Historical Gold Band 251
sich erinnerte, immer noch in ihrem Vater steckte. Aber vielleicht war dieser Teil seiner selbst verschwunden, zusammen mit seiner Kraft und seiner Fähigkeit zu stehen. Vielleicht hatte er den Teil seiner selbst verloren, der sie geliebt hatte. Vielleicht würde sie ihn nie wieder zu sehen bekommen. Jetzt jedenfalls nicht.
Margaret beugte sich vor und küsste ihn auf die Stirn. „Wenn du eines Tages begreifst, was geschehen ist“, sagte sie ruhig, „wirst du auch jubeln.“
Und dann drehte sie sich um und verließ das Zimmer, den Ring immer noch am Finger.
Zuhause. Nach allem, was an diesem Nachmittag geschehen war, kam Ash sein Zuhause ganz merkwürdig vor. Nachdem er Saxton House verlassen hatte, hatte er gar nicht heimgehen wollen. Als er jedoch eintrat, hatte Mark am Eingang auf ihn gewartet. Ash fühlte sich viel zu elend, um glauben zu wollen, dass das Leben weiterging.
Mark hatte ihn angelächelt, voll Licht und Unschuld. Ash verspürte einen weiteren bitteren Stich. Der Anblick seines Bruders führte ihm noch deutlicher vor Augen, was er verloren hatte.
„Du wärst stolz auf mich gewesen“, sagte er schließlich. „Ich habe erkannt, dass ich das alles gar nicht zu tun brauchte. Ich brauchte es nicht zu tun.“
„Das hat sich sogar schon bis zu mir herumgesprochen“, erwiderte Mark. Eine etwas rätselhafte Bemerkung, doch schien Mark vom Verlust des Herzogtitels völlig unbeeindruckt.
Ash sah ihn an. „Es tut mir leid“, meinte er schließlich. „Ich weiß, du hast dir nichts daraus gemacht. Aber … ich dachte einfach, dass es so sein sollte, weißt du. Irgendwie war ich überzeugt davon, dass ich, wenn ich einmal Duke of Parford wäre, für dich alles zum Besseren wenden könnte. Das wollte ich nicht aufgeben. Aber dann …“
„Ich habe mich noch immer ganz gut um mich selbst kümmern können“, meinte Mark trocken. „Der heutige Tag sollte daran kaum etwas ändern. Du weißt doch, dass ich nie zornig auf dich wäre, nur weil du das Richtige tust.“
„Ich habe dich schon genug im Stich gelassen.“
„Mich im Stich gelassen?“ Mark sah seinen Bruder fragend an. „Wann hättest du mich je im Stich gelassen?“
„Damals, als ich nach Indien gegangen bin.“
„Was du getan hast, um Geld zu verdienen und unsere Familie am Leben zu erhalten. Deswegen kann ich dir wohl kaum böse sein.“
„Und dann dieses eine Mal in Eton. Du hast mir erzählt, dass Edmund Dalrymple angefangen hatte, auf dir herumzuhacken. Dass er dich herumschubste. Und du hast mich angebettelt, dich mit nach Hause zu nehmen.“
„Ich erinnere mich. Du hast mir eine ziemliche Gardinenpredigt gehalten – und mir gesagt, ich müsse bleiben.“
„Zwei Wochen später bin ich noch mal hingefahren und habe dich dann gefunden, blutig geschlagen, mit blauem Auge und gebrochenen Fingern. Und ich konnte an nichts anderes denken als daran, dass es meine Schuld war. Ich hatte dich im Stich gelassen, aus keinem anderen Grund als meiner Eitelkeit und aus einem Gefühl der Verärgerung heraus, und du musstest dafür den Preis zahlen.“
„Eitelkeit?“ Mark schüttelte den Kopf. „Ich dachte, dein alberner Instinkt sei schuld, Ash. Schrecklich, davon erzählt zu bekommen. Und unmöglich zu widerlegen. Und er hat immer recht.“
Ashs Kehle war plötzlich wie ausgedörrt. „Das hatte nichts mit Instinkt zu tun.“
Mark hob eine Augenbraue. „Wirklich nicht? Was du damals zu mir gesagt hast, war trotzdem richtig.“
Ash musste es tun. Er musste es ihm offenbaren, bevor ihn der Mut verließ und er ein weiteres Jahrzehnt verstreichen ließ. „Es lag an meiner Angst“, sagte Ash leise, „du musstest zur Schule gehen. Ich wollte nicht, dass du so wie ich wirst.“
„Ach so“, meinte Mark und verdrehte die Augen. „Verstehe. Weil du ein so unscheinbarer Geselle bist.“
Ash atmete tief durch. „Nein. Weil ich nicht lesen kann.“
„Na, dir gefällt eben nicht mal Shakespeare, was allerdings gegen dich spricht.“ Mark ergriff Ashs Hand. „Hier. Ich habe etwas …“
Ash entzog ihm seine Finger. „Ich meine das wortwörtlich. Ich kann nicht lesen. Buchstaben ergeben für mich keinen Sinn. Das haben sie noch nie.“
Mark wurde still. Er sah Ash an, als stünde seine Welt auf einmal Kopf. Er runzelte die Stirn. „Ich verstehe nicht“, sagte er schließlich.
„Ich kann nicht lesen. Ich kann nicht schreiben. Margaret hat mir deine Abhandlung vorgelesen.“
„Aber deine Briefe.“ Mark lehnte sich schwer
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