Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
nur?
In welchen Bann hatte Lucian sie gezogen, dass sie die Liebe und Loyalität den beiden Menschen gegenüber hatte vergessen können, die sie nach dem Tod ihrer Eltern bei sich aufgenommen hatten? Sie hatten sie in diesem Jahr behandelt, als wäre sie ihre Tochter und nicht nur ihre Nichte. Auch jetzt befanden sie sich nur in London, weil ihre Tante darauf bestanden hatte, ihr eine Saison zu ermöglichen!
Betroffen wandte sie sich ab. Hastig bückte sie sich nach dem Kleid, streifte es über und knöpfte es mit bebenden Fingern zu.
„Grace?“
„Sag bitte nichts!“ Sie wirbelte zu ihm herum, die Wangen hochrot.
„Was heute Abend geschehen ist, war nur eine verständliche Reaktion auf Krankheit und die Erkenntnis, dass wir alle sterblich sind“, erklärte er ihr sanft. „Immer wieder, nach jeder Schlacht, habe ich es erlebt. Das Bedürfnis …“
„Wir werden nie wieder davon sprechen.“ Grace zitterte, so stark waren ihre Empfindungen. „Ich hätte niemals hierherkommen dürfen, geschweige denn … geschweige denn … Lass uns nie wieder davon sprechen!“, wiederholte sie mit Nachdruck.
Lucian runzelte die Stirn. Offenbar hatte er die Lage nicht besonders gut gemeistert.
Es war niemals seine Absicht gewesen, sie zu verletzen, indem er sie an ihren Onkel und ihre Tante erinnerte. Er hatte nur seiner Qual ein Ende bereiten wollen, seinem Verlangen, Grace auf den Boden zu legen, sie voller Leidenschaft zu nehmen und ihnen beiden noch einen winzigen Blick ins Paradies zu gewähren! Doch nun war es zu spät, seinen Fehler wiedergutzumachen.
Inzwischen war Grace schon dabei, sich mit fahrigen Bewegungen das Haar aufzustecken.
Lucian sog scharf die Luft ein. „Ich werde sofort meine Kutsche vorfahren lassen.“ Mit langen Schritten ging er auf die Tür zu.
„Lucian!“
Er wandte sich stirnrunzelnd um. „Ja?“
Sie schluckte mühsam. Ihr Gesicht war plötzlich sehr blass. „Solltest du dich nicht erst mal … anziehen, bevor du dich deinem Personal zeigst?“ Der Anblick seiner breiten, muskulösen Brust erinnerte sie nur allzu sehr daran, wie sie ihm vor nur wenigen Minuten fast das Hemd vom Leib gerissen hatte in ihrem Verlangen, seine nackte Haut zu berühren.
Ungeduldig stopfte er sich das Hemd wieder in den Hosenbund und knöpfte es zu. „Ist dein Zartgefühl jetzt beruhigt?“, fragte er herausfordernd.
Ihr Zartgefühl war wahrscheinlich ein für alle Mal zerstört nach der Schamlosigkeit, die sie eben an den Tag gelegt hatte! Doch sie nickte so gelassen sie nur konnte. „Danke.“
Er lächelte spöttisch. „Wie prüde du doch in Wirklichkeit bist.“ Nach einem letzten hochmütigen Blick verließ er den Raum.
Prüde? Lucian konnte sie noch prüde nennen, nach allem, was eben geschehen war? Grace ertrug nicht einmal den Gedanken an die Vertraulichkeiten, die sie zugelassen hatte – nein, die sie ermutigt hatte! Die Art, wie sie ihn angefleht hatte, ihr mehr zu zeigen. Wie sie ihn gebeten hatte, ihr zu zeigen, wie sie auch ihm Lust verschaffen könnte!
Eine Bitte, die er abgelehnt hatte …
Was musste er nur von ihr halten? Eine wohlerzogene junge Dame von Stand tat so etwas nicht. Grace wusste nicht, ob sie selbst sich ihr Verhalten jemals verzeihen konnte. Wie schockiert, wie empört und entrüstet musste Lucian erst sein!
11. KAPITEL
I ch glaube, es wäre das Beste, ich spreche zuerst allein mit Darius, sobald wir das Haus deines Onkels erreichen“, sagte Lucian zu Grace, die ihm gegenüber in der Kutsche saß, ihre Zofe an ihrer Seite.
„Schön.“ Sie nickte nach einem kaum merklichen Zögern. „Aber ich möchte mit dir reden, bevor du gehst.“
Lucian konnte sich sehr gut denken, worüber sie mit ihm sprechen wollte! Aber zumindest war sie endlich dazu übergegangen, ihn zu duzen. Wie wäre es auch anders möglich gewesen, nachdem sie sich so nahegekommen waren. Andererseits war ihm klar, dass sie genau das jetzt bitter bereute. Warum hätte sie sonst jeden körperlichen Kontakt mit ihm so geflissentlich vermieden? Sie hatte selbst beim Einsteigen in die Kutsche seine Hilfe zurückgewiesen.
Durch die Anwesenheit ihrer Zofe war es Lucian leider nicht möglich, frei zu reden. Und er fürchtete, das Thema auch später nicht zur Sprache bringen zu können, da im Haus ihres Onkels ein großer Aufruhr der Gefühle herrschen musste.
„Wie du willst. Am besten befindest du dich in deinem Schlafzimmer, wenn Darius nach dir schicken lässt.“ Er warf der jungen Zofe einen
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