Historical Exklusiv Band 42
schlug sie ihm mit ihrem Fächer aufs Handgelenk, dann warf sie einen schnellen Blick in die Runde und flüsterte: „Ich glaube, Tallie bekommt ihren ersten Antrag.“
„Was? Von wem?“
„Lord Ashwell.“ Lady Parry glühte vor Stolz. „Dass er so bald schon seine Aufwartung macht, ist ein Triumph. Eine viel, viel bessere Partie, als ich mir hätte träumen lassen. Er ist perfekt.“
„Perfekt“, pflichtete Nick ihr emotionslos bei. „Und wo bitte findet dieses romantische Intermezzo statt?“
„Im Wintergarten, glaube ich. Er hat sie vor nicht fünf Minuten ganz eifrig in diese Richtung manövriert.“
Das werden wir ja sehen, dachte Nick düster. Mit einem Lächeln für seine Tante überließ er General Hepton den Platz an ihrer Seite und spazierte in Richtung Wintergarten davon.
So früh am Abend war es dort völlig leer bis auf ein Pärchen, das beinahe vollständig durch eine große Zimmerpalme verborgen wurde. Wie eine Katze schlich Nick sich an, bis er Lord Ashwells ansichtig wurde, der vor Talitha kniete, ihre Hand hielt und ihr mit gebeugtem Kopf seinen Antrag machte.
In diesem Moment hob Talitha den Kopf, und Nick sah, wie sich ihre Augen bei seinem Anblick weiteten. Geh weg, bedeutete sie ihm über den Kopf ihres Verehrers hinweg. Wenn er jetzt vortrat, würde sie wissen, dass nicht der Zufall ihn mitten in diese Szene hatte platzen lassen, sondern dass er vorsätzlich erschienen war, um zu stören.
Innerlich fluchend zwang er sich, überrascht dreinzuschauen. Lautlos erwiderte er „Entschuldigung“ und zog sich leise aus dem Wintergarten zurück ins Vestibül.
Die Minuten schleppten sich dahin. Nick schnappte sich ein Glas Champagner von einem vorbeiziehenden Tablett, vereinbarte vage ein Spiel Whist mit jemandem und hörte mit vorgetäuschtem Interesse einer Geschichte Lord Beddentons zu, die von einer Wette bei einem Rennen der offenen Zweispänner handelte.
So unauffällig schlich Lord Ashwell aus dem Wintergarten, dass Nick ihn beinahe nicht bemerkt hätte. Was er schließlich sehen konnte, waren die hängenden Schultern seiner Lordschaft und das fehlende Lächeln. Er gestattete ihm, sich ein Stück weit in das Zimmer zu begeben, in dem der Tanz stattfand, entschuldigte sich bei Beddenton, griff sich ein zweites Glas Champagner und kehrte in den Wintergarten zurück.
Talitha saß noch dort, wo er sie zuvor gesehen hatte, und spielte mit ihrem Fächer. Sie tippte dagegen, ließ ihn auffächern, schloss ihn mit einer Handbewegung, um ihn dann erneut zu öffnen. Er betrachtete ihr äußerlich gelassen wirkendes Gesicht, ihre konzentrierte Miene und fragte sich, welche Vorbehalte sie haben mochte, dass sie ihre Gefühle so verbarg. Verheimlichte, korrigierte er sich. Ihm gegenüber schien sie ihm mittlerweile offener, durchschaubarer zu sein. Entweder verstand er es langsam, ihre Gefühle zu deuten, oder er provozierte sie irgendwie, sie ihm zu zeigen.
Wie lange stand er da und beobachtete sie? Er wusste es nicht, stellte er fest. Lange genug, um die Augen zu schließen und trotzdem genau beschreiben zu können, was sie gerade anhatte, von den Perlmuttkämmen in ihrem aufgesteckten Haar bis zu den bernsteinfarbenen Seidenslippern, die unter ihrem Überkleid aus goldbrauner Spitze und dem Unterkleid aus blassgelber Seide hervorlugten. Das viele Gold brachte die Erinnerung an eine Masse goldener Haare mit sich, mit dunkleren Zwischentönen, wie sie über die Schultern der nackten Göttin auf dem Dachboden flossen. Hitze durchschoss ihn, er rang um Fassung.
Er musste sich bewegt haben, denn Talitha hob den Kopf. Ausdruckslos sah sie ihm direkt in die Augen und zog fragend eine Augenbraue hoch. Anscheinend hatte sie die Bewegung vervollkommnet. „Guten Abend, Cousin Nicholas.“
„Guten Abend. Ich muss mich entschuldigen, dass ich vorhin so hereingeplatzt bin.“
Ein schwaches, skeptisches Lächeln erschien. „Ich glaube nicht, dass Ihr jemals irgendwo hereinplatzt, Mylord.“
„Du hast ihn also abgewiesen.“ Das war eine Feststellung.
„Du hast ihn gefragt?“ Ihre Stimme bekam einen scharfen Unterton.
„Ich sah sein Gesicht.“ Nick schlenderte auf sie zu und setzte sich auf einen der schmiedeeisernen Stühle im rechten Winkel zu ihr. Die ausladenden, herabhängenden Palmwedel machten das Sitzen unbequem.
„Es tut mir leid, dass ich seine Gefühle verletzen musste“, erklärte Talitha. „Ich bezweifle aber, dass das lange anhalten wird. Danke, kein Champagner.“ Er
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