Historical Platin Band 04
Parterre begab, langsam zu seinem Gemach. Er staunte, wie sehr sein Gastgeber an der Gattin hing, und empfand unwillkürlich einen Stich der Eifersucht.
Plötzlich vernahm er vom anderen Ende des nur von zwei Öllämpchen erhellten Ganges ein leises Geräusch, drückte sich wachsam im Schatten an die Wand und schaute angestrengt zur Stiege hinüber. Einen Moment später bemerkte er Mademoiselle de Brissac, die sich recht seltsam benahm. Immer wieder sah sie sich um, blieb stehen und huschte dann rasch weiter zu der in das Herrengemach führenden Tür.
Im Nu war er bei ihr, hielt sie grob am Arm fest und fragte scharf: „Was wollt Ihr hier, Demoiselle?“
Erschrocken drehte sie sich zu ihm um, starrte ihn verstört an und murmelte kläglich: „Ihr tut mir weh, Sire.“
Er beachtete den Hinweis nicht und sagte barsch: „Redet! Was wollt Ihr hier? Hattet Ihr vor, in die Ehekammer einzudringen? Glaubt Ihr, die Verneigung des Seigneur vor Euch, nachdem er Euch den Sterz des Hirsches präsentiert hatte, sei eine unmissverständliche Aufforderung gewesen, sich ihm beizugesellen?“
„Nein!“, flüsterte Isabeau ängstlich. „Ich bitte Euch, Monsieur, lasst mich los!“
Er drückte noch fester zu und erwiderte schroff: „Ihr lügt, Demoiselle! Ihr wolltet den Umstand ausnützen, dass Madame d’Edgemoor wahrscheinlich im Logis der Mannschaft ist und sich um den kranken Knappen ihres Gatten kümmert. Ihr seid ein leichtfertiges Frauenzimmer, Dame Isabeau!“
„Wie könnt Ihr es wagen, mich so zu kränken!“, erregte sie sich. „Kein Mann von Anstand würde sich erdreisten, sich mir gegenüber so aufzuführen, wie Ihr das tut!“
„Kein sittsames Weib würde nachts zum Schlafgemach des Burgherrn schleichen!“, hielt er ihr in abfälligem Ton vor.
„Ich hatte nicht vor, hier einzutreten!“, log sie keck.
„Die Umstände sprechen eine deutliche Sprache!“, entgegnete Roger hart. „Ihr hattet die Hand bereits auf der Klinke, Demoiselle!“ Sie begann zu weinen, und unwillkürlich rührten ihn ihre Tränen. Sacht legte er ihr die Hände auf die Schultern, zog sie an sich und hielt sich vor, er könne nicht sicher sein, dass sie tatsächlich in die Kammer des Burgherrn hatte gehen wollen. Und genau war auch nicht zu erkennen gewesen, ob sie wirklich nach der Klinke gegriffen hatte.
Jäh wurde er sich gewahr, dass die Vorstellung, sie könne dem Sire d’Edgemoor beiliegen, ihm aufs Höchste missfallen hatte. Beruhigend strich er ihr über den Rücken, drückte sie enger an sich und ließ sie sich ausweinen.
Sie hob den Kopf und schaute ihn mit tränenumflortem Blick an.
Es kostete ihn Mühe, dem Drang zu widerstehen, sie zu küssen. „Und nun gesteht mir, weswegen Ihr hier seid“, forderte er sie in gedämpftem Ton auf.
„Ich wollte …“
„Das könnt Ihr mir in meinem Gemach erzählen“, unterbrach er sie, nahm sie fest bei der Hand und zog sie mit sich zu seiner Kammer.
Sie sträubte sich und wollte nicht mit ihm hingehen, doch er ging nicht auf ihre Einwände ein, drängte sie in den Raum und machte die Hurt zu.
„So, jetzt könnt Ihr mir berichten, warum ich Euch vor dem Ehegemach angetroffen habe!“
„Ich … ich hatte das … Bedürfnis, mich … noch ein wenig zu … unterhalten“, stammelte sie verlegen.
„Zu unterhalten?“, wiederholte Roger spöttisch.
„Ja, mit dem Sieur, weil er so galant zu mir gewesen ist und mir das Gefühl gegeben hat, etwas Besonderes zu sein, ein begehrenswertes Weib.“
„Ich gebe Euch dieses Gefühl nicht?“, fragte Roger rau, riss sie ungestüm an sich und raubte ihr einen Kuss.
Sie wollte sich ihm entziehen, doch dann stürmten Reize auf sie ein, die sie bisher nie erlebt hatte. Die Sehnsucht, endlich einen gestandenen Mann zu haben, der Verlangen nach ihr hatte, brach sich Bahn, und willig gab sie sich seinen Zärtlichkeiten hin, erwiderte sie leidenschaftlich, klammerte sich an ihn und stöhnte vor Lust.
Keuchend löste er sich von ihr, hob sie wortlos auf die Arme und trug sie zum Lager.
13. KAPITEL
Dunst hing im Innenhof, als Mellisynt nach einer unruhig verbrachten Nacht, in der sie sich wiederholt um Monsieur Barthélemys Befinden gekümmert hatte, das Quartier der Bediensteten verließ. Es freute sie, dass der Knappe schließlich in den Schlaf der Erschöpfung gesunken war, sodass sie ihn sich selbst überlassen konnte. Zudem waren genügend Leute da, die sie benachrichtigen konnten, falls der
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