Historical Mylady Spezial Band 2
erklärte nicht die Kälte ihm gegenüber. Schließlich hatte man ihn mit heruntergelassener Hose erwischt, nicht sie – sogar wortwörtlich! Nein, es musste einen anderen Grund dafür geben, dass Juliet ihm auswich …
Konnte sie sein Gespräch mit Gray mitgehört haben? Wusste sie jetzt von Bancrofts und Grays Verdacht? Schlimmer noch, wusste sie, dass er beauftragt worden war, ihre Unschuld zu beweisen – oder ihre Schuld?
„Ich hoffe, Ihrer Familie geht es gut?“
Mühsam richtete Sebastian seine Aufmerksamkeit wieder auf den Duke of Carlyne. „Soweit mir bekannt ist, Euer Gnaden.“
„Darius oder Wynter ist völlig ausreichend.“ Wynter lächelte auf eine Weise, die ihn um Jahre jünger aussehen ließ und sehr viel mehr an den skrupellosen Herzensbrecher erinnerte, der er in seiner Jugend angeblich gewesen war. „Ich fürchte, im ton hält man mich allgemein noch nicht für sehr respektabel“, fügte er mit einem Blick zu den Gästen trocken hinzu. Die Damen hielten sich die Fächer vor das gerötete Gesicht, ganz offensichtlich eifrig damit beschäftigt, den letzten Klatsch über ihn auszutauschen.
Sebastian entspannte sich ein wenig. Eben diese Missbilligung, die der ton dem Duke entgegenbrachte, hatte ihm Wynter schon immer besonders sympathisch gemacht. „Hawk hat mir versichert, der Titel eines Dukes verschaffe einem Mann eine gewisse Nachsicht für seine Jugendsünden“, sagte er.
„Ach, sagt er das?“, entgegnete Wynter leichthin. „Bisher ist mir das noch nicht aufgefallen.“ Er hob sein Monokel ans Auge und ließ den Blick durch den Raum schweifen. „Ist das etwa die liebliche Countess of Crestwood, die sich gerade mit der Duchess of Essex unterhält?“
Der berechnende Gesichtsausdruck des Dukes wollte Sebastian ganz und gar nicht gefallen. „Ich glaube, sie trauert noch immer um ihren Gatten“, brachte er knapp hervor.
„Um den alten Stockfisch? Oh, das kann ich mir nicht vorstellen, St Claire.“ Wynter klopfte ihm leicht mit dem Monokel auf den Arm, bevor er es sinken ließ. „Wenn Sie mich entschuldigen wollen …“ Ohne eine Antwort abzuwarten, schlenderte er ans andere Ende des Raums.
Sebastian presste verstimmt die Lippen zusammen, als Juliet den Duke mit einem Lächeln begrüßte und dieser sich vor ihr verneigte.
Juliet hatte den Duke bemerkt, seit sie den Raum betreten hatte, und auch gesehen, wie er sich mit Sebastian unterhalten hatte. Sie erlaubte dem unverschämt gut aussehenden Mann, ihre Hand an die Lippen zu heben, und errötete leicht, als sie seinen anerkennenden Blick auf sich ruhen fühlte. „Mir war nicht bekannt, dass Sie auch zu Gast sein würden, Euer Gnaden“, sagte sie und entwand ihm freundlich, aber bestimmt ihre Hand.
Belustigung blitzte in seinen blauen Augen auf, und er ließ ebenfalls die Hand sinken. „Leider nur über Nacht, Lady Boyd. Ich kam nur vorbei, um ein Geschäft mit dem Earl of Banford abzuschließen, und finde mich plötzlich mitten in einer Sommergesellschaft wieder.“ Er machte jedoch nicht den Eindruck, darüber enttäuscht zu sein, als er neben ihr auf dem Sofa Platz nahm. Die schwarze Trauerbinde an seinem Ärmel erinnerte an seinen ältesten Bruder, der kürzlich verstorben war. „Wie ich höre, soll heute Abend ein kleiner Ball stattfinden. Vielleicht wollen Sie mir die Ehre erweisen, den ersten Walzer für mich zu reservieren?“
Nachdenklich betrachtete sie den Duke. Er sah umwerfend gut aus, war gemeinhin für seine Spielleidenschaft und sein ausschweifendes Leben bekannt und gehörte somit ebenfalls zu der Sorte Männer, die Crestwood nicht zu seinem Bekanntenkreis gezählt hatte. Darum kannte sie ihn kaum.
Er lachte leise über ihre offenkundige Unsicherheit. „Ich versichere Ihnen, meine Absichten sind ehrenhafter Natur, Lady Boyd.“
„Wirklich?“
„Gewiss. Aber stellen Sie sich vor, wie man sich das Maul zerreißen wird, wenn man uns zusammen sieht, meine Liebe!“
Die Schwarze Witwe und der berüchtigte Duke?
Er hatte recht. Und Juliet könnte Sebastian beweisen, dass er nicht der einzige Mann war, der sie attraktiv genug fand, um sich um sie zu bemühen – ja, vielleicht sogar, um sie zu verführen. Oh ja, Lord Darius Wynter war genau der Mann, den sie brauchte, um Sebastian St Claire zu zeigen, wie wenig sie es zu schätzen wusste, wenn er mit seinen Freunden über sie sprach!
„Wenn du weiterhin so mit den Zähnen knirschst, wirst du bald keine mehr übrig haben, Sebastian!“ Dolly
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