Historical Gold Band 261 (German Edition)
die Kutsche über die schlammige Straße nach London fuhr. Der Wind hatte sich gelegt, aber die Temperatur war gefallen, und im Innern der Kutsche war es sehr kalt.
Elizabeth reiste mit einer Rosshaardecke über dem Schoß, die Füße hatte sie auf einen heißen Ziegelstein gestellt, für den er gesorgt hatte. Sie war ein wenig blass, aber er vermutete, dass das mehr von den beunruhigenden Veränderungen in ihrem Leben kam als von der kühlen Oktoberluft.
Es fiel ihm immer noch schwer, sich vorzustellen, was geschehen war. Er war verheiratet. Verheiratet mit der letzten Frau auf der ganzen Welt, mit der er sich das hatte vorstellen können.
Jedenfalls nicht mehr seit dem Tag, an dem sie ihn wegen eines anderen Mannes hatte sitzen lassen.
Wie hatte es passieren können, überlegte er, dass der Hass, den er so lange empfunden hatte, auf einmal zu etwas anderem geworden war? Abgesehen von dem heftigen Verlangen war er nicht einmal sicher, was genau er eigentlich empfand.
Eines war offensichtlich: Wie immer seine Gefühle auch aussehen mochten, er musste Abstand zu ihr wahren. Ohne das lästige Gefühl der Liebe würden sie, so vermutete er, ganz gut miteinander zurechtkommen.
Elizabeth rutschte auf dem Samtkissen hin und her und lenkte damit seine Blicke auf sich, obwohl er immer an sie gedacht hatte, seit der Pfarrer sie zu Mann und Frau erklärt hatte.
Ihm wurde heiß. Jetzt gehörte sie zu ihm. Bald würden sie die Ehe vollziehen. Reese knirschte mit den Zähnen. Unglücklicherweise würde es nicht heute sein.
Elizabeth zog einen ihrer Handschuhe aus und hob die Hand, um den Reif aus Gold und Rubinen zu betrachten, den sie am Ringfinger trug. „Er ist sehr schön, Reese. Du hattest so wenig Zeit, ich war nicht einmal sicher, ob ich überhaupt einen Ehering bekommen würde – und noch dazu einen so schönen.“
Er lächelte und freute sich seltsamerweise, dass er ihr gefiel. „Er gehörte meiner Großmutter mütterlicherseits. Da Royal der Erbe war, empfanden meine Großeltern es als ihre Pflicht, sich um Rule und mich zu kümmern.“
„Wenn ich mich recht erinnere, starb deine Mutter, als du sechs warst.“
„Und deine, als du fünf warst.“
Sie nickte.
„Da ihr eigenes Kind tot war, wurden Rule und ich die Erben meiner Großeltern.“ Er dachte an die Schwierigkeiten, denen Royal sich gegenübergesehen hatte und von denen Reese erst kürzlich erfahren hatte. „Wie sich herausstellte, war Royal derjenige, der am dringendsten Geld gebraucht hätte. Zum Glück scheint er das Problem gelöst zu haben.“
„Du sprichst von den geschäftlichen Interessen deines Bruders?“
„Ja. Royal war schon immer sehr klug. Er hat einen Titel und Land ohne Geld geerbt anstellte des Vermögens, das für ihn ursprünglich bestimmt gewesen war. Zum Glück erwies sich die Swansdowne Brewery, Royals Projekt, um wieder zu Geld zu kommen, als voller Erfolg.“
„Ich habe in der Zeitung gelesen, wie beliebt das Ale geworden ist.“
„Er macht das sehr gut.“
„Auf jeden Fall sieht er glücklich aus.“
„Ich glaube, das ist er auch.“
„Die Duchess sagte, sie wollten meistens auf dem Land leben.“
Er nickte. „Bransford ist ein sehr großes Anwesen, und Royal liebt die Herausforderung, es zu leiten. Und er hat eine Frau geheiratet, die das einfache Leben liebt.“ Anders als du , ging es ihm durch den Kopf. Lily hatte gewusst, dass Royal in finanziellen Schwierigkeiten steckte. Anders als Elizabeth, die Reichtum und Rang mehr als alles andere schätzte, hatte Lily Royal geheiratet, weil sie ihn liebte.
„Was ist mit dir?“, fragte Elizabeth und unterbrach damit seine Gedanken. „Was wirst du jetzt tun, da du die Armee verlassen hast?“
Diese Frage hatte ihm einst Angst eingeflößt. Nun stand seine Zukunft fest. „Ich werde das Land in Briarwood bestellen. Royal braucht alles Getreide, das das Land hervorbringen kann. Das sollte keine so schwierige Aufgabe sein.“
„Aber das Landleben hat dir noch nie gefallen“, erinnerte sie ihn.
Reese zuckte die Achseln. „Es war der letzte Wunsch meines Vaters.“
Elizabeth musterte ihn genau. „Und jetzt bist du verheiratet und verantwortlich für eine Familie und hast noch weniger Möglichkeiten zu wählen.“
Er runzelte die Stirn. Sie hatte ihn immer viel zu leicht durchschaut. „Ich werde mich daran gewöhnen. Außerdem ist das Landleben nicht annähernd so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte.“
Elizabeth wandte den Blick zum Fenster,
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