HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Achselzucken verbarg. „Mir liegt nicht viel daran, mit meiner Mannschaft Ale in einer Schenke zu trinken.“
„Mir auch nicht. Und mit Whit an meiner Seite werde ich mir etwas Interessanteres einfallen lassen müssen als einen Besuch im Wirtshaus. Der Junge möchte etwas von dem Land sehen, das er noch nicht kennt.“ Dann senkte er die Stimme. „Komm, Darcy. Auch der Captain braucht einmal Abwechslung vom alltäglichen Trott.“
Sie verzog den Mund zu einem zaghaften Lächeln. Seine eindringliche Stimme löste einen leichten Schauer in ihr aus.
„Nun gut.“ Als sie sah, dass Newton das Boot auf sie zusteuerte, rief sie: „Gebt mir einen Moment.“
Rasch lief sie über den Niedergang hinunter in ihre Kajüte. Kurze Zeit später erschien sie wieder an Deck und trug ein einfaches Kleid aus gebleichter Wolle, das einen hohen Kragen und lange, zu den Handgelenken hin spitz zulaufende Ärmel hatte. Darüber trug sie ein Schultertuch in einer ähnlichen Farbe. Sie hatte sich das Haar gebürstet und mit Perlmuttkämmen aus dem Gesicht gestrichen.
Gryf konnte seinen Blick nicht von ihr lassen, als sie die Strickleiter hinabstieg und in dem Beiboot Platz nahm. Doch während er seine Gedanken für sich behielt, war Whit weniger zurückhaltend.
„Captain, Ihr seht wie … eine Dame aus.“
„Danke, Whit.“ Eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen, da sie Gryfs Blicke spürte. Plötzlich war sie froh, dass sie sich die Zeit genommen hatte, die Kleidung zu wechseln.
„Aber warum habt ihr Euch so angezogen?“
„Damit die braven Leute in diesem Dorf nicht empört sind. Ich glaube nicht, dass sie jemals zuvor eine Frau in Männerhosen gesehen haben.“
Der Bursche kicherte. „Ich auch nicht. Ihr seid die erste Frau.“
„Bin ich das?“ Jetzt musste auch sie lachen. „Dann solltest du meine Schwestern kennenlernen.“
„Ihr habt noch Schwestern? Wie heißen sie?“
Gryf war froh, dass der Junge diese Fragen stellte, denn er war genauso begierig auf die Antworten wie er. Es war offensichtlich, dass Darcy viel unbekümmerter über sich selbst sprach, wenn sie dachte, nur Whit würde zuhören.
„Meine Schwestern heißen Ambrosia und Bethany.“ Als sie die Namen aussprach, wurde ihre Stimme weicher, und sie merkte, wie sehr sie ihre Geschwister vermisste. „Ambrosia ist die älteste. Sie ist mit einem Captain verheiratet, Riordan Spencer. Dann kommt Bethany; sie ist mit Kane Preston vermählt, dem Earl of Alsmeeth.“
„Ein Earl?“ Der Junge schien tief beeindruckt zu sein. „Lebt sie in einem großen Haus mit vielen Dienern?“
„Ja. Aber deswegen hat sie ihn nicht geheiratet. Es war eine Liebesheirat.“
Gryf bemerkte ihren sehnsuchtsvollen Tonfall und war überrascht, dass es ihn berührte.
„Haben Eure Schwestern auch das Kommando über ein Schiff?“, fragte der Junge.
„Ja. Wir sind abwechselnd Captain auf der Undaunted .“
„Können sie so kämpfen wie Ihr?“
Darcy lachte. „Sie sind wilder als ein Pirat. Ambrosia ist groß genug, um den Säbel führen zu können. Bethany kann sehr gut mit einem Paar Duellpistolen umgehen.“ Sie berührte den Knauf ihres Messers an ihrem Gürtel. „Das ist meine Waffe. Als ich so alt war wie du, Whit, konnte ich ein einzelnes Blatt mit der Klinge vom Baum holen.“
Der Junge wandte sich Newton zu. „Stimmt das wirklich? Oder macht sie nur Spaß?“
Der alte Mann nickte. „Das ist die Wahrheit, Junge. Keiner in unserem kleinen Dorf wollte sich mit den Lambert-Schwestern anlegen. Nichts liebten sie mehr als eine gute Rauferei. Manch einen kühnen Burschen haben sie verängstigt zu seinem Papa nach Hause geschickt.“
Gryf konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, als er sich vorstellte, dass die Jungen aus dem Dorf mit Tränen in den Augen von einem zierlichen blonden Dämon nach Hause gejagt wurden. Hätte er ihre Fähigkeiten und ihre Furchtlos igkeit nicht selbst gesehen, wären ihm vermutlich auch Zweifel gekommen.
Als das Boot am Kai anlegte, warf ein Seemann Gryf ein Tau zu, mit dem er das Boot sicherte. Bevor der Mann ihr eine Hand anbieten konnte, hatte Darcy bereits die Röcke gerafft und war aus dem Boot gesprungen.
Sie drehte sich um, als Whit hinter ihr an Land stieg. „Willkommen in Schottland, Junge.“
„Schottland. Wer hätte das gedacht? Vor Wochen glaubte ich noch, den nächsten Morgen nicht mehr zu erleben. Und jetzt bin ich in Schottland.“
Der Junge überraschte sie, als er ihre Hand ergriff. Sie schaute auf
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