HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
steht und befürchtet, mit den Beweisen für seine Raubzüge festgenommen zu werden. Was meinen Sie dazu?“
Vorsichtig hob sie den Blick und fühlte sich bis ins Mark getroffen, als sie den Ausdruck seiner Augen wahrnahm.
Kane konnte keinen einzigen vernünftigen Gedanken mehr fassen, so gebannt war er von Bethanys grünen Augen. Wie konnte er nur so dumm sein, zu glauben, er könne Abstand zu ihr wahren?
In diesem Moment wollte er Bethany nur noch mit aller Macht in die Arme reißen und sie küssen, bis sie beide atemlos und voll ungestümen Verlangens wären. Und dann wollte er die Zärtlichkeiten weiterführen bis zum unvermeidlichen erlösenden Höhepunkt.
Mit großer Mühe gelang es ihm, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. „Ich kenne das Kinderheim in Mead. Viele Findlingskinder haben dort ein Zuhause gefunden.“ Er dachte nach und schlug dann unerwartet vor: „Möchten Sie es sehen?“
„Ginge das? Sie hätten nichts dagegen?“ Bethany war begeistert.
„Vielleicht ist es ja eine angenehme Erfahrung. Für uns beide.“ Und er hätte noch etwas anderes zu tun, als Bethany die ganze Zeit wie ein liebeskranker Narr anzustarren.
Es war ein wunderbarer Tag für eine Ausfahrt, und Bethany genoss jeden Moment an Kanes Seite, während sie in dem offenen Einspänner über Land fuhren. Zwischen ihnen lag Storm, der sich zu Kanes großer Verwunderung widerstandslos von Bethany kraulen ließ und diese Behandlung sogar zu genießen schien.
„Der Unterschied zu Penhollow Abbey ist gewaltig, wie Sie gleich selbst sehen werden“, erzählte Kane in lockerem Plauderton. „Die Leute dort sind bitterarm, denn Mead ist ein reines Fischerdorf. Da jedoch fast jeder in Cornwall seinen Fisch selbst fängt, kommt kaum jemals eine Menschenseele nach Mead, um sich dort mit Vorräten einzudecken.“
„Ja, das kann ich mir gut vorstellen“, erwiderte Bethany. „Woher kennen Sie denn das Dorf?“
„Mein Vater kam oft hierher. Aber ich durfte ihn nur selten begleiten. Wahrscheinlich dachte er, dass der Unterschied zwischen unserem Reichtum und der Armut der Dorfbewohner zu befremdlich sei. Später fand ich jedoch den Weg ganz allein.“
Inzwischen waren sie in dem kleinen Ort angekommen und fuhren in ihrem Einspänner am Kai entlang. Kane entdeckte einen Mann, den er wohl kannte, denn er brachte den Wagen zum Stehen und stieg aus. Ein alter Mann, das Gesicht von Wind und Wetter gegerbt, kam strahlend auf ihn zu und nahm dankbar einige Goldstücke von Kane entgegen. Im Gegenzug schleppte er einen Eimer voll zappelnder Fische heran und stellte ihn auf der Ladefläche des Gefährts ab.
„Reide“, sagte der Earl of Alsmeeth, „darf ich dir Miss Bethany Lambert vorstellen?“
„Miss Lambert.“ Der alte Mann zog seinen Hut und bedachte sie mit einem zahnlosen Lächeln. Dann wandte er sich wieder an Kane. „Miss Pike wird sehr enttäuscht sein, Mylord, wenn Sie nicht für einen kurzen Besuch bei ihr anhalten.“
„Ich hatte sowieso vor, ihr Guten Tag zu sagen.“ Kane schüttelte dem Mann die Hand und stieg dann wieder zu Bethany in den Einspänner.
„Sie kennen Miss Jenna Pike?“, wollte sie wissen, als sie wieder unterwegs waren.
„Ja. Sie ist eine gute Frau. Vielleicht die beste Frau, die mir je begegnet ist. Wie ihre Mutter, so ist auch Jenna Pike wunderschön, warmherzig und großzügig.“
Bethany fühlte einen kurzen Stich in der Herzgegend. War sie etwa eifersüchtig? Nein, warum auch? Es sollte ihr wirklich egal sein, mit wem der Earl of Alsmeeth seine Zeit verbrachte.
Doch während sie durch das verschlafene, kleine Dorf fuhren, wuchs in Bethany die Entschlossenheit, diese Frau, auf die Kane Preston so große Stücke hielt, unsympathisch zu finden.
Der Weg führte nun einen kleinen Hügel hinauf, vorbei an einer uralten Kirche, an deren Fundament sich wilder Efeu entlangrankte. Gleich dahinter stand ein altes Gebäude, das wohl das Pfarrhaus sein mochte.
Bevor Kane den Wagen zum Stehen gebracht hatte, wurde bereits eine Tür aufgerissen. Eine bezaubernd schöne, junge Frau erschien auf der Schwelle und breitete die Arme in herzlichem Willkommen aus.
Erstaunt beobachtete Bethany, wie Kane ausstieg und die Hände der Frau ergriff, während eine Horde kleiner Kinder aus dem Haus gestürmt kam und die beiden Erwachsenen grölend und schreiend umzingelte. Als Kane und die Frau je einen Schritt voneinander zurücktraten, sagte diese etwas in sanftem Tonfall, und die Kinder waren sofort
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