Historical Platin Band 04
besteht immerhin die Möglichkeit, dass sie nach Haus gesegelt sind.“
„Was? Frauen und Kinder?“
„Wenn sie sich etwas vorgenommen haben, würdest du dann bezweifeln, dass sie es auch durchzuführen versuchen?“
„Es ist doch unmöglich, dass …“
Einar lächelte seinem Bruder kaum merklich zu. „Vielleicht ist es gar nicht so unmöglich. Das Wetter war mild und der Wind freundlich. Schließlich handelt es sich bei den Frauen um die Töchter von Wikingern. Wenn sie erst einmal die Inseln erreichen, werden sie auch unseren Fjord finden. Wer weiß – vielleicht haben sie ja Erfolg.“
Zum ersten Mal seit Tagen schaute Hamar jetzt auch etwas hoffnungsvoller drein. „Gunnhild hat schon viele kurze Seefahrten mitgemacht …“
„Wir sollten zunächst heimsegeln und es dann mit den anderen Siedlungen und Städten in der Nähe versuchen.“
Und so wurde es auch entschieden. Einar erläuterte den Männern seine Überzeugung, und sie zeigten sich wie Hamar zunächst skeptisch. Langsam erwachte jedoch die Hoffnung in ihnen. Wer hätte schließlich auch gedacht, dass Frauen und Kinder in der Lage sein würden, ein großes Schiff zu stehlen?
Als indessen die Überfahrt über das offene Meer begann, schien es, als hätte Njörd jetzt genug von dem milden Frühlingswetter und der ruhigen See, und so schickte er einen Tag später einen gewaltigen Sturm.
Meradyce schaute in den strömenden Regen hinaus und beobachtete, wie der Sturm die Bäume peitschte. Sie warf einen Blick zu Endredi hinüber und sah, dass sich ihre eigenen Ängste in dem Gesicht des Mädchens spiegelten.
„Ihnen wird gewiss nichts zustoßen“, sagte sie, doch das klang selbst in ihren eigenen Ohren hohl.
Endredi schloss die Tür des Langhauses. „Wir hatten Glück, dass uns dieses Unwetter noch verschont hat“, meinte sie leise.
„Die Überfahrt war auch so schon schwierig genug.“
Meradyce nickte; ihr selbst war auf dieser Reise alles andere als wohl gewesen. Viele der Frauen hatte sich gefürchtet; sie hatten geglaubt, sie würden den Weg nicht finden oder untergehen. Sie besaßen keine Lebensmittel, abgesehen von den Fischen, die sie gelegentlich fangen konnten. Das Wasser war auch knapp gewesen.
Endredi hatte nie die Zuversicht verloren, besonders dann nicht, als sie das merkwürdige Instrument an Bord fand. Sie erzählte, sie habe den Männern gelauscht, wenn diese von ihren Seereisen berichteten, und sie wisse, wie man dieses Instrument benutzte, um mithilfe der Sonne den Kurs zu berechnen. Sie wusste, wo sie sich befanden, und war sich sicher, das Schiff heimlotsen zu können, solange nur das Wetter gut blieb.
Meradyce hatte ihr geglaubt, und das hatte überraschenderweise auch Ilsa getan, die alle Frauen scharf zurechtwies, welche es wagten, Furcht zu äußern. Dennoch hatten sie alle laut gejubelt, als sie tatsächlich das ruhige Wasser hinter den Inseln erreichten, welche die Küste beschützten.
Als sie jedoch daheim ankamen, hatten sie im Dorf nur die Hunde vorgefunden. Die Frauen sahen die zerstörten Schiffe und erkannten sofort, dass zwei fehlten. Die verbrannten Überreste des einen lagen am Ufer. Diejenigen Frauen, die ihre Gatten und Söhne an die Sachsen verloren hatten, weinten laut, denn sie alle wussten, dass die Asche nur bedeuten konnte, dass es hier eine Feuerbestattung gegeben hatte.
Von dem anderen Langschiff fehlte jede Spur. Die Frauen vermuteten, dass die Männer es repariert und dann damit das Sachsenschiff verfolgt hatten. Sosehr sie sich auch sorgten, so machten sie sich trotzdem daran, die Häuser wieder zu richten, das verstreute Vieh zusammenzutreiben und Nahrung für ihre Kinder zu beschaffen. Oft hielten sie inne, um einen Blick zum Fjord zu werfen und nach einem Wikingerschiff auszuschauen.
Dann jedoch setzte das Unwetter ein, und viele von ihnen begannen zu befürchten, dass Schiff und Mannschaft auf dem Meeresboden lagen.
Im Haus hatte Meradyce in einer dunklen Ecke die Waren entdeckt, die Einar von seiner Handelsreise mitgebracht hatte, und unter ihnen hatte sich eine Babywiege befunden.
„Bitte, lieber Gott, bring Einar heim!“, flüsterte sie.
Drei Tage später hörte Meradyce einen lauten Schrei. Sie erkannte Endredis Stimme und eilte aus dem Haus.
Ein Schiff kam langsam den Fjord herauf – ein Wikingerschiff oder was davon noch übrig war. Der Mast fehlte, mehrere Rumpfplanken ebenfalls. Der Vorsteven war abgebrochen, als wäre es nur ein dünner Stecken gewesen. Die
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