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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: kram
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stets sehr abfällig, wenn er von ihr spricht."
    Richard legte dem Halbbruder den Arm um die Schultern d schlug ruhig vor: „Gehen wir in deine Kammer. Dann kannst du mir berichten, was vorgefallen ist."
    Schweigend verließen die Männer das Haus Gottes, stie gen die Wendeltreppe zum nächsten Stockwerk hinauf und betraten das Gemach des Earl. Richard schenkte Wein in zwei Pokale, nahm einen an sich und setzte sich in einen Faltsessel, während Adrian, rastlos hin und her schreitend, in kurzen, abgehackten Sätzen die Ereignisse schilderte.
    Richard lauschte, ohne den Bruder zu unterbrechen, und war erschüttert, wie sehr er unter seinem Verhalten litt, vor allem aber, wieviel das Mädchen ihm bedeutete.
    Schließlich blieb Adrian vor dem Fenster stehen, starrte in die Nacht hinaus und murmelte beklommen: „Sollte Meriel nicht überleben, dann bin ich an ihrem Tode schuld, ganz so, als hätte ich sie eigenhändig umgebracht. Hoffentlich hat unser aller Richter ein Einsehen und lässt sie nicht für meine Vergehen büßen! Ich werde jetzt zu ihr gehen. Wirst du mich begleiten?"
    „Wenn du möchtest", willigte Richard ungern ein, da er nicht das Bedürfnis hatte, Meriel aufzusuchen. Er mochte Adrian den Wunsch jedoch nicht abschlagen, stand auf und folgte in das Gemach der Kranken.
    Ein Zisterzienser saß am Krankenlager und erhob sich ehrerbietig beim Eintreten des Earl of Shropshire und seines Bruders.
    „Das ist Pater Marsilius aus Fontevaile", stellte Adrian ihn vor und trat neben das Lager, hinter dem ein kostbares Reliquiar aus dem Besitz des Klosters stand.
    Meriel ruhte mit geschlossenen Lidern auf der Bettstatt, das Antlitz weiß wie die Binde, die den Kopf umhüllte. Die Haut wirkte wächsern, und nur das schwache Heben und Senken der Brust ließ erkennen, dass die Bewusstlose lebte.
    „Ein Kätzchen?" fragte Richard de Lancey überrascht und starrte auf das Tierchen, das sich am Fußende zusammengerollt hatte.
    „Ja, das ist Galam", flüsterte Adrian. „Meriel hatte ... hat sie sehr gern."
    Die Katze hob den Kopf, blinzelte die Besucher an und schlief weiter. Richard fand ihre Anwesenheit ebenso überflüssig wie die des goldenen Reliquienschreines und amüsierte sich im stillen darüber, dass die Gebeine eines Heiligen helfen sollten, das Leben der Ohnmächtigen zu retten. Denn eines Wunders würde es bedürfen, um Meriel dem Tode zu entreißen.
    „Sie wird die Nacht nicht überstehen, Sieur, und sollte die Sterbesakramente erhalten", sagte Bruder Marsilius ernst. „Lass deinen Beichtvater rufen."
    Mylord Warfield nickte und bat leise den Halbbruder, den Burgkaplan zu holen.
    Pater Paulinus erschien kurze Zeit später und erteilte Meriel die Letzte Ölung. Während der feierlichen Salbung war ihm jedoch nicht anzumerken, ob es ihm innerlich widerstrebte, sie an einer verhinderten Selbstmörderin vorzunehmen.
    „Danke, dass du gekommen bist, Richard!" raunte der Earl of Shropshire ihm danach zu und drückte ihm herzlich die Hand. „Doch nun begib dich zur Ruhe. Ich sehe, wie müde du bist.
    „Zum Zeichen seiner Anteilnahme erwiderte Richard de Lancey den Händedruck und zog sich mit den Mönchen aus dem Gemach zurück.
    Adrian rückte einen Schemel an das Siechbett, setzte sich und streichelte Meriels eiskalte Finger. Der Gedanke, dieses unerschrockene, beherzte Mädchen zu verlieren, war ihm unerträglich. Hätte er sich nicht so grob und rücksichtslos benommen, sie jeder Gesellschaft beraubt, um sie sich durch auferzwungene Langeweile gefügig zu machen, wäre sie vielleicht freiwillig die Seine geworden. Ihre Willenskraft, ihr Einfallsreichtum und ihre Tatfreudigkeit nötigten ihm Hochachtung ab. Sie war eine bewundernswerte Frau, die sich sogar noch in der Einsamkeit ihrer Kammer zu beschäftigen verstanden hatte. Die Katze hatte ihr Ab lenkung gebracht, und der Spinnrocken, ja selbst das Füt tern der Vögel mit den Krumen des Mahles.
    Wie oft musste sie am Fenster den Flug der Tauben beobachtet, dem Gezwitscher der Drosseln gelauscht, sich am Jubilieren der Lerchen erbaut und nach der verlorenen Freiheit gesehnt haben?
    Nicht zum ersten Male sann Adrian darüber nach, welchen Lauf die Dinge genommen hätten, wäre er Meriel nicht als Earl of Shropshire, sondern als einfacher Bauer oder Händler begegnet. Dann hätte sie sich bestimmt nicht gegen seine Werbung gesträubt, denn zwischen ihnen hatte es Momente des echten Glücks und wahren Verständnisses gegeben.
    Er beugte sich vor und

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