Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
Mädchen gleichermaßen Freundschaften zu schließen. Einige der Freundschaften zu jungen Männern hatten sich im Laufe der Zeit zu kleinen Schwärmereien entwickelt, und einer der Jungen hatte es bei einer denkwürdigen Gelegenheit sogar gewagt, sie keusch auf die Lippen zu küssen.
Doch Lucian St Claire war kein Junge. Und nichts an seinem Kuss konnte keusch genannt werden. Sein nackter Körper schien sich in ihren einbrennen zu wollen, so dicht presste er sich an sie. Mit der Zungenspitze fuhr er über ihre Lippen, leckte über ihre Mundwinkel, neckte sie, bis Grace glaubte, in Flammen aufzugehen.
Beinahe unbewusst ergriff sie ihn bei den Schultern, als fürchtete sie, sonst den Halt zu verlieren. Sein Kuss war wundervoll, reine Ekstase, und übertraf alles, was sie sich je in ihren Träumen ausgemalt hatte.
„Bitte …“, stöhnte sie leise auf, als er ihren Mund freigab, um kleine heiße Küsse auf ihrem Hals zu verteilen.
Graces Stimme – jene leise, sinnliche Stimme, die Lucian wie eine Liebkosung empfand – riss ihn wieder in die Wirklichkeit zurück und machte ihm bewusst, was er im Begriff war zu tun. Und mit wem.
Abrupt hob er den Kopf, zutiefst entsetzt darüber, wie sehr er durch Grace Hetherington in Erregung versetzt worden war – Miss Grace Hetherington, das junge, unverheiratete Mündel des Duke of Carlyne!
Die Fassungslosigkeit auf ihrem Gesicht zeigte ihm, wie bestürzt auch sie über ihre Reaktion war. Wie konnte er nur vergessen, wenn auch nur kurz, dass Grace noch so jung war? Dass sie eine Unschuld war, die sich darauf freute, ihre erste Saison zu erleben? Was für ein Mensch war er, sie auf diese Art zu benutzen? Lucian empfand Abscheu vor sich selbst.
War er so abgebrüht, so eigensüchtig, dass er sich sogar ohne zu zögern gestattet hätte, eine junge Frau ihrer Unschuld zu berauben? Ohne zu überlegen, welche Folgen das für sie hätte? Was es aus ihr gemacht hätte?
„Grace …“, begann er mit erstickter Stimme.
„Grace, mein Liebes, ich sah deine Kerze noch brennen, und …“
Margaret Wynter, Duchess of Carlyne, klopfte kurz an und öffnete dann die Tür – und blieb wie erstarrt stehen, die Augen weit aufgerissen, die Wangen leichenblass, als ihr bewusst wurde, was sie sah.
„Oh, meine …“, brachte sie schwach hervor, eine Hand an die Kehle gelegt. „Oh, meine Güte!“, stöhnte sie auf. „Ich …“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich …!“ Und damit wandte sie sich ab und floh.
4. KAPITEL
G race sah ihrer Tante bestürzt nach und ließ sich gleichzeitig schwach auf den Fenstersitz sinken. Dabei achtete sie unwillkürlich darauf, sich nicht auf Lucian St Claires Kleidung zu setzen, die sie zuvor ordentlich zusammengefaltet und dorthin gelegt hatte.
Sie war nicht nur so tief gesunken, jede Vorsicht zu vergessen, kaum dass Lucian St Claire sie in die Arme genommen hatte – ihre Tante Margaret war auch noch Zeugin ihrer Schamlosigkeit geworden! Was musste sie von ihrer Nichte halten?
Grace schloss zutiefst beschämt die Augen und barg das Gesicht in den Händen. Sie spürte, dass Lucian St Claire kurz neben ihr stehen blieb, dann entfernte er sich wieder. Das einzige Geräusch im Zimmer blieb ihr Schluchzen.
Wie eine Dirne hatte sie sich in seinen Armen aufgeführt. Sie hatte ihn ermutigt, ja sogar seine Küsse erwidert und das Gefühl seiner Lippen und Zunge genossen. Keinen Moment hatte sie den schändlichen Kuss beenden wollen.
„Sie bleiben hier, Grace“, brach Lucian St Claire plötzlich die Stille.
„Wohin gehen Sie?“ Sie senkte die Hände und hob abrupt den Kopf.
Inzwischen hatte er sich angezogen – zumindest trug er Hemd, Reithose und die schwarzen Stiefel. Doch wie konnte er auch nur daran denken, sie alles allein ausstehen zu lassen? So ein Feigling konnte er unmöglich …
„Zu Ihrem Vormund selbstverständlich.“ Sein Ausdruck war grimmig, während er in Weste und Gehrock schlüpfte. Zumindest würde er für das Gespräch mit ihrem Onkel angekleidet sein.
„Mein …“ Grace schnappte betroffen nach Luft. „Was wollen Sie ihm sagen? Wie können Sie denn erklären … rechtfertigen …“ Sie schüttelte betrübt den Kopf. „Was werden sie nur von mir halten?“
Lucian betrachtete sie kühl. „Zweifellos werden sie Ihnen dazu gratulieren, den Bruder des Duke of Stourbridge zu einer Verlobung verführt zu haben!“
Er konnte es nicht fassen, wie dumm er gewesen war. Wie unglaublich, unfassbar dumm! Was für ein
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