Historical Lords & Ladies Band 40
verhärmt – nur mehr ein Schatten der jungen Frau, die er vor langer Zeit gekannt hatte. „Setzen Sie sich, Emily. Wie geht es Ihnen?“
„Oh, recht gut, Sir.“
„Sagen Sie mir die Wahrheit. Sie sehen ziemlich mitgenommen aus.“
„Nun ja, Mrs Hammond ist sehr anspruchsvoll. Und da sie drei Töchter unter die Haube bringen will, habe ich alle Hände voll zu tun.“
„Warum haben Sie sich keine angenehmere Stellung gesucht, Emily? Bevor ich damals nach Indien fuhr, erklärte ich Ihnen, Sie sollten sich Zeit nehmen, ich würde Ihr Gehalt bezahlen, bis Sie etwas Passendes gefunden haben.“
„Das ist mir auch gelungen. Ein paar Jahre lang arbeitete ich für Lady Middleton, eine freundliche Herrin. Leider starb sie plötzlich, und ich musste eine neue Stellung antreten.“ Hilflos hob sie ihre abgearbeiteten Hände. „Wie Sie wissen, Sir, kehren die meisten Familien nach der Saison auf ihre Landgüter zurück. Deshalb gab es nicht allzu viele freie Stellen, und ich durfte nicht wählerisch sein.“
„Sie waren stets tüchtig und ehrlich, Emily“, bemerkte er sanft, und sie erriet instinktiv, worauf er anspielte.
„Nun, ich habe immer nur die Wahrheit gesagt, Sir. Damals wie heute.“
Lächelnd nickte er ihr zu. „Sie fragen sich sicher, warum ich Sie aufgesucht habe, und so will ich zur Sache kommen. Würden Sie sich gewisse Dinge ins Gedächtnis zurückrufen, die Ihnen vielleicht nach so langer Zeit entfallen sind?“
„Natürlich will ich mich bemühen, Sir.“
„Wenn ich mich nicht irre, haben Sie einige Monate vor meiner Hochzeit mit Louisa im Haushalt der Berringhams gearbeitet.“
„Das stimmt, Sir.“
„Wohnte Mr Berringhams Neffe damals immer noch im Haus?“
„Mr Lance? Ja, daran erinnere ich mich.“
„Was können Sie mir über ihn erzählen, Emily?“
Nachdenklich blickte sie vor sich hin. „Er war der Sohn von Mr Berringhams jüngerer Schwester, Sir, die unbedingt Schauspielerin werden wollte. Damit war ihr Bruder nicht einverstanden, und so brannte sie durch. Ein oder zwei Jahre später stand sie wieder vor der Tür, ein Baby im Arm. Mr Berringham erklärte sich bereit, den kleinen Jungen aufzunehmen, unter der Voraussetzung, dass sie niemals Kontakt mit dem Kind aufnehmen würde. Allem Anschein nach stimmte sie zu. Was danach mit ihr geschah, weiß ich nicht genau. Ich glaube, sie starb an einer Fieberkrankheit. Ein Jahr nachdem Mr Berringham das Baby adoptiert hatte, wurde sein einziges Kind geboren, doch er behandelte Master Lance immer noch wie sein eigenes Fleisch und Blut.“
„Einem Gerücht zufolge standen sich Lance und Louisa viel näher als Bruder und Schwester“, warf Christian ein und beobachtete, wie die Zofe seinem Blick auswich.
Bedrückt schüttelte sie den Kopf. „Ob das stimmt, weiß ich nicht. Jedenfalls hingen sie sehr aneinander. Und Mr Berringham schickte Master Lance nach Italien. Also glaubte er vielleicht, zwischen den beiden würde eine unnatürliche Beziehung bestehen. Wenn sie auch nur Vetter und Cousine waren – er betrachtete sie als Geschwister.“
„Hat Mr Lance Berringham nicht das Porträt meiner Frau gemalt, das in der Bibliothek von Moor House hängt?“
„Oh ja, Sir. Ein paar Monate bevor ich für die Familie zu arbeiten begann, wurde das Bild vollendet.“
„Wissen Sie noch, ob sich Louisa und ihr Vetter ähnlich sahen?“
„Sogar sehr ähnlich. Beide hatten die blonden Haare und grauen Augen der Berringhams geerbt.“
„Nur noch eine Frage, Emily. Erinnern Sie sich zufällig, ob Mr Lance Berringham nach Louisas Hochzeit Moor House besucht hat?“
Nun schwieg sie eine Zeit lang. Zweifellos versuchte Mr Blackmore, aus ganz bestimmten Gründen eine Vergangenheit heraufzubeschwören, die man besser vergessen sollte. Und sie vermutete, dass er die Wahrheit bereits kannte. Was den Charakter seiner Frau betraf, hatte er sich niemals Illusionen gemacht. Von Anfang an stand die Ehe unter einem ungünstigen Stern. Die beiden hatten nicht zueinandergepasst. Seit ihrer Geburt maßlos verwöhnt, dachte Louisa immer nur an sich selbst und ihr Vergnügen. Es widerstrebte ihrem Wesen, ein ruhiges Leben auf dem Land zu führen und sich wie eine pflichtbewusste Ehefrau zu verhalten. Eitel, flatterhaft und frivol flirtete sie mit allen Männern, die ihr gefielen. Aber trotz all ihrer Fehler war sie nicht bösartig gewesen und auch keine unfreundliche Herrin. Emily seufzte tief auf. Wie auch immer, Mr Blackmore hatte etwas
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