Historical Lords & Ladies Band 38
Zurückhaltung aus, eine Kälte, die äußerst einschüchternd wirkt.“
„Vielleicht ist das auf seine langen Jahre bei der Armee zurückzuführen“, bemerkte Julia in der Hoffnung, Sarah damit ein wenig zu beruhigen.
„Das hängt wohl eher damit zusammen, dass die Frauen ihm ständig nachstellen, mein Schatz“, antwortete Lady Wribbonhall trocken und läutete nach dem Butler.
„Will Ravensdene denn nicht heiraten, Madam?“
„Das weiß ich nicht. Vor zwölf Jahren jedenfalls hatte er nichts dagegen. Er heiratete trotz aller Einwände Marianne Moreton direkt von der Schule weg und nahm sie mit nach Sizilien, wo er stationiert war.“
„Na ja …“ Julias Blick war etwas unsicher, „… das klingt zwar sehr romantisch, aber ich möchte nicht so hartnäckig bedrängt werden. War sie denn glücklich mit ihm?“
„Ich denke schon. Aber vergiss nicht, dass zehn oder zwölf Jahre einen Mann sehr verändern. Ravensdene war damals gerade erst volljährig geworden, und Marianne soll ungewöhnlich schön und anmutig gewesen sein.“
Sarah fröstelte, die Erinnerung an Verbrechen und Gewalt stürmte wieder auf sie ein. „Was ist aus ihr geworden?“
„Nur ein Jahr nach der Hochzeit kam Marianne durch einen tragischen Unfall ums Leben, als sie ihr erstes Kind erwartete.“
„Schrecklich!“, rief Julia. „Kein Wunder, dass Ravensdene so kalt und abweisend ist.“
Sarah enthielt sich eines Kommentars. Sie war fasziniert und erschreckt zugleich. Ravensdene hatte also ebenfalls ein schweres Unglück erlitten und deshalb nicht wieder geheiratet. Sie dachte an das Zusammentreffen mit ihm und erschauderte. Es war alles so schnell gegangen.
Sie schreckte aus ihren Gedanken hoch, als Lady Wribbonhalls Butler eintrat.
„Humby, Miss Lynley wird den Tag hier verbringen und heute Abend an unserer Party teilnehmen. Wir müssen jedoch zunächst Sir Jasper darüber informieren. Natürlich werden wir dafür sorgen, dass sie sicher nach Hause kommt. Holen Sie mir bitte Papier und Feder, damit ich ihm ein paar Zeilen schreiben kann. Ein Stallknecht kann die Nachricht mitnehmen, wenn er Miss Lynleys Pferd zurückbringt.“
„Aber Madam … ich glaube nicht …“ Sarah hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Auf eine Party war sie nicht vorbereitet. „Ich habe nichts zum Anziehen“, wandte sie ein, „und außerdem kann ich Onkel Jasper nicht so lange allein lassen …“
„Unsinn, meine Liebe. Wenn Sir Jasper so besorgt um deine Zukunft ist, kannst du ihn am besten beruhigen, indem du eine respektable Verbindung eingehst. Deshalb willst du vermutlich auch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Und was wäre für den Anfang besser geeignet als eine kleine Party im Kreise von Freunden, von denen du die meisten bereits kennst? Und was deine Garderobe betrifft: In Julias Schränken wird sich bestimmt etwas Geeignetes finden. Wir müssen so bald wie möglich deine Ausstattung komplettieren und meine Schneiderin aufsuchen. Julia, geh bitte mit Sarah nach oben, damit sie sich ein Kleid aussuchen kann. Ich überlege inzwischen, was weiter zu tun ist.“
Noch bevor sie ein Wort des Protestes äußern konnte, stand Sarah vor dem Salon. Humby kam ihnen mit Papier und einer Auswahl Federn entgegen. Offensichtlich war Widerspruch zwecklos, und Onkel Jasper würde bestimmt außer sich vor Freude sein, wenn er erfuhr, dass sie an einem Fest teilnahm.
„Ich habe genau das Richtige für dich, Sarah.“ Julia schob ihren unfreiwilligen Gast die Treppen hinauf. „Ich habe es nie angezogen, weil ich es mit einem Überkleid aus weißer Gaze oder etwas Ähnlichem tragen sollte. Du bist zweiundzwanzig und musst dich nicht immer weiß kleiden. Die Jonquilseide wird dir ausgezeichnet stehen, und vielleicht borgt dir Mama ihren golddurchwirkten Schal.“
Sarah seufzte. Die Situation drohte ihrer Kontrolle zu entgleiten. Wenn sie künftig unter Lady Wribbonhalls Obhut Gesellschaften besuchte, würden die Leute unweigerlich zu einem einzigen Schluss gelangen – was durchaus in Sarahs Pläne passte. Doch wie sollte sie einerseits Onkel Jasper davon überzeugen, dass sie Ausschau nach einem Ehemann hielt, und andererseits den interessierten Gentlemen zu verstehen geben, dass sie es nicht tat?
Nicht einmal Lady Wribbonhall konnte sie ihre wahren Absichten anvertrauen, denn Ihre Ladyschaft würde für ihr Vorhaben, Kontakte zu knüpfen, um für einen späteren Zeitpunkt ihre Dienste als Gouvernante oder
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