Historical Platin Band 04
Lehnsherrn und dessen Gemahlin derart bloßzustellen, indem er ein unter seinem Schutz stehendes Edelfräulein entjungfert hatte. Unwillkürlich griff er zum Fechtschwert und sagte hart: „Das werdet Ihr mir büßen, Sieur!“
„Ich warne Euch“, erwiderte Roger drohend. „Erhebt nicht die Hand gegen mich, denn dann setze ich mich zur Wehr!“
„Zieht!“, forderte Richard ihn barsch auf.
„Wie Ihr wollt!“ Roger riss die Waffe aus der Scheide und stellte sich in Position.
Richard war so wütend auf ihn, dass er unerzüglich zum Angriff überging. Er hieb auf ihn ein, versuchte, ihn unter der Arkade in die Enge zu treiben, geriet selbst in Bedrängnis und musste die geschickt ausgeführten Ausfälle des Gegners parieren. Gewandt umging er den auf seine Brust zielenden Stichen, trieb den Edlen von Beauchamps vor sich her und schaffte es mit einer raffinierten Finte, ihn am Arm zu verletzen.
Beinahe wäre Roger über jemanden gestolpert, der hinter ihm stand.
Hastig wichen die Neugierigen, die sich ob des Kampflärmes eingefunden hatten, vor den beiden Männern zur Seite.
„Was geht hier vor?“, rief Ailmer bestürzt und beugte sich weit über die Galerie, um sehen zu können, was unter dem Bogengang geschah.
„Der Burgherr und Monsieur de Beauchamps tragen einen Zweikampf aus!“, antwortete Wulfnoth ihm.
„Trennt sie!“, schrie Ailmer, rannte die Stufen hinunter und lief zu den hitzig Fechtenden. „Helft mir, Monsieur de Bressé, die Kampfhähne auseinanderzubringen!“ Ohne weiter auf den Hauptmann zu achten, näherte er sich behutsam dem Neffen, wartete einen günstigen Augenblick ab und hielt ihn dann von hinten an den Schultern fest.
„Lasst mich los!“, herrschte Richard denjenigen an, der ihn zurückzerren wollte, und versuchte, ihn abzuschütteln.
Im Nu hatte Ailmer ihm die Arme um den Oberkörper geschlungen und schleifte ihn einige Schritte vom Sieur de Beauchamps fort, der vom Hauptmann an der Fortsetzung des Zweikampfes gehindert wurde. „Kommt zur Besinnung, Sire!“, sagte Ailmer keuchend. „Ich weiß nicht, welchen Grund Ihr habt, auf Mylord Beauchamps einzudreschen, aber wahrscheinlich handelt es sich nur um eine Nichtigkeit.“
Richard hatte Mühe, sich zu fassen. Er rang nach Atem, starrte mit verengten Augen den Baron an und stieß schließlich wutschnaubend hervor: „Entfernt Euch von hier, Sire! Und habt nicht die Stirn, Euch je wieder hier blicken zu lassen! So Ihr Euch erkühnen solltet, Euch auch nur einen Fuß weit auf mein Gebiet zu wagen, kenne ich kein Pardon!“
„Ich ziehe vondannen“, erwiderte Roger schnaufend, „kehre indes zurück, um die Demoiselle heimzuführen. Erwartet mich in sieben Tagen!“
„So Ihr die Frechheit haben solltet, Euch vor den Mauern von Edgemoor zu zeigen, Sieur, werdet Ihr nie Gelegenheit finden, der Demoiselle in die Nähe zu kommen.“
„Das wird sich erweisen!“, entgegnete Roger entschlossen, entzog sich mit einem Ruck Monsieur de Bressé, wandte sich brüsk ab und rief seinen Knappen zu sich. Sobald René du Thier sich bei ihm eingefunden hatte, wies er ihn an, das Reisegepäck zu richten. Ohne den Burgherrn noch eines Blickes zu würdigen, stapfte er dann zum Treppenturm.
Seufzend ließ Ailmer den Neffen los.
Richard ballte die Hände, drehte sich um und starrte dem Edlen von Beauchamps hinterher, bis dieser durch die offene Pforte des Stiegenhauses verschwunden war. Finster die Brauen zusammenziehend, schob er das Schwert in die Scheide, wandte sich um und rannte die Stufen hinauf. Da er die Gemahlin nicht im Rittersaal sah, hastete er durch das Gewölbe die Wendeltreppe hoch, lief zum Ehegemach und riss die Tür auf.
„Seid Ihr nicht imstande, Madame, Eure Sorgfaltspflicht richtig wahrzunehmen?“, brüllte er, stellte jedoch im selben Moment fest, dass die Gattin sich nicht im Raum befand. „Wo ist die Herrin?“, fuhr er die ihm verstört die Ehre erweisende Magd an.
„Ich … ich weiß es … nicht, Herr“, stammelte Robine. „Mylady hatte geäußert, sie wolle sich zurückziehen und nicht gestört werden, weil sie wenig geschlafen hat. Doch als ich hereinkam, um ihr beim Entkleiden zu helfen, fand ich die Kammer leer vor.“
„Geh hinaus und erkundige dich, ob jemand sie gesehen hat!“, befahl er grimmig. „Und spute dich! Ich will unverzüglich wissen, wo sie sich aufhält!“
Robine knickste und hastete aus dem Raum.
Unruhig schritt Richard ein Weilchen auf und ab und überlegte, wie er mit
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