Historical Lords & Ladies Band 39
handeln. Plötzlich fiel ihm auf, dass erst der Einspänner, einige Zeit später auch der Phaeton von der Straße abbogen.
Er trat dem Hengst in die Flanken, hetzte ihn voran und schlug den zu einem einsam gelegenen Haus führenden Weg ein. Kurze Zeit später gelangte er dorthin, sah, dass es sich um eine Herberge handelte, vor der sowohl das Gig als auch der Zweispänner standen, und saß behänd ab. Keuchend rannte er ins Haus, fand sich in einem nur von einer Öllampe matt erhellten Vestibül wieder und blieb lauschend stehen.
Aus dem oberen Stockwerk drangen gedämpfte Stimmen zu ihm. Entschlossen hastete er die Treppe hinauf, horchte einen Moment und betrat dann vorsichtig einen Raum, dessen Tür nur angelehnt war. Er erblickte Antonia, die vor einer Verbindungstür stand, näherte ihr sich leise und legte ihr geschwind die Hand auf den Mund. „Zum Teufel, was hat das zu bedeuten?“, flüsterte er ungehalten.
Mit einem Blick wies Antonia auf die Tür und antwortete leise: „Hör zu!“
Philip hörte einen Mann äußern, er sei mit dem für die Fahrt nach London vereinbarten Preis nicht einverstanden, da nun eine junge Dame mit von der Partie sein sollte. Ein anderer Mann drohte dem Angesprochenen, man könne auch zu schärferen Mitteln greifen, um einen höheren Lohn zu bekommen. Dann vernahm Philip Mr Fortescue, der sich weigerte, mehr zu zahlen. Warnend legte er den Zeigefinger auf den Mund, schob Antonia behutsam zur Seite und raunte ihr zu: „Bleib hier und verhalte dich still.“
Überrascht nickte sie und sah ihn vorsichtig den angrenzenden Raum betreten.
Zwei Männer standen mit dem Rücken zu ihm, und dahinter bemerkte er Miss Dalling, Hammersley, Mr Fortescue und Geoffrey. „Kannst du mir erklären, Geoffrey, warum du deine Schwester mitten in der Nacht aus dem Haus gelockt hast?“
Die Kutscherkleidung tragenden Männer drehten sich angriffslustig zu ihm um. Philip schlug zu, streckte einen von ihnen nieder, wich dem anderen aus und stellte ihm ein Bein. Im Nu hatte er den stürzenden Kutscher beim Arm ergriffen, riss ihn herum und schleuderte ihn gegen die Wand. Der Mann schlug mit dem Kopf auf und sank langsam bewusstlos zu Boden.
Ein Geräusch lenkte Philip ab, und hastig wandte er sich um. Antonia war in das Zimmer gekommen und schaute ihn entgeistert an. Im gleichen Moment rannte Miss Dalling zu ihr und warf sich ihr schluchzend in die Arme.
Einen Herzschlag später pochte jemand laut an die Tür zum Korridor. Geoffrey öffnete sie und ließ den Wirt eintreten.
„Guten Abend“, begrüßte Philip ihn und stellte sich vor. „Ich nehme an, Sie sind der Krüger?“
„Ja! Was geht hier vor? Ich führe ein respektables Haus, Mylord!“
Philip erklärte dem Mann, seine Freunde hätten beschlossen, den Besuch bei Bekannten abzubrechen und nach London zurückzufahren. Aus Gründen, die ihm nicht vollständig bekannt seien, hätten sie sich entschieden, die vorher von ihnen engagierten Kutscher in diesem Haus und nicht in der Residenz ihrer Freunde zu treffen. Von seinen Freunden benachrichtigt, sei er sogleich hergekommen, um ihnen behilflich zu sein. Erst hier hätte man festgestellt, dass es sich bei den beiden Männern um Gauner handele.
Der Wirt äußerte sein Bedauern über den unliebsamen Zwischenfall, rief nach den Hausburschen und ließ die Bewusstlosen fortschaffen. Philip mietete die Berline des Wirtes, dazu einen Kutscher und einen Stallknecht und verkündete dann, man werde im Schankraum warten, bis der Wagen abfahrbereit sei.
Man begab sich in die im Parterre gelegene Gaststube. Nachdem man sich gesetzt hatte, blickte Philip in die Runde und sagte unwirsch: „Und nun möchte ich wissen, was das alles zu bedeuten hat.“
„Ich war sicher, dass meine Tante Elizabeth mir helfen würde, Mr Fortescue zu heiraten“, antwortete Catriona befangen. „Sie war einmal bei meiner Tante Maeve zu Gast. Damals hat man mich in mein Zimmer geschickt, doch zufällig hörte ich später zwei Hausmädchen darüber reden, dass es zwischen meinen Tanten einen lautstarken Streit gegeben hatte. Tante Elizabeth wollte mich unbedingt sehen, doch Tante Maeve weigerte sich. Hätte ich schon damals gewusst, dass sie nicht das Recht hatte, mein Vormund zu sein, wäre ich längst zu Tante Elizabeth gezogen. Ich habe die Bibel mitgebracht“, fügte sie hinzu und wies auf das auf dem Tisch liegende Bündel. „Sie gehörte meinem Vater. Sicher lässt sich damit beweisen, dass Tante Elizabeth
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