Historical Lords & Ladies Band 38
überwältigte sie. Sie wusste, dass sich hinter Ravensdenes eleganter Kleidung und seiner kühlen, höflichen Art ein Mann verbarg, der zu heftigen Reaktionen fähig war, wenn er gereizt wurde. Selbst die Anwesenheit anderer Gäste im Garten trug nicht dazu bei, sie zu beruhigen. Ravensdene führte sie so weit von den anderen fort, wie es die Schicklichkeit gestattete. Als sie an einer kleinen Marmorbank angelangt waren, begann ihr Herz wie wild zu pochen.
Ravensdene blieb stehen und sah sie an. „Ich habe Sie hierher gebracht, um die Rückgabe eines gewissen Objekts zu besprechen, Miss Lynley, und um etwas zu tun, was Sie sich in Ihrer lebhaften Fantasie vielleicht ausmalen.“ Er drückte sie sanft auf die Bank und setzte sich ebenfalls.
Sarah rückte ein wenig ab. Ravensdenes schroffer Ton hatte ihren Stolz verletzt. Sie atmete tief durch. Die kühle Luft tat ihr gut, ihr Verstand wurde langsam wieder klar. Sie nahm den Garten, den Laternen in sanftes Licht tauchten, jetzt deutlicher wahr.
Wenn sie nur ständig nicht an einen großen schwarzen Panther denken müsste, dann könnte sie sich viel leichter konzentrieren.
„Sie hatten recht, Mylord. Hier ist es viel angenehmer. Allerdings sollten wir die Angelegenheit rasch klären, bevor man uns vermisst. Immerhin hat man uns gerade erst vorgestellt.“
„Ich freue mich, dass Sie nicht behaupten, mich gerade erst kennengelernt zu haben, Miss Lynley. Sie scheinen es mit der Wahrheit genau zu nehmen. Das macht Sie zu etwas Besonderem“, murmelte er. „Sie scheinen auch sonst eine ungewöhnliche Frau zu sein. Sie tanzen nicht. Sie meiden Gesellschaften. Ich schließe daraus, dass Sie heute nur hier sind, um Ihr … Eigentum zurückzubekommen.“
„Nun, eigentlich gehört sie nicht mir“, gestand sie erleichtert. „Mein Onkel besitzt eine Waffensammlung, aus der ich mir eine Pistole ausgeliehen habe – für alle Fälle. Ich war schließlich allein am Strand und habe Muscheln gesammelt. Man kann nicht vorsichtig genug sein. Es hat hier in der Gegend immer Schmuggler gegeben.“
„Ach ja, die zerbrochenen Schalen.“ Er lächelte. „Ein gefährlicher Ausflug, da mussten Sie natürlich eine Waffe mitnehmen. Und nun befürchten Sie, Ihr Onkel könnte das Fehlen der Pistole bemerken.“
Sarah ging nicht auf Ravensdenes spöttischen Tonfall ein. „Das ist mehr als wahrscheinlich. Onkel Jaspers Sammlung ist ziemlich umfangreich, und er schwelgt gern in Erinnerungen. Sogar sehr oft.“
„Wir dürfen also keine Zeit verlieren. Ich werde Sir Jasper morgen einen Besuch abstatten und versuchen, Ihnen die Waffe irgendwie unbemerkt zuzuspielen. Was übrigens gar nicht so einfach ist, Miss Lynley.“ Im Laternenlicht konnte sie das Funkeln in seinen Augen erkennen. „Sollte das nicht möglich sein, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.“
Sarahs Geduld war erschöpft. „Sie nehmen mich nicht ernst, Mylord. Onkel Jasper müsste zuerst Sie aufsuchen oder um Ihren Besuch bitten, da Sie gerade erst in Comberford angekommen sind und ihn noch nicht kennen.“
Ravensdene lächelte. „Aber ich kenne Sie, Miss Lynley.“
Sarah erschrak. Wie würde ihr Onkel – oder die Nachbarschaft – reagieren, wenn der Earl of Ravensdene, den sie gerade erst kennengelernt hatte und der ihrem Vormund noch nicht vorgestellt worden war, ihr einen Besuch abstattete?
„Ich freue mich, zu Eurer Lordschaft abendlichen Unterhaltung beitragen zu können“, erwiderte sie bissig. „Sie glauben wahrscheinlich, dass ich es nach dem gestrigen Vorfall nicht besser verdient habe. Aber ich versichere Ihnen, Sie waren nie wirklich in Gefahr. Ich schieße ausgezeichnet.“
Interessiert hob er die Brauen.
„Ja.“ Sie erinnerte sich plötzlich an das, was Ravensdene über ihre Wahrheitsliebe gesagt hatte, und hoffte, dass er ihr Erröten nicht bemerkte.
Der Earl sah sie immer noch an, als wäre sie eine fremde, ihm bislang unbekannte Spezies. „Miss Lynley, ich glaube, ich habe Ihnen vorhin unrecht getan. Sie sind nicht nur ein besonderes, ungewöhnliches Geschöpf – Sie sind einzigartig.“
Ihr Herz klopfte, als wollte es zerspringen. „Ich weiß nicht, was Sie meinen, Mylord“, war alles, was sie hervorbringen konnte.
„Das sehe ich“, murmelte er. „Auch deshalb sind Sie einzigartig.“ Er machte eine Pause. Ein verräterisches Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich könnte es nicht einmal erklären, ohne wie ein Narr zu klingen. Doch ich versichere Ihnen, dass
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