historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
Zeit haben würde, zurückzukehren und mit ihr anzubändeln.
Mit sich und der Welt zufrieden, ritt Alan durch die Gasse und verspeiste die süße Köstlichkeit. Bislang war das Glück ihm außerordentlich hold gewesen. Der König hatte Theobald of Moreton mit einem Sendbrief an den Hof von Anjou zu Comte Geoffroir geschickt und ihn beauftragt, vermittelnd in die Erbfolgestreitigkeiten einzugreifen, die zwischen ihm und Maud of England, der Gemahlin des Grafen, bestanden. Unter dem Vorwand des Anspruches seiner Gattin auf den englischen Thron war Geoffroir, Comte d'Anjou, aus dem Geschlechte der Plantagenet, in die von Stephen de Blois beherrschte Normandie eingefallen und hatte sie ihm entrissen. Im Zuge der Kampfhandlungen war es Mylord Moreton mit Geoffroirs Billigung gelungen, das in der Nähe von Evreux gelegene Kastell von Desfaux zu erstürmen und in seinen Besitz zu bringen. Während der anhaltenden Belagerung hatte Alan auf seinen Streifzügen in der Umgebung den Baron d'Autheuil in Geiselhaft ge nommen und gegen eine hohe Auslöse freigelassen. Den größten Te il gedachte er, für Avonleigh zu verwenden, doch einen kleinen Betrag hatte er für sich abgezweigt und war in der Absicht nach Evreux gekommen, Meriel ein schönes Geschenk zu kaufen. Sie nahm ihre Pflichten stets mit großer Sorgfalt wahr, blieb dennoch immer fröhlich und ausgeglichen und hatte sich eine Anerkennung verdient.
Es fiel Alan schwer, sich zu entscheiden, denn die Tuchhändler und Schmuckverkäufer hatten allerlei verlockende Waren anzubieten. Schließlich erweckte ein mit Halb edelsteinen besetzter und polierter Silberspiegel auf einem Fuß aus Bergkristall sein Augenmerk. Anders als jeder noch so kostbare Stoff würde dieses Kleinod nie verschleißen und Meriel viele Jahre erfreuen. Unwillkürlich schmunzelte Alan bei dem Gedanken, dass Meriel die blond haarigen Schwestern für die größeren Schönheiten hielt. Keine war so reizvoll wie sie, auch nicht Williams Gattin Haleva.
Alan hoffte, ihr in absehbarer Zeit eine reichliche Mitgift geben zu können.
Selbstverständlich musste sie sich mit einem Mann von Ehre vermählen, der großherzig, freund lich und verständnisvoll war. Sie sollte es gut bei ihm haben, und deshalb war Alan auch willens, sie den Bräutigam vor der Unterzeichnung des Ehekontraktes kennenlernen zu lassen, damit sie mit der Wahl einverstanden war.
Sobald er Meriel versorgt wusste, würde er sich eine Braut suchen. Es musste keine Frau mit beträchtlicher Morgenga be oder von hoher Geburt sein. Es gab auch Mädchen, die wie er aus einfacheren und dennoch standesgemäßen Verhältnissen stammten. Nun, für die nächsten Monate waren diese Überlegungen müßig, und zudem hatte Mylord Moreton angedeutet, dass er für seinen getreuen Vasallen beim König ein gutes Wort einlegen würde.
Alan erstand den Spiegel, ritt nach Desfaux und brachte das Geschenk in seine Kammer.
Dann machte er sich auf die Suche nach seinem Lehnsherren und fand ihn in dessen Studierzimmer, mit sehr betroffener Miene in einem Faltsessel vor dem Fenster sitzend.
Theobald of Moreton, ein untersetzter, stämmiger Mann, blickte bei Alans Eintreten auf, lud ihn mit einer Geste zum Platznehmen ein und sagte erleichtert: „Gut, dass du zurück bist!
Leider habe ich schlechte Nachrichten."
Alan zog einen Schemel heran, setzte sich und fragte besorgt: „Ist Mylady Amicia erkrankt oder Moreton Castle angegriffen worden?"
„Nein", antwortete der Baron und wich Alan de Veres Blick aus. „Die Kunde betrifft nicht mich. Meine Gemahlin hat eine Botschaft aus Avonleigh erhalten, die sie dir übermitteln sollte." Theobald of Moreton straffte die breiten Schultern und sah seinen Lehnsmann betrübt an. „Vor einigen Wochen ist das Pferd deiner Schwester abends reiterlos heimgekehrt. Da eine Suche in der Nacht wenig Erfolg ge
zeitigt hätte, wurde sie am nächsten Morgen
begonnen, nach etlichen Tagen jedoch erfolglos abgebrochen. Der Re gen hatte alle Spuren verwischt, und selbst eure Spürhunde konnten nichts mehr finden. Schließlich entsandte euer Verwalter einen Boten nach Moreton, der meine Gattin von Meriels Verschwinden in Kenntnis setzte und sie bat, mich so schnell wie möglich zu informieren. Uns allen geht das sehr zu Herzen, Alan. Du weißt, wie lieb wir Meriel gewonnen haben. Ich fürchte, du wirst dich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass sie tot ist."
Wie betäubt hatte Alan de Vere zugehört und konnte nicht fassen, was ihm
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