren wieder klar, ihr Blick scharf wie eh und je, als sie sich ebenfalls erhob. „Es war mir eine Freude, Mylady.“
Genevra drückte Mariel das Kleiderbündel in die Hände. „Das soll Euch im Winter warm halten.“ Sie legte noch einen Goldnobel in die krummen Finger. „Und nehmt das für Eure Mühe!“
„Danke Euch, Mylady.“ Mariel steckte die Münze in eine Tasche, die unter ihren Fetzen verborgen war. „Ich heiße Euch willkommen, wann immer Ihr kommen wollt.“
„Ich werde kommen, wenn ich Fragen habe.“ Sie streckte ihre Hände über das wärmende Feuer. Ihre Finger waren steif geworden. Da entdeckte sie einen kleinen Stapel Holz und Reisig in einem Winkel. Sammelte die Frau das Holz selber, oder brachten es ihr die Dorfbewohner aus den Wäldern, in denen sie Feuerholz sammeln durften?
Sie wollte Master Geoffrey danach fragen und den Amtmann bitten, sich darum zu kümmern, dass Old Mariel immer genug Vorräte hatte. Aber selbst das konnte vielleicht nicht genug sein. „Mistress Mariel“, fuhr sie fort, „wenn es zu kalt wird und Euch das Feuer hier nicht mehr ausreichend wärmt, dann seid Ihr jederzeit willkommen, Euch in der großen Halle am Kamin zu wärmen.“
„Ich werde an Eure Güte denken, Mylady.“ Die Stimme der alten Frau klang zittrig. „Ich bete zu Gott, dass er über Euch wacht.“
Sie nickte bei diesen Worten, setzte sich wieder auf ihren Schemel und begann, im Topf zu rühren. Genevra war entlassen.
Lange und gründlich dachte Genevra über die Prophezeiungen der alten Mariel nach, die angsteinflößend oder ermutigend sein konnten. Sie hatte keine Vorstellung, was die Vorhersagen von Dunkelheit und Tod bedeuten könnten, doch es schien, dass sie eher hilfreich denn hinderlich bei der Suche nach dem Glück sein sollten.
Sie hatte Meg nichts von ihrem Besuch erzählt, ihr nur in der Einsamkeit der Kemenate gestanden, dass sie Mariel um Beistand bei der Geburt gebeten und erfahren hatte, dass sie einen Sohn gebären sollte.
„Lord Robert wird begeistert sein, einen Sohn und Erben zu bekommen“, sagte Meg und blickte von ihrer Stickerei auf, um Genevra anzustrahlen.
„Ja, wenn er nur endlich zu der Überzeugung kommt, dass es seiner ist.“ Genevra seufzte und betrachtete ihre Stickarbeit mit kritischen Blicken. Das kleine Kinderhemdchen war ihr gut gelungen. „Wenn er mir doch nur vertrauen könnte! Die Untreue seiner ersten Frau hat sein Leben verbittert, und nun misstraut er wohl jeder Frau.“
„Ich könnte diesen Bruder verfluchen“, erklärte Meg entrüstet. „Wie ich hörte, hatte er es geschafft, das ganze Leben seines Bruders zu vernichten und zu zerstören.“
„Ja, und sein eigenes dazu. Was kann es jemandem nützen, Neid zu Besessenheit werden zu lassen? Er suchte seinem Bruder eine eingebildete Schuld heimzuzahlen. Es ist nicht Lord Roberts Schuld, der Erstgeborene zu sein. Das ist doch alles ohne Sinn. Sir Drogo hätte seinen eigenen Weg gehen können, einen Titel erhalten, eine reiche Erbin heiraten …“
„Er hat nicht denselben Charakter wie Euer Gemahl, mein Täubchen. Er findet zu viel Gefallen an den Freuden des Fleisches und am Müßiggang. Wusstet Ihr, dass er sich mit etlichen Schankmägden vergnügt hatte, als er hier war?“
„Nein.“ Genevra runzelte die Stirn. „Ich hoffe, er hat keine Gewalt angewandt und keine von ihnen in Schwierigkeiten zurückgelassen. Ich wünsche nicht, dass als Ergebnis seines Besuches eine Horde von Bastarden hier
Weitere Kostenlose Bücher