HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
hatte?
Konnten ein paar gestohlene Küsse, eine leidenschaftliche Umarmung eine Frau völlig verwandeln? Sie erwachsener machen? Selbstsicherer? Oh, wie sehr wünschte sie sich, schön und modisch auszusehen und … verführerisch.
Ärgerlich über die Richtung, in die sich ihre Gedanken bewegten, griff Bethany entschlossen nach ihrem Umschlagtuch und verließ festen Schrittes ihre Kammer. Bereits auf der Treppe hörte sie zu ihrer Überraschung von unten aus dem Salon die Stimme von Edwina Cannon.
Sie versuchte, unbemerkt an der geöffneten Tür vorbeizuhuschen, doch Edwina entdeckte sie und eilte ihr in die Eingangshalle hinterher. „Bethany“, rief sie mit ihrer hohen, unangenehmen Stimme, „du wirst nicht glauben, was ich dir zu erzählen habe. Ich sagte gerade zu den anderen …“ Sie zog die widerstrebende Bethany mit sich zurück in den Salon, wo die übrigen Familienmitglieder von Mary Castle sich auf Edwinas Wunsch hin versammelt hatten.
„Wir haben eine Nachricht von einer Miss Jenna Pike von dem Heim für Findelkinder in Mead bekommen. Hat schon mal jemand davon gehört?“
Bis auf Geoffrey Lambert verneinten alle Anwesenden die Frage. „Mead ist ein kleines Fischerdorf, ziemlich weit entfernt von Land’s End. Aber von diesem Heim habe ich noch nie gehört“, berichtete der alte Herr.
„Und sonst auch niemand“, fügte Edwina in verschwörerischem Ton hinzu. „Diese Miss Jenna Pike hat meine Mama und mich nach Mead eingeladen, um die Wertsachen, die uns der Wegelagerer abgenommen hat, in Empfang zu nehmen.“
Ein allgemeines Raunen setzte ein.
Lächelnd fuhr sie fort: „Offenbar wurde vor der Tür zu dem Heim ein Päckchen gefunden, in dem sich unzählige Juwelen und andere wertvolle Sachen befanden, zusammen mit einer Liste der rechtmäßigen Besitzer. Und diese Liste war unterzeichnet von dem Lord der Nacht.“
„Könnte das bedeuten, dass der Unbekannte seine Meinung geändert hat?“
„Ich glaube kaum“, entgegnete Edwina und bewegte sich in Richtung Tür. „Oswald meint, es sei wahrscheinlicher, dass dem Unhold hier der Boden unter den Füßen zu heiß wird für sein Treiben, weil ihm die Königlichen Soldaten auf die Spur gekommen sind. Er hat wohl Angst, geschnappt und mittels Beweisen überführt zu werden, wenn er aus Cornwall flüchtet.“
„Oswald?“ Bethany hatte einige Gerüchte über Edwina und den Vetter des Earl of Alsmeeth gehört.
„Ja, Oswald. Habe ich dir noch nicht von ihm erzählt? Er hat in letzter Zeit ungewöhnlich oft meine Gesellschaft gesucht. Er behauptet sogar, ich sei der Grund dafür, dass er noch immer nicht nach London zurückgekehrt sei.“ Mit gesenkter Stimme fügte Edwina noch hinzu: „Mama und ich glauben, dass er möglicherweise schon bald um meine Hand anhält.“
„Nun denn.“ Bethany fiel beim besten Willen nicht ein, was sie darauf hätte antworten sollen. Es war ihr unbegreiflich, wie eine Frau sich zu dem oberflächlichen, eitlen Oswald Preston hingezogen fühlen konnte. Aber in gewisser Weise passte er zu Edwina.
„Was auch immer der Grund sein mag für die Entwicklung der Dinge: Wichtig ist, dass Mama und ich unseren Schmuck zurückbekommen. Oswald sagt, wir würden noch heute nach Mead aufbrechen.“ Edwinas Röcke raschelten, als sie mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck und hoch erhobenen Kopf hinausrauschte. Im Salon hing noch der schwere Duft ihres französischen Parfums.
Beim Frühstück hing Bethany ihren Gedanken nach. Immer wieder fiel ihr der vergangene Abend ein. Der unbekannte Reiter und sein Hengst hatten alle Anzeichen eines harten, anstrengenden Rittes aufgewiesen. Es konnte also durchaus sein, dass sie von Mead gekommen waren. Aber der Lord der Nacht hatte auf Bethany keinesfalls den Eindruck eines gehetzten Mannes gemacht, der vor irgendetwas davonlief.
Darcys Worte rissen sie aus ihren Grübeleien. „Glaubt ihr, Edwina hat recht? Könnt ihr euch vorstellen, dass der Lord der Nacht Cornwall verlassen hat?“
Geoffrey ergriff das Wort. „Ich hoffe es von ganzem Herzen. Viele Leute hier in der Gegend würden dadurch ihren Seelenfrieden wiederfinden.“
„Hattest du Angst vor ihm, Großvater?“, wollte Bethany wissen.
„Nein.“ Der alte Herr schüttelte entschieden den Kopf. „Nur die Reichen und die von nobler Herkunft müssen sich Sorgen machen. Ich habe nichts, was für einen Wegelagerer von Wert wäre.“
„Nun“, meinte Bethany, während sie aufstand und um den Tisch herum zu Geoffrey
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