Historical Exklusiv Band 42
fortgegangen. Glaubst du, sein Meister kehrt bald heim?“
„Lieutenant Steele?“ Madeleine würde ihn nicht als Meister bezeichnen. „Das bezweifle ich. Linettes Unwohlsein hat wohl sein Missfallen erregt.“
„Geht es ihr besser? Sie ist so ruhig.“ Sophie beugte sich vor und strich mit den Fingern über den Lockenkopf der Kleinen.
„Sie schläft sehr unruhig, und das Fieber ist unverändert hoch.“ Mit dem feuchten Tuch tupfte Madeleine das Gesicht ihrer Tochter ab.
Als Sophie ziellos im Zimmer auf und ab ging, sah sie ihr nach, um sich abzulenken. Der Raum war so eingerichtet, dass er als Salon und als Esszimmer genutzt werden konnte, doch das einstmals moderne Mobiliar zeigte deutliche Abnutzungserscheinungen. Der Teppich war an manchen Stellen abgewetzt, und die gepolsterten Sitze der Stühle waren verblasst und geschlissen. Hatte Devlin nicht gesagt, sein Bruder sei ein Marquess? Vielleicht hatte die Familie mehr Titel als Vermögen.
Unwillkürlich musste sie an die Mahagonitische in Farleys Räumlichkeiten denken, die so poliert waren, dass man sich in ihnen spiegeln konnte. An die Sofas und Sessel, die mit teurem Samt bezogen waren. Nichts war dort fadenscheinig gewesen.
Linette bewegte sich, und im gleichen Moment galt Madeleines ganze Aufmerksamkeit ihrer Tochter. Es war nie gut, an diese Zeit zurückzudenken.
„Soll ich unsere Sachen auspacken?“, wollte Sophie wissen.
Wenn sie den Eindruck erweckten, sich häuslich niedergelassen zu haben, konnten sie vielleicht den Rauswurf aus Devlins Wohnung hinauszögern. „Ja, das wäre gut. Ich kann dir bloß nicht dabei helfen.“
„O Maddy, mach dir doch darüber keine Gedanken. Du hast schon alle Hände voll zu tun. Du solltest dich mit der Kleinen hinlegen.“
Ihre Arme schmerzten, da sie die ganze Zeit über ihre Tochter hielt, und sie hatte durch Linettes Weinen erst wenige Stunden geschlafen. „Ich glaube, du hast recht. Ich werde sie ins Bett des Lieutenants bringen.“
Kaum war sie im Schlafzimmer angekommen und hatte sich aufs Bett gelegt, fiel Madeleine mit dem Kind in den Armen vor Erschöpfung in einen tiefen Schlaf.
Ein lautes Klopfen an der Tür ließ Madeleine hochschrecken. Sofort fühlte sie Linettes Stirn, doch die war immer noch sehr heiß.
„Wo ist das Kind? Ist das Fieber gesunken?“, hörte sie Devlin von nebenan rufen. „Ich habe einen Doktor geholt. Ich war bis Mayfair unterwegs, dabei hätte ich nur drei Häuser weiter fragen müssen!“
Die Tür ging auf, Devlin kam herein, begleitet von einem kleinen, lebhaft dreinblickenden Mann. Das musste der Arzt sein, den er für Linette geholt hatte.
Der Mann lächelte freundlich. Sein Mantel sah ein wenig schäbig aus, und die Ledertasche in seiner Hand war abgewetzt und ramponiert. Zielstrebig ging er zu Linette. „Ist das unsere kleine Patientin? Ich werde sie mir mal ansehen.“
Nach einer gründlichen Untersuchung erklärte er: „Ihr Hals ist entzündet, was unter normalen Umständen nicht weiter schlimm wäre. Doch ihr Fieber gefällt mir nicht. Wie lange hat sie das bereits?“
„Seit … seit heute Morgen“, stammelte Madeleine, die noch immer ein wenig überrumpelt dastand. Devlin war an ihrer Seite und hatte einen Arm um sie gelegt. Er drückte sie ein wenig an sich.
„Aha“, bemerkte der Mediziner und lächelte. „Es scheint mir ein kräftiges Kind zu sein. Ein Aderlass dürfte genügen, um das Fieber zu senken.“ Er durchsuchte seine Tasche, dann holte er ein kleines Behältnis heraus und entnahm mit einer langen Pinzette einen Blutegel.
„Halten Sie bitte ihren Arm fest“, wies er Madeleine an, die sich aufs Bett setzte und Linette auf den Schoß nahm.
Devlin blieb bei ihr stehen, obwohl er am liebsten davongelaufen wäre. Er musste an die Ärzte denken, die ihm derartige Kreaturen auf die Haut gesetzt hatten. Delirium und Schmerzen füllten diese Zeit aus, als die Egel ihn seinetwegen ruhig hätten vertilgen dürfen, damit er nichts mehr spürte.
Das Mädchen wird sich nach dem Aderlass besser fühlen, hielt er sich vor Augen. Ihm war es nicht anders ergangen.
Nach einer Weile hatte der Egel genug Blut herausgesaugt, und er löste sich vom Arm. Der Doktor legte ihn in das kleine Gefäß und packte seine Tasche zusammen. „Sie haben sich bis jetzt sehr gut um Ihre Tochter gekümmert“, sagte er zu Madeleine und nahm ihre Hand. „Verlieren Sie nicht den Mut. Ich verfüge über verschiedene Pulver, die auch noch helfen
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