Historical Platin Band 04
eilte zu ihr. „Ist Euch nicht wohl, Mylady?“, erkundigte sie sich besorgt und erwies ihr hastig die Ehre.
Mellisynt richtete sich auf und erwiderte tonlos: „Mach dir keine Sorgen. Ich bin nur sehr müde.“
„Nun, nach den vielen Unterbrechungen in der Nacht nimmt mich das nicht wunder“, erwiderte Robine und lächelte unbehaglich. „Es war sehr freundlich, dass Ihr Euch so aufopfernd um Monsieur de Malville gekümmert habt.“
Es war dumm und kurzsichtig gewesen. Nun wusste Mellisynt, dass sie beim Gemahl hätte bleiben sollen. Dann würde sie jetzt nicht an Herzweh leiden und so verbittert sein. „Einstweilen möchte ich nicht gestört werden“, brachte sie mühsam heraus. „Achte darauf, dass niemand – niemand!, Robine – die Kammer betritt. Mir fehlt Schlaf, den ich nachholen muss.“
Robine knickste und hielt der Gebieterin die Tür auf.
Mellisynt betrat den Raum, empfand ihn jedoch unversehens als zu beengend. Sie harrte einen Moment lang aus, um sicher zu sein, dass die Magd nicht mehr im Gang war, verließ dann die Kammer und begab sich zu den Stallungen. Es war ihr gleich, wer sie sah, doch zum Glück begegnete sie nicht dem Gemahl. Sie hieß einen der Rossknechte, ihr ein Pferd zu satteln, ließ sich dann in den Seitsitz helfen und ritt, begleitet von dem die Stute führenden Burschen, aus der Burg.
Beim Erwachen hatte Richard die Gemahlin vermisst und sich gesagt, wahrscheinlich sei sie schon wieder zu seinem kränkelnden Knappen gegangen. In der verflossenen Nacht war es ihm nicht gelungen, sie zu betören, da sie ihn ständig darauf hingewiesen hatte, sie müsse von Zeit zu Zeit nach Monsieur Barthélemy sehen und aufpassen, dass er, um rasch zu genesen und nicht zu geschwächt zu werden, die notwendigen heißen Fußbäder mache und den Vogelknöterichsud trank. Das hatte ihn verärgert, aber er war gezwungen gewesen, sich mit der misslichen Situation abzufinden.
Mürrisch hatte er sich erhoben, sich ankleiden lassen und dann das Frühmahl eingenommen. Um sich von seiner schlechten Stimmung abzulenken, war er in die Falknerei gegangen, hatte die Beizvögel begutachtet und mit dem Falkenmeister begonnen, sie zu atzen.
Plötzlich sah er Monsieur de Beauchamps eintreten und rasch auf sich zukommen. Er hielt bei der Fütterung inne, wandte sich dem Baron zu und schaute ihn fragend an.
„Seid gegrüßt, Sire“, sagte Roger höflich. „Wenn Ihr erlaubt, würde ich gern ein Wort mit Euch reden.“
„Sprecht!“, erwiderte Richard.
„Ich meinte, unter vier Augen“, sagte Roger ernst.
Richard streifte die Lederhandschuhe ab und warf sie auf einen Kasten. „Kommt!“, forderte er den Baron auf, verließ mit ihm die Falknerei und blieb unter der Arkade stehen. Missmutig in den leichten Regen starrend, erkundigte er sich: „Was gibt es, Monsieur?“
Roger wusste nicht, wie er beginnen solle.
Da der Baron schwieg, drehte Richard sich zu ihm hin und sah überrascht, dass dem Edlen von Beauchamps die Röte im Gesicht stand. „Nanu, was macht Euch so verlegen, Sieur?“, fragte er belustigt. „Befürchtet Ihr, mir könne zu Ohren gelangen, dass Ihr in dieser Nacht ein amouröses Abenteuer hattet? Dann sorgt Ihr Euch zu Recht, denn mir bleibt nichts verborgen, was innerhalb dieser Mauern geschieht.“
„Das kann ich mir vorstellen“, murmelte Roger. „Ihr habt ins Schwarze getroffen, Sire. Ich hatte nachts tatsächlich sehr angenehme Gesellschaft und bin entschlossen, die Dame zu meinem Weib zu machen.“
„ Parbleu !“, erwiderte Richard verblüfft. „Sie muss Euch sehr betört haben, wenn Ihr schon nach einer Nacht mit ihr im Bett gewillt seid, sie zu freien.“
„Erspart Euch die Häme, Sire!“
„Wie soll ich nicht spotten, wenn Ihr nach dem Beilager mit einer Magd so überwältigt seid!“
„Von einer Dienerin ist nicht die Rede, Monsieur“, entgegnete Roger schroff. „Ich spreche von Dame Isabeau.“
Ungläubig starrte Richard ihn an und fragte nach einem Moment erzürnt: „Ihr wagt, mir ins Gesicht zu sagen, dass Ihr eine meiner Obhut anvertraute Dame entehrt habt?“
„Ja!“, antwortete Roger gelassen.
„Ihr seid ein hemmungsloser, ehrvergessener Schuft!“
„Beleidigungen sind unangebracht, Sire“, hielt Roger ihm kühl vor. „Ich werde noch heute gen Richmond reiten und den Herzog ersuchen, mir die Demoiselle zur Gattin zu geben.“
Richard vermochte noch immer nicht zu begreifen, wie der Baron sich hatte erkühnen können, ihn vor dem
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