Historical Gold Band 251
der dunkelgrünen Flüssigkeit auf einen Löffel. „Niemand nennt mich so.“
„Ich habe dir diesen Namen gegeben, Anna. Ich kann dich nennen, wie ich will. Oder soll ich dich umtaufen und dir einen absolut scheußlichen Namen geben, zum Beispiel …“
Sie packte den Löffel fester und drehte sich langsam zu ihm um. „Margaret. Früher hast du mich einmal Margaret genannt.“
„Nur weil deine Mutter Anna hieß. Da sie jetzt tot ist, sehe ich keinen Grund … mmmmpf!“
Finster sah er sie an, als sie ihm den Löffel zwischen die Lippen schob. Einen Augenblick erfüllte die ekelhafte Arznei ihren Zweck, und er rümpfte in stillem, würdelosem Protest die Nase. Sie zog den Löffel heraus – und er spuckte die Medizin aus. Der ekelhafte grüne Saft spritzte ihr ins Gesicht.
Mit zitternden Händen griff Margaret nach einem Tuch. Sie konnte ihm keine Gewalt antun, unmöglich. Er war alt. Gebrechlich. Und er war ihr Vater. Sie wischte sich die widerliche Flüssigkeit aus den Augen und sah ihn dann an. Er saß im Bett, sein Lächeln war etwas breiter als zuvor, und er hatte die Arme wieder selbstzufrieden vor der Brust verschränkt.
„Man könnte meinen, du wärst fünf Jahre alt.“ Sie sprach ruhig, doch innerlich kochte sie vor Zorn. „Weißt du, was man mit Fünfjährigen macht, die ihre Medizin nicht einnehmen wollen?“
Er warf ihr ein kaltes Lächeln zu. „Lass mich raten. Jemand, der nicht in der Lage ist, sie im Zaum zu halten, sagt ihnen streng, sie sollten sich benehmen?“
Margaret griff nach der Flasche und entkorkte sie ein zweites Mal.
„Nein“, erwiderte sie zuckersüß. „Man verabreicht ihnen die Medizin noch einmal.“
Es bedurfte mehrerer Anläufe und fast einer Stunde, ehe sie ihm den Saft eingeflößt hatte. Vor einem Jahr wäre es ihr noch nicht gelungen, ihn sich gefügig zu machen. Er hätte sie mit einer Hand abgewehrt. Doch jetzt, als er die Rechte hob, um sie verärgert wegzuschieben, spürte sie es kaum. Die Schwierigkeit lag darin, ihn dazu zu bringen, den Mund aufzumachen und zu schlucken. Beim letzten Versuch hob sie seinen Kopf an, hielt ihm die Nase zu und rieb ihm die Kehle, bis er alles auf einmal hinunterwürgte.
„Na also“, erklärte sie energisch und verschloss die Flasche wieder. „Das war beinahe so enervierend, wie einer Katze Medizin zu geben. Du kannst stolz auf dich sein.“
Er warf ihr einen Unheil verkündenden Blick zu, als sie endlich vom Bett wegtrat. „Ich will keine Arznei mehr“, heulte er. Seine Stimme war nur mehr ein dünnes Echo dessen, was sie einmal gewesen war. „ Dich will ich auch nicht mehr. Du bist entlassen. Ihr seid alle entlassen, der gesamte Haushalt.“
„Du kannst mich nicht entlassen. Ich bin deine Tochter, nicht deine Dienstbotin.“
„Hmm.“ Stirnrunzelnd sah er sie an, während sie die Bettlaken glatt strich. „Na, dann weigere ich mich, dich anzuerkennen. Das brauche ich schließlich nicht.“
„Meinen Glückwunsch“, erwiderte sie trocken. „Jetzt bin ich wirklich traurig.“ Sie drehte sich zur Waschschüssel, um sich Hände und Gesicht zu säubern. Der letzte Rest der klebrigen Medizin verschwand mit einem Schwall kalten Wassers.
In diesem Augenblick klopfte es an die Tür. Verwirrt drehte sie sich um, doch die Tür ging bereits auf – Tollin, einer der Lakaien, die abends vor der Tür ihres Vaters wachten, hatte sie geöffnet.
Ash stand in der Tür. Er hatte Rock und Krawattentuch abgelegt. Sein hemdsärmeliger Aufzug betonte, wie breit seine Schultern waren. Ihr Gesicht fühlte sich auf einmal wieder heiß und klebrig an. Sie hatte doch alle Arznei abgewaschen, oder nicht?
„Miss Lowell“, sagte er förmlich. Nicht Margaret ; da ein anderer Dienstbote und ihr Vater anwesend waren. „Ich hätte etwas, was ich mit Parford besprechen müsste. Meinen Sie, jetzt wäre ein geeigneter Zeitpunkt?“
Es wurde allmählich Abend. Ihr Vater war schwierig – aber er wurde auch mit jedem Tag noch schwieriger. Als wollte er das unterstreichen, ruckte der Herzog einmal scharf zur Verneinung mit dem Kopf. Er war wach und jähzornig. Einen geeigneten Zeitpunkt würde es nie geben.
„Natürlich“, sagte Margaret. „Mit Ihnen zu reden, würde ihm große Freude machen. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Wenn Sie es schaffen, sich mehr als fünf Sekunden vernünftig mit ihm zu unterhalten, sind Ihnen meine Bewunderung und mein Erstaunen sicher.“
„Hmmm.“ Ash sah sie an. „Das wäre mir schon einiges
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