Historical Gold Band 261 (German Edition)
Gebäude mit einem Stall im Hof. Elizabeth in ihrem schlichten, mit tannengrünem Samt verzierten grauen Wollkleid ging Arm in Arm mit Reese durch den Schankraum in ein kleines Zimmer im hinteren Teil der Taverne.
Alle Männer erhoben sich, als sie eintrat – der Duke, Sheridan Knowles, Lord Nightingale, Lord March und Jonathan Savage. Mit jenen, die sie nicht ohnehin schon kannte, war sie auf Lady Annabelles Ball bekannt gemacht worden. Elizabeth war überrascht, als sie Reeses Bruder Rule ebenfalls am Tisch sah.
Offenbar überraschte das auch Reese. „Was führt dich hierher, kleiner Bruder? Ich war nicht sicher, ob du noch in London bist. Auf Annabelles Ball habe ich dich nicht gesehen.“
„Unglücklicherweise hatte ich bereits eine Verabredung. Am nächsten Tag habe ich Royal besucht. Er hat mich auf den neuesten Stand dessen gebracht, was hier los ist. Ich komme ein wenig herum. Möglicherweise kann ich etwas Nützliches in Erfahrung bringen.“
Nach allem, was Elizabeth so hörte, kam Reeses kleiner Bruder tatsächlich ziemlich weit herum. Er liebte Frauen und war ein Schürzenjäger. Die Damen liefen ihm nach, auch wenn sein Ruf nicht ganz so schlecht war wie der von Jonathan Savage, dem Sohn eines Earls, den die Gesellschaft kaum noch akzeptierte.
„Wir sind für alles dankbar, was du tun kannst“, erklärte Reese.
Die Begrüßung verlief kurz, und dann nahmen alle wieder an dem hölzernen Tisch Platz. Vor jedem der Männer stand ein Krug Bier, und dann brachte ein Schankmädchen auch Reese einen Krug sowie eine Tasse Tee für Elizabeth.
„Da Royal dieses Treffen einberufen hat“, sagte Reese, als sie wieder unter sich waren, „nehme ich an, dass es etwas zu berichten gibt.“
„Einiges“, bestätigte Royal. „Quentin, warum fängst du nicht an?“
Lord March, ein gut aussehender Mann mit dunklen Augen, stellte seinen Krug ab. „Der Ball war eine gute Idee. Ich habe im Verlauf des Abends einiges gehört.“
„Was hast du gehört?“, wollte Reese wissen.
„Wie es scheint, hat Greers Erzfeind, Lord Sandhurst, den Captain durch einen gemeinsamen Freund kennengelernt und das schon vor einigen Jahren. Sandhurst kannte Greers Hintergrund, wusste, dass seine Mutter Russin war. Und der Earl und Greer hatten bereits eine Auseinandersetzung wegen Lady Sandhurst gehabt.“
„Das ist interessant“, meinte Reese.
Royal wandte sich an einen anderen seiner Freunde. „Nightingale, du hast, glaube ich, noch etwas hinzuzufügen.“
Der Earl of Nightingale, dunkelhaarig, muskulös und elegant, erregte sofort Aufmerksamkeit.
„Auf dem Ball hatte ich, ehrlich gesagt, nicht viel Glück, aber am nächsten Tag besuchte ich einen Freund, der im Außenministerium arbeitet. Er erzählte mir, dass bereits Gerüchte über einen Spion in Umlauf gewesen seien, ehe Sandhurst zum Colonel gegangen ist. Field Marshall Lord Raglan glaubte, dass es ein Leck gab, durch das die Russen Informationen erhielten. Deswegen konnten die Russen sich bei Sewastopol zurückziehen und hatten die Marinebasis bereits verlassen, als unsere Armee dort eintraf.“
„Mit anderen Worten, die Regierung suchte schon nach einem Spion, ehe Sandhurst Travis’ Namen ins Gespräch brachte.“
„So ist es.“
Reese presste die Lippen zusammen, und Elizabeth verstand sofort. „Ihr meint, dass sie nicht nur den falschen Mann haben, sondern auch aufhören, den echten Spion zu suchen, sodass der ungeschoren davonkommt.“
„Genau“, sagte Reese.
„Oder schlimmer noch“, fügte Nightingale hinzu. „Er könnte seine Aktivitäten fortsetzen.“
„Travis ist kein Spion“, erklärte Reese nachdrücklich. „Was bedeutet, dass unsere Soldaten noch immer in Gefahr schweben.“
Sheridan Knowles wirkte nachdenklich. „Wir müssen etwas mehr über Lord Sandhurst herausfinden. Vielleicht hat der Earl noch mehr zu gewinnen, als Rache an Greer zu üben. Vielleicht diente die Anklage auch dazu, den Verdacht von ihm selbst abzulenken.“
„Eine interessante Idee“, meinte Reese und tippte mit einem seiner langen Finger an den Rand seines Zinnkruges.
„Ich kenne Lady Sandhurst recht gut“, warf Rule ein, woraufhin ihn alle ansahen. Niemand schien überrascht zu sein, dass er eine Frau kannte, von der jeder wusste, dass sie sich einige sexuelle Freiheiten herausnahm. „Ich werde mit ihr reden und sehen, was sie mir über ihren Ehemann zu erzählen bereit ist.“
„Gute Idee“, sagte Reese.
„Und natürlich“, meinte Savage und
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