Historical Lords & Ladies Band 39
ohne Philip direkt in die Augen zu sehen.
„Zu dumm“, antwortete er. „Ich habe den Wagen in Ruthven Manor gelassen.“ Er wusste genau, dass ihr das geläufig war.
Sie seufzte bekümmert. „Wenn dem so ist, Sir, muss ich Ihre Einladung ablehnen. Bitte, richten Sie Lord Satterley, falls Sie ihn sehen, meine Grüße aus.“
Es ärgerte Philip, dass sie immer noch seinem Blick auswich. Nach kurzem, unbehaglichem Schweigen sagte er kühl: „Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Nachmittag, meine Liebe.“ Er verbeugte sich und verließ rasch den Grünen Salon.
Zwei Abende später suchte Philip Zuflucht in der Bibliothek und verfluchte erneut Antonias Scharfsinn. Sie konterte jeden von ihm unternommenen Schachzug, durchkreuzte jede noch so geschickte Strategie, sie allein sprechen zu können. Neuerdings war sie im Haus stets nur in Begleitung ihrer Zofe anzutreffen, verließ es lediglich, um zu einem gesellschaftlichen Ereignis zu fahren, und war dann immer entweder von einer Schar Verehrer umringt oder mit Miss Dalling zusammen. Da Philip ihr in der Öffentlichkeit keine Szene machen konnte, musste er sich geschlagen geben. Und da ihr klar war, dass er keine unliebsame Aufmerksamkeit auf sich lenken würde, konnte er ihr nicht einmal mit einem Skandal drohen.
Unruhig ging er auf und ab und überlegte, was er nun tun solle. Sie hatte sich ihm in einer Weise entzogen, die er nicht für möglich gehalten hätte. Er hatte nicht erwartet, dass es ihn so stören würde, kein warmherziges Lächeln mehr von ihr geschenkt zu bekommen. Er sehnte sich danach, in ihren Augen wieder Freude zu sehen, wollte erneut das gute Einvernehmen hergestellt wissen. Er wollte sie wieder erröten sehen. Ihm kam es sehr darauf an, dass sie ihn wieder so anschaute wie früher, mit offenem, ehrlichem Blick, aus dem ihre Liebe sprach.
Schließlich gelangte er zu der Erkenntnis, dass es doch einen Weg gab, um mit ihr ins Reine zu kommen. Bisher hatte er im Hinblick auf ihre Unschuld und aus Ritterlichkeit darauf verzichtet. Doch nun war Ritterlichkeit nicht mehr vonnöten. Entschlossen nahm er sich vor, Antonia von nun an nachzustellen und sie zu verführen.
Beim Frühstück schwor sich Antonia, sie werde Lady Ardale, deren Namen sie am Abend nach dem Ball bei Lord und Lady Carstairs in Erfahrung gebracht hatte, falls sie sie zufällig im Park neben dem See im Hyde Park stehen sah, mit einem geschickten Stoß in das Wasser befördern. Gewissensbisse würde sie nicht haben, höchstens der Enten wegen, die dann erschrocken auseinanderstoben.
„Nein, ich bin ganz sicher!“, sagte Henrietta mit Nachdruck. „Meine Lieben, das können wir nicht geschehen lassen!“
„Ja, die Angelegenheit ist wirklich verfahren“, meinte Geoffrey. „So, wie Lady Ticehurst redet, bleibt ihrer Nichte und Hammersley kein Ausweg. Wenn sie mit Lady Ticehurst und Lady Hammersley aufs Land müssen, kann jeder Blinde sehen, was dann passiert.“
„Zu dumm, dass Ticehurst so weichherzig ist“, sagte Henrietta bedauernd.
„Mr Fortescues Worten zufolge lebt Ticehurst schon so lange unter der Fuchtel seiner Gattin, dass er nicht einmal ohne Erlaubnis zu niesen wagt.“
„Er ist nicht charakterstark“, äußerte Henrietta seufzend. „Das ist ein Grund mehr, diese Einladung anzunehmen. Falls überhaupt eine Chance besteht, Lady Ticehursts Absichten zu durchkreuzen, müssen wir sie nutzen. Das sind wir ihrer Nichte und Hammersley schuldig. Was meinst du dazu, Antonia?“
„Ja, natürlich“, murmelte Antonia geistesabwesend. Sie hatte Anteil an Miss Dallings Sorgen genommen, sich jedoch weitaus mehr mit ihren befasst. Als sie beschlossen hatte, Philip eine adäquate Gattin zu sein, und später bei der Entscheidung, wie sie auf sein Verhalten Frauen gegenüber reagieren solle, war sie von dem Gedanken geleitet worden, ihre Gefühle würden sich der Stimme der Vernunft unterordnen. Die Wirklichkeit erforderte jedoch ein gerüttelt Maß an Anpassungsfähigkeit, sodass sie nicht sicher war, ob sie die Rolle, die sie auszufüllen gedachte, nicht vollkommen neu anlegen müsse.
In Anbetracht des Zorns, der sie jedes Mal überkam, wenn sie an Lady Ardale dachte, und dem überwältigenden Drang, dann zu Philip zu gehen und eine Erklärung von ihm zu verlangen, im Hinblick auf die Entschlossenheit, ihm zu sagen, er gehöre ihr und nur ihr allein, und der sicheren Erkenntnis, dass sie selbst einen Lebemann wie ihn zu einem besseren Lebenswandel bekehren könne,
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